Kaiser Franz I. von Österreich genehmigte am 27. Jänner 1826 die Restauration der Universität Innsbruck mit zwei Fakultäten: „Ich bewillige, daß das Lyzeum zu Innsbruck zur Universität erhoben werde, mit der Befugniß, Doktoren der Philosophie und der Rechtsgelehrtheit zu kreiren, ohne daß jedoch die Profeßoren dieser Universität berechtiget seyn sollen, aus diesem Titel eine Erhöhung der Gehalte anzusprechen. Sollte eine solche Erhöhung jemals räthlich, und nothwendig scheinen, so kann auf dieselbe nur dann angetragen werden, wenn sie ausführbar ist, ohne daß hierzu der Staatsschatz direkte, oder indirekte in Anspruch genommen, und ohne daß der Kontribuent neu belastet werde. In Bezug des theologischen Studiums hat die neu bestehende Einrichtung fortzubestehen, und das medizinisch chirurgische Studium zur Bildung der Wundärzte hat in seinem jetzigen Zustande zu verbleiben, wie dies auch der Fall an der Universität zu Lemberg ist.“
Zweite Neugründung
Am 30. April 1826 wird die Universität Innsbruck nach sechzehnjähriger Aufhebung (Herbst 1810) im Rahmen einer so genannten „Restaurationsfeier“ neu eröffnet. Das alte Rektorszepter aus den Gründungsjahren um 1669 wird aus dem Gubernialarchiv geholt, es symbolisiert die Kontinuität zur alten, 1669 gegründeten Innsbrucker „Leopoldinischen Universität“. Rektor Joseph Maurer, „k.k. Professor des Natur- und österreichischen Kriminalrechts“, dankt im Frühjahr 1826: „Mit dem Gefühle freudiger Rührung empfange ich heute am festlichen Tage der zweiten Wiedergeburt unserer Universität aus den Händen Eurer Exzellenz und der hohen Landesstelle das akademische Szepter (...).“ Zur Übergabe des Rektorszepters, dieses „heiligen Ueberrestes von der ersten Gruendung der Universitaet im Jahre 1673“, gab das „auf dem Rennplatze vor dem Saal paradirende Scharfschuetzen-Korps eine General-Decharge“ ab.
1826 erfolgte die zweite Neugründung der Universität Innsbruck: Erstmals war die Universität Innsbruck 1782 von Kaiser Josef II. aufgehoben und zu einem Lyzeum herabgestuft worden. Die erste Neugründung der Universität Innsbruck 1792 hatte bis zur Aufhebung durch den Bayernkönig im Herbst 1810 angehalten. Die Bayern beließen zu Innsbruck ein philosophisch-theologisches Lyzeum. Die Tiroler Medizin- und Rechtsstudenten sollten an den damaligen bayerischen Landesuniversitäten Landshut und Erlangen weiter studieren.
Leopold-Franzens Universität
Im Zuge der zweiten Wiedererrichtung wurde am 13. Juli 1826 der Name „Leopold-Franzens Universität“ eingeführt. Am 10. März 1826 hatte das Tiroler Gubernium den entsprechenden Wunsch des Rektors den Wiener Hofstellen vorgetragen: „Hierüber glaubt die Landesstelle die ehrfurchtsvolle Bitte an Seine Majestaet stellen zu sollen, daß Allerhöchstdieselben zu erlauben geruhen möchten, daß die hiesige Universität im dankbaren Gefühle an den erhabenen Stifter und an den großmüthigen Restaurator den Namen Leopoldino Franciscea führen dürfe.“
Universitätsbetrieb mit 16 Professoren aufgenommen
Mit dem Studienjahr 1826/27 wird der Universitätsbetrieb dann mit einem „niederen“ philosophischen Studium, mit einem vollen, d.h. mit Promotionsrecht ausgestatteten Rechtsstudium und mit einem „niederen“ Wundarztstudium, insgesamt mit 16 Universitätsprofessoren und 479 Studenten sowie rund einem halben Hundert Wundarztkandidaten aufgenommen.
Fünf Professoren der juridischen Fakultät und fünf Professoren der philosophischen Fakultät zuzüglich zweier Sprachlehrer bestritten das engere universitäre Vorleseprogramm. Für die Ausbildung der „niederen“ Wundärzte und Hebammen lehrten beim, an der Universität Innsbruck seit 1816/17 eingerichteten und bis 1870/71 existenten „Medicinisch-chirurgischen Studium“ sechs Professoren und zwei Assistenten, einschließlich eines Sections-Dieners.
Staatliches Aufsichtsorgan
Nach josephinischer Universitätsorganisation stand jeder Fakultät bzw. jedem „Studium“ ein „Studiendirector“ als staatliches Aufsichtsorgan vor. Der Studiendirektor, der dem Dekan an Rang vorging, gehörte in ranghoher Funktion der Tiroler Regierungsverwaltung als Gubernialrat an.
