Illustration einer Druckkammer mit diamantenen Stempeln

Die ideale oktaedrische Koordination der zentralen Chrom-Ionen der neuen Verbindung (rechts unten) ist die Ursache für die optimierten Lumineszenz-Eigenschaften, die in einer Diamantstempelzelle (Bildmitte) ihr Potential entfalten.

Starke Kon­kur­renz zum Rubin

Innsbrucker Chemikern um Hubert Huppertz gelang die Entwicklung eines neuen Oxonitridoborates mit vielversprechenden Lumineszenz-Eigenschaften. Eine Kooperation mit der Forschungsgruppe um Markus Suta in Düsseldorf enthüllte das Potential dieser neuen Verbindung, den Rubin zukünftig als Temperatur- und Druckstandard zu ersetzen.

Rubin ist nicht nur als Schmuckstein begehrt, sondern hat auch herausragende technische Eigenschaften, die zu unzähligen Anwendungen geführt haben. Eine davon ist die Bestimmung des Drucks in einer sogenannten Diamantstempelzelle, einer Synthesedruckkammer, in welcher derzeit die höchsten statischen Drücke in Laboratorien realisiert werden können. Technisch wird dazu ein winziger Rubinkristall in die Probenkammer der Diamantstempelzelle eingebracht und mit energiereichem (blauen) Licht angeregt. Der Rubin emittiert in der Folge mit zwei scharfen Linien im roten Spektralbereich, deren Position vermessen werden kann. Anhand der Verschiebung der Maxima der Emissionen bei Veränderung des Druckes kann der im Probenraum vorherrschende Druck bestimmt werden (Ruby pressure scale). Der Nachteil dieser Methode ist die mangelnde Präzision, da sich die beiden Fluoreszenzlinien des Rubins mit zunehmendem Druck verbreitern und bei sehr hohem Druck sogar überlagern, wodurch eine akkurate Bestimmung des Drucks in der Zelle sehr schwierig wird.

Ingo Widmann und Hubert Huppertz von Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie der Universität Innsbruck nahmen sich dieses bekannten Problems an und entwickelten in einer Hochtemperatur- und Hochdrucksynthese erfolgreich eine neue Verbindung aus der noch sehr jungen Gruppe der Oxonitridoborate. Die Fluoreszenzeigenschaften der neuen Phase AlB4O6N:Cr3+ konnten im Vergleich zum Rubin (Al2O3:Cr3+) wesentlich verbessert werden: Erstmals in der Literatur zeigt unsere Verbindung nur eine einzelne Emissionslinie bei 683 nm und dies bei ähnlicher Härte, thermischer Ausdehnung und mechanischer Stabilität verglichen zum Rubin. „Die Ursache dafür liegt in der idealen oktaedrischen Koordination der zentralen lumineszierenden Chrom-Ionen, wogegen diese im Rubin eine trigonal verzerrte Koordination aufweisen.“, erklären die Erstautor:innen Ingo Widmann und Gülsüm Kinik. Die umfassende Charakterisierung der neuen Verbindung erfolgte in einer breit angelegten Studie in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (G. Kinik & M. Suta), sowie weiteren internationalen Partnern an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (M. Jähnig & R. Glaum), der TU Bergakademie Freiberg (C. Wüstefeld und M. Schwarz), LMU München (D. Johrendt), Goethe-Universität Frankfurt am Main (L. Bayarjargal), Universität Innsbruck (M. Tribus, C. Hejny & G. Heymann) und der Universität Bayreuth (L. Dubrovinsky).

Bis die neue Verbindung als Druck- und Temperaturstandard tatsächlich eingesetzt werden kann, ist es vermutlich noch ein langer Weg: „Rubin wurde über einen Zeitraum von 40 Jahren optimiert – wir stehen bei der neuen, vielversprechenden Verbindung ganz am Anfang“, betont Hubert Huppertz und deutet an, dass eine Reihe weiterer Publikationen auf diesem Gebiet folgen werden. Die aktuellen Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Advanced Functional Materials publiziert, welche die Relevanz des Artikels mit einem Titelbild würdigte.

Publikation: AlB4O6N, Al0.97Cr0.03B4O6N, and Al0.83Cr0.17B4O6N, Ingo Widmann, et.al., Advanced Functional Materials (2024), DOI: 10.1002/adfm.202400054

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