Beim künstlerisch prunkvoll ausgestatteten Graduale (ULB Tirol, Cod. 1) handelt es sich um eine großformatige liturgische Gesangshandschrift. Geschrieben und möglicherweise auch illuminiert wurde der Codex vom Stamser Mönch Valentinus Korner aus Delitsch bei Leipzig im Jahre 1432. Den ästhetischen Gesamteindruck der Handschrift bestimmt das harmonische Zusammenspiel von sorgsam ausgeführter Schrift (Textualis), Mensuralnotation und künstlerisch aufwändigem Initialenschmuck in Deckfarbenmalerei und unter Verwendung von Blattgold. Das Buchformat (485 x 340 mm) und die Größe der Schrift sowie der Notation ermöglichten den gemeinsamen Vortrag für die um das Buch gruppierten und auf der Stufe (in gradu) unterhalb des Ambos stehenden Sänger.
Nachträge, Ergänzungen sowie stärkere Nutzungsspuren und Verfärbungen weisen darauf hin, dass die Handschrift wohl über Jahrhunderte in liturgischem Gebrauch im Zisterzienserstift Stams stand, bevor sie Anfang des 19. Jahrhunderts im Zuge der vorübergehenden Aufhebung des Stiftes an die heutige Universitäts- und Landesbibliothek Tirol abgetreten wurde.
Die finanzielle Unterstützung durch das Universitätsorchester Innsbruck im Rahmen der Aktion Buchpatenschaft ermöglichte es, dass zum 750-Jahr-Jubiläum der Gründung des Stiftes Stams 2023 dieses bedeutsame musikgeschichtliche Quellenwerk umfassenden restauratorisch-konservatorischen Maßnahmen unterzogen werden konnte.
Eine Präsentation der Ergebnisse durch Restauratorin Isabella Koranda (Laxenburg) fand am 19. Juni 2024 in der Direktion der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol statt. Als Zeichen des Dankes und der Anerkennung für das erwiesene Engagement durch das Universitätsorchester überreichte die Bibliotheksleiterin Eva Ramminger dem Dirigenten Claudio Büchler sowie den Obleuten des Universitätsorchesters Kristof Hechenberger und Fabian Prader eine Patenschaftsurkunde.
Die Handschrift wurde als Teil des Projektes Libri Stamsenses (gefördert durch das BMKOES, „Kulturerbe digital“) an der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol digitalisiert und steht online zur Verfügung. Bis Herbst 2024 wird die ehemals zusammengehörige und heute auf verschiedene Bibliotheken verstreute ehemalige mittelalterliche Stamser Handschriftensammlung digitalisiert, erschlossen und virtuell wieder zusammengeführt.