Administrativ unterstützt wurde der Lehrbetrieb von einem rechtskundigen Universitäts-Actuar, einem Universitäts-Pedell und einem Universitäts-Thorsteher. Der Universitätsbibliotheksdirektor wurde von einem Scriptor und einem Diener unterstützt.
Philosophisches „Vorstudium“
Der Vorlesungsbetrieb war streng nach Studienplan und nach Jahrgängen reglementiert. Die sog. „Lehr- und Lernfreiheit“ wurde erst zwei Jahrzehnte später in der Revolution von 1848 erkämpft. Im Vormärz wurde der Studienfortgang im Rahmen strenger Semesterprüfungen - wie am Gymnasium - überwacht.
Nach sechsjährigem Gymnasialstudium wurden die Studenten zum zweijährigen philosophischen Kurs an der Universität zugelassen. Erst nach erfolgreichem Abschluss („Philosophisches Absolutorium“) konnten die Studenten zum Theologiestudium an ein Priesterseminar oder an eine Theologische Fakultät, zum Medizinstudium an eine auswärtige Universität oder zum - in Innsbruck damals allein angebotenen - Rechtsstudium wechseln. Im Zuge der Universitätsreform des Ministers Leo Graf Thun-Hohenstein nach 1848 wurde das in der alten Artistenart gepflegte philosophische Studium an das um zwei Jahre und nunmehr mit der Matura abschließende Gymnasium übertragen, während die Philosophische Fakultät erst jetzt aus ihrer Rolle als „untere Vorbereitungsfakultät“ befreit und nach Humboldt’schem Universitätsmodell eingerichtet zu einer gleichrangigen Fakultät geistes- und naturwissenschaftlicher Spezialstudien aufstieg.
Die beiden Innsbrucker Fakultätsstudien wiesen in jenen Jahren nach der Universitätsrestauration tendenziell sinkende Hörerzahlen auf:
phil.St. jur.St. gesamt
1825/26 259 200 459
1826/27 274 205 479
1840/41 238 132 370
1846/47 255 141 396
Die 1822 auf Betreiben des Bischofs von Brixen wegen „josephinisch-rationalistischer“ Tendenzen aufgehobene Theologische Fakultät wird 1857 neu als international konzipierte „Jesuitenfakultät“ errichtet. Die 1810 aufgehobene Medizinische Fakultät wird 1869 neu gegründet.
(Peter Goller)
Vorwort von Vizerektor Wolfgang Meixner, Initiator der Reihe
Universität Innsbruck 1669 – 2009
Im letzten Jahr hat die Universität Innsbruck ihrer in der NS-Zeit vertriebenen Angehörigen gedacht. Die über 30 Porträts sind auf große Resonanz gestoßen. Das Rektorat hat sich nicht zuletzt deshalb dazu entschlossen, auch im heurigen Jahr wieder einen Blick in die Universitätsgeschichte anzubieten. Anlass dazu ist die 340. Wiederkehr der Gründung der Universität Innsbruck im Jahre 1669. Zwar kein „rundes“ Jubiläum, aber doch ein Anstoß genug, die wechselvolle Vergangenheit unserer Alma mater in monatlich am iPoint erscheinenden Beiträgen zu beleuchten: die Motive der Gründung (1669); die Ursachen für die zweimalige Wiedereröffnung (1792 und 1826); Johann Georg Graf Künigl als erster Rektor bzw. Sebastian Mayr als ersten aus dem Kreis der Professoren gewählter Rektor; die Bedeutung des Doppelnamens (Leopold-Franz); das erste Promotionsrecht; die erstmalige Zulassung von Frauen als Assistentinnen durch den Senat (1906); der Stiftsbrief von 1677; die ersten studentischen Unruhen (1675); die Gründe für die Abschaffung des Talars sowie die Motive zur Wiedereinführung (1924); die symbolische Schlüsselübergabe des Hauptgebäudes der Neuen Universität an den Rektor (1924); Martha Moers, die sich als erste Frau habilitierte (1929 in Experimentalpsychologie) oder warum 1794 jakobinische Studenten ausgehoben wurden. Ergänzt werden die Monatsbilder durch Beiträge über Institutsjubiläen (etwa 50 Jahre Plasmaphysik, 40 Jahre Ionenphysik oder 150 Jahre Germanistik) und Fakultätsgründungen (etwa der Medizinischen Fakultät, deren Gründungsdatum sich 2009 zum 335. Mal jährt).
In bewährter Weise werden die Texte wieder vom Leiter des Universitätsarchivs, Univ.-Doz. Dr. Peter Goller, verfasst. Die Medizinische Universität Innsbruck, die seit 1674 eine der vier Gründungsfakultäten darstellte, beteiligt sich an diesem Vorhaben und wird die Beiträge auf ihrem mypoint übernehmen.
Für das Rektorat
Ass.-Prof. Mag. Dr. Wolfgang Meixner
Vizerektor für Personal