Sie schützt unseren Körper vor Umwelteinflüssen wie Hitze, Licht und Infektionen, ermöglicht uns die Wahrnehmung unserer Umgebung und bildet Vitamin D – die Rede ist von der menschlichen Haut. Sie ist unser funktionell vielseitigstes und mit durchschnittlich 1,8 Quadratmetern Fläche zudem unser größtes und schwerstes Organ. Im Laufe unseres Lebens verändert sich unsere Haut allerdings – sie wird älter und damit lässt ihre Fähigkeit, den Körper gegen äußere Einflüsse zu schützen, nach.
Molekulare Mechanismen der Hautalterung
Die Hautalterung ist das Ergebnis physiologisch und genetisch bedingter Veränderungen (intrinsische Alterung) und extrinsischer Faktoren wie Sonneneinstrahlung, Feinstaub, Tabakkonsum und Ernährungsgewohnheiten (extrinsische Alterung). So dringt beispielsweise UV-Licht tief in die Dermis – jener bindegewebigen Hautschicht, die der Epidermis (Oberhaut) unterlagert ist – ein und schädigt die Haut durch die Bildung freier Radikale und weiterer oxidativer Nebenprodukte, welche die DNA der Bindegewebszellen angreifen und somit zum Verlust von Elastizität und Spannkraft führen. Während das natürliche „Zeitaltern“ der Haut derzeit noch nicht wirksam beeinflusst werden kann, können die Folgen der Umweltfaktoren durchaus eingedämmt und die extrinsische Hautalterung gemindert werden, indem z.B. spezifische Prozesse innerhalb der Zelle ausgelöst oder unterdrückt werden.
Ein Team von Wissenschaftler:innen um Pidder Jansen-Dürr und Maria Cavinato vom Forschungsinstitut für Biomedizinische Alternsforschung der Universität Innsbruck widmet sich der Erforschung des Zusammenhangs von Umwelteinflüssen und Prozessen der Hautalterung auf molekularer Ebene. In einer kürzlich in der Fachzeitschrift Aging Cell veröffentlichten Studie untersuchten sie anhand von Zellkulturen explizit den Einfluss ultravioletter Strahlung auf die molekularen Mechanismen in den Mitochondrien von Hautzellen.
Das Recyclingprogramm der Zelle
„Mitochondrien, die sogenannten ‚Kraftwerke der Zelle‘, werden durch UV-Strahlung beschädigt“, erklärt Erstautorin Maria Cavinato, Molekularbiologin am Institut für Alternsforschung. „Diese Beschädigung löst einen Mechanismus der mitochondrialen Qualitätskontrolle aus, der als Mitophagie bezeichnet wird.“ Durch die Mitophagie werden geschädigte Mitochondrien durch den Einschluss in Verdauungsbläschen – sogenannte Autophagolysosomen – in ihre Bestandteile zerlegt, welche für den Bau neuer Mitochondrien genutzt werden können. Dieses zelluläre Recyclingprogramm ist von entscheidender Bedeutung für den Gesundheitsstatus unserer Zellen.
„Das Problem ist aber, dass wir UV-Strahlung nicht bloß einmal, sondern sehr häufig ausgesetzt sind. Sonnenlicht schädigt die Mitochondrien mit jeder Exposition und ab einer bestimmten Menge gelingt es den Zellen nicht mehr die geschädigten Mitochondrien zu retten. In diesem Fall werden die Zellen seneszent“, erläutert Maria Cavinato. Seneszente Zellen stellen die Zellteilung ein, sterben allerdings nicht ab, sondern verbleiben im Gewebe. Dort schädigen sie die Hautstruktur und treiben den extrinsischen Alterungsprozess der Haut, auch Photoaging genannt, voran.
NIX: Ein Schlüsselprotein der Mitophagie
Um das Gewebe vor extrinsischer Alterung zu schützen, bestünde eine mögliche Lösung des Problems darin, Zellen auf dem Weg in die Seneszenz durch die Blockierung der Mitophagie zu entfernen, allerdings sind derartige Verfahren noch nicht etabliert. „In der Studie untersuchen wir eine bestimmte Form der Mitophagie, an der das Protein NIX maßgeblich beteiligt ist“, erzählt Maria Cavinato. NIX erkennt das beschädigte Mitochondrium in UV-behandelten Zellen und verbindet es mit einem Autophagosom, aus dessen Verschmelzung mit einem Lysosom jenes Autophagolysosom entsteht, in dem das Mitochondrium recycelt wird.
„Wenn die NIX-Expression durch die genetische Manipulation der Zellen blockiert wird, wird die Mitophagie unterbunden und die Zellen werden gar nicht erst seneszent, sondern sterben ab, weil sie auf dem Weg zur Seneszenz auf die Reparatur der Mitochondrien durch die Mitophagie angewiesen sind“, erläutert Pidder Jansen-Dürr, Molekularbiologe und Biochemiker am Institut für Alternsforschung.
Freisetzung extrazellulärer Vesikel
Die Studie beinhaltet noch eine weitere wichtige Erkenntnis: Die Wissenschaftler:innen zeigten, dass UV-bestrahlte Hautzellen verstärkt extrazelluläre Vesikel (EV) absondern. Diese Membranpartikel können von einer Vielzahl an Zellen wieder aufgenommen werden und dienen möglicherweise der Kommunikation mit anderen Zellen in der Haut.
Unter dem Einfluss von UV-Licht steigt die Anzahl der abgegebenen Vesikel in Zellen, in denen NIX blockiert wurde. Diese Beobachtung könnte auf eine alternative Form der mitochondrialen Qualitätskontrolle hinweisen, welche im Mittelpunkt zukünftiger Untersuchungen steht.
Aussicht auf neue Behandlungsmethoden
Die Ergebnisse der langjährigen Studie zeigen erstmalig, dass NIX ein maßgeblicher Mitophagie-Rezeptor im Prozess der UV-induzierten Seneszenz bei Hautzellen ist. Die neuen Erkenntnisse zu den Mechanismen der Mitophagie verweisen darauf, dass Erkrankungen, die durch eine hohe Exposition gegenüber Sonnenstrahlung ausgelöst werden, darauf zurückzuführen sind, dass seneszente Zellen nach der UV-Behandlung im Gewebe verbleiben. Daraus könnten in Zukunft neue Behandlungsmethoden resultieren, die mittels einer pharmakologischen Blockade der Mitophagie die Entstehung seneszenter Zellen in der Haut verhindern und Hautalterungsprozesse, wie z.B. das Photoaging, abschwächen oder unterbinden könnten.
Publikation: Elimination of damaged mitochondria during UVB-induced senescence is orchestrated by NIX-dependent mitophagy. Maria Cavinato et al. Aging Cell (2021). DOI: 10.1111/acel.14186