Luftaustausch-Prozesse über Gebirgen sind mindestens ebenso komplex wie das Terrain selbst und geprägt von Turbulenzen. Sie im Detail zu verstehen ist nicht nur wichtig, um etwa das Wetter von morgen besser vorhersagen zu können, sondern vor allem um dem Klimawandel und seinen Folgen entsprechend begegnen zu können. „Um die Luftaustausch-Prozesse zu untersuchen, verfolgen wir einen multiskaligen Ansatz“, erklärt Univ.-Prof. Mathias Rotach vom Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften. Er ist wissenschaftlicher Leiter des internationalen Forschungskonsortiums TEAMx, das sich zum Ziel gemacht hat, die Zusammenhänge zwischen lokalen, regionalen und großräumigen, ja sogar globalen Luftaustausch-Prozessen zu erforschen. Langfristig will TEAMx dazu beitragen, Klimamodelle, aber auch Prognosen z.B. von starken Niederschlägen im Gebirge zu verbessern.
Dafür benötigt man umfassende Messdaten, um die komplizierten Luftschichten und dynamischen Prozesse im Gebirge besser zu verstehen und modellieren zu können. „Die Datenlage stellt immer noch eine Herausforderung dar“, sagt Priv.-Doz. Manuela Lehner, PhD, Senior Scientist und TEAMx Programmkoordinatorin. Unter ihrer Verantwortung findet 2024/2025 eine aufwändige, ganzjährige Messkampagne – die TEAMx Observational Campaign (TOC) – im europäischen Alpenraum statt. In insgesamt vier Zielgebieten – im Inntal, im Etschtal, am Alpenkamm zwischen Inn- und Etschtal sowie im bayrischen Alpenvorland – liefern unterschiedlichste meteorologische Fernerkundungssysteme an rund 15 Standorten das ganze Jahr über atmosphärische Profile von Wind, Temperatur und Feuchte. Hinzu kommen zwei intensive Beobachtungsphasen im Winter und im Sommer 2025, in denen zusätzliche Parameter mithilfe von Flugzeugen, Drohnen und Wetterballons erhoben werden.
Die letzten Messungen ähnlicher Größenordnung liegen 25 Jahre zurück, auch damals war die Universität Innsbruck maßgeblich beteiligt, in der aktuellen Kampagne nimmt sie eine noch stärkere Rolle ein. „Natürlich wurden seither große Fortschritte in der Instrumententechnologie, aber auch in den Modellierungsmöglichkeiten gemacht“, verdeutlicht Koordinatorin Manuela Lehner. Dank der zahlreichen an TEAMx beteiligten Forschungsgruppen und -partnern steht für das Vorhaben ein Großaufgebot an Instrumenten zur Verfügung. Rund 200 Forscher:innen von über 25 Institutionen wirken an der TEAMx Observational Campaign mit. Von 19. Bis 20. November kamen über 70 der aktiv Beteiligten zu einem Kick-off-Treffen an die Universität Innsbruck. Bei dieser Gelegenheit wurden nicht nur Vorbereitungen für die zusätzlichen Messungen im Januar und Februar getroffen, auch die während der Kampagne täglich stattfindenden Aktivitäten im Operations Center wurden erstmals getestet. „Die weitreichende Bedeutung der Messkampagne zeigt sich nicht nur an den beteiligten Forschungsgruppen, sondern auch an der Mitwirkung mehrerer Wetterdienste“, sagt Mathias Rotach. Unterstützt wird TEAMx auch durch die World Meteorological Organization (WMO), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen.
Folgende Institutionen sind an der TOC-Kampagne beteiligt:
- Amt für Meteorologie und Lawinenwarnung, Autonome Provinz Bozen – Südtirol
- Austro Control
- Consiglio Nazionale delle Ricerche
- Deutscher Wetterdienst (DWD)
- Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
- Državni hidrometeorološki zavod (DHMZ, Croatian Meteorological and Hydrological Service)
- EURAC
- GeoSphere Austria
- Humboldt-Universität zu Berlin
- Karlsruher Institut für Technologie
- Ludwig-Maximilians-Universität München
- Met Office
- Météo-France
- MeteoSchweiz
- National Centre for Atmospheric Science
- Università degli Studi della Basilicata
- Università di Bologna
- Università di Trento
- Universität Innsbruck
- Universität Wien
- Universität zu Köln
- Université Grenoble Alpes
- Universitetet i Bergen
- Schneefernerhaus (UFS)
- Technische Universität Braunschweig