Die Universität Innsbruck hat sich in der Leistungsvereinbarung für die Jahre 2022 bis 2024 unter anderem zum Erhalt und zum Ausbau der Stärken in den Bereichen Gleichstellung, Frauenförderung und Inklusion verpflichtet. Diversität wurde zu einer Querschnittsmaterie für die gesamte Universität erklärt. In diesem Zusammenhang wurde auch immer wieder diskutiert, über welche empirischen Grundlagen die Universität verfügt, um über diese Fragen fundiert nachzudenken und entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung der Situation zu setzen. Die Fakultäten für Betriebswirtschaft und für Bildungswissenschaften sowie die Philosophisch-Historische Fakultät und die Forschungsplattform Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI) haben in ihren Zielvereinbarungen mit dem damaligen Rektorat dieses Thema aufgenommen und als ein gemeinsames Projekt definiert, eine Studie über Diskriminierungserfahrungen von Studierenden an der Universität Innsbruck durchzuführen. Es war von vornherein klar, dass eine solche Studie zunächst nur explorativen Charakter haben kann, dass aber damit dennoch ein Raum geöffnet werden sollte, in dem Erfahrungen von Diskriminierungen ausgetauscht und besprochen werden können – als eine erste Grundlage für weitere Überlegungen und Maßnahmen.
Erfreulicherweise ist es gelungen, mit Dinah Leschzyk eine herausragende Expertin für die Durchführung der Studie zu gewinnen. Als Sprachwissenschaftlerin hat sie sich mit anti-queerer Rhetorik, Legitimierungsstrategien in populistischer Kommunikation, Risiko- und Krisenkommunikation, Diversität und Vertrauen beschäftigt. Lange Jahre beheimatet an der Universität Gießen, hat sie eine ähnliche Studie zu Diskriminierungserfahrungen unter Studierenden bereits für die Universität Marburg durchgeführt. Um völlig weisungsfrei agieren zu können, hat sie die Innsbrucker Studie auf Honorarbasis durchgeführt. Ihre Ergebnisse liegen nun vor und wurden am 3. Dezember 2024 vor einem interessierten Publikum aus Studierenden und Mitarbeiter:innen der Universität in der Aula präsentiert.
Vizerektorin Janette Walde und Dekan Dirk Rupnow wiesen in ihren einleitenden Statements darauf hin, dass Universitäten keine macht- und gewaltfreien Räume jenseits der gesellschaftlichen Realitäten sind – ganz im Gegenteil. Ihre lange Geschichte ist nicht zuletzt von vielfältigen Ausschlüssen geprägt gewesen. Gerade deswegen sei es entscheidend, dass die Institution Universität heute Betroffenen die Möglichkeit gibt, ihre Erfahrungen mitzuteilen, genau hinhört und kritisch reflektiert, welche Schlüsse daraus zu ziehen und welche Maßnahmen abzuleiten sind – um dem selbstgesetzten Ziel näherzukommen, Vielfalt in allen Bereichen wertzuschätzen und zu fördern.
An der Studie nahmen 113 Studierende der MA-Studiengänge der beteiligten drei Fakultäten und des MA-Studiengangs Gender, Kultur und Sozialer Wandel teil, die zum sozialen Klima, zur Infrastruktur und zu erlebten und/oder beobachteten Diskriminierungen an der Universität befragt wurden. Erfreulicherweise wurde das soziale Klima an der Universität Innsbruck von den teilnehmenden Studierenden als weitgehend positiv bewertet. Bei tatsächlichen oder zugeschriebenen Merkmalen, die aus der Sicht der Beteiligten zu Diskriminierung führten, wurde von den meisten Studierenden „Geschlecht“ genannt, bei Formen der Diskriminierung wurden vor allem „verbale oder kommunikative Herabsetzung“ angeführt, als Quellen der beobachteten oder erfahrenen Diskriminierung wurden gleichermaßen Lehrende wie Mit-Studierende angegeben. Auffällig an den Rückmeldungen der teilnehmenden Studierenden ist, dass es offenbar wenig Wissen über mögliche Anlaufstellen an der Universität gibt, an die sich Studierende im Falle von Diskriminierung wenden können.
Im Anschluss an die Präsentation der Studie wurden die Ergebnisse gemeinsam mit Studierendenvertreter:innen diskutiert. An einer von der Leiterin des CGI, Gundula Ludwig, moderierten Podiumsdiskussion nahmen neben der Studienautorin Lina Brantsch und Vincent Gogala aus dem Vorsitzenden-Team der ÖH Universität Innsbruck sowie Helen Fröhlich und Juliette Sörensen von der Studienrichtungsvertretung MA Gender, Kultur und Sozialer Wandel teil. Wie bereits in der Studie wurden auch von den Studierendenvertreter:innen an dem Abend einige wichtige Impulse gegeben, unter anderem im Hinblick auf Schulungen für Lehrende ebenso wie Infrastruktur oder die Erhöhung der Sichtbarkeit bestehender Anlaufstellen, die dazu beitragen können, Universität diskriminierungssensibler und damit letztlich demokratischer zu gestalten.
Die detaillierten Ergebnisse der Studie werden zeitnah im kommenden Jahr auf einer Website der Universität Innsbruck veröffentlicht werden.