Der Grazer Privatdozent Fritz Pregl (1869-1930) nahm in den Wochen vor seiner Innsbruck-Berufung 1910 die Arbeiten zur Reduktion der für die chemische Elementaranalyse erforderlichen Substanzmengen (chemische Mikroanalyse) auf.
Im Frühjahr 1911 schreibt Pregl nach Graz: „Im verflossenen Monate waren es die Schwächen meiner Methode der Mikroelementaranalyse, die meine ganze Zeit und Persönlichkeit absorbierten.“ Ende 1911 erschien Pregls gemeinsam mit seinem Grazer Kollegen Hans Buchtala veröffentlichter mikroanalytischer Forschungsbericht „Erfahrungen über die Isolierung der spezifischen Gallensäuren“. 1912 entsandten Zürcher und Berliner Kapazitäten wie Richard Willstätter oder Emil Fischer Schüler zum Studium der Pregl’schen Methode nach Innsbruck, er selbst schrieb im Mai 1912: „Am Ende des Wintersemesters war ich schwer überarbeitet. Ich habe die Mikroelementaranalyse verbessert, verfeinert, vereinfacht und noch weiter ausgebaut. Sie stellt nun einen fertigen Guß vor. Die Methoden sind bis in die geringsten Kleinigkeiten ausprobiert und die Vorschriften derartig, daß nunmehr Änderungen nur schaden könnten.“ Pregl erhielt 1923 den Nobelpreis für Chemie. Pregls Mikroanalyse hat die Forschung auf dem Gebiet der Vitamine, Fermente und Hormone entscheidend vorangetrieben.
Pregl: „Geistige Vereinsamung in Innsbruck“?
Obwohl Pregl 1911 eine Berufung nach Berlin mit der Begründung ablehnte, es sei ein größeres Glück, „in gewohnter Umgebung ruhig forschen zu können, als wieder die Gemütspein einer Ortsveränderung mitmachen zu müssen“, hat er sich in Innsbruck nicht übermäßig wohl gefühlt. Er sprach von „geistiger Vereinsamung“ und schreibt jedenfalls im Juni 1913 aus Anlass einer Wiener und Grazer Berufungsoption: „In dieser Woche sollen also die Würfel darüber fallen, ob ich zeitlebens in Innsbruck verbauern soll oder ob ich in die Kulturwelt wieder eintreten darf.“
Adolf Windaus ab 1913
Pregl, der 1913 nach Graz zurückkehrte, empfahl im Juli 1913 als Fakultätsreferent für seine Innsbrucker Nachfolge Adolf Windaus (1876-1959), dem in Anerkennung seiner Forschungen auf dem Gebiet der Konstitutionsaufklärung der Sterine und ihrer Beziehungen zu den Vitaminen 1928 der Nobelpreis für Chemie verliehen wurde: „Auf Grund dieses Gutachtens hat mithin der Ausschuß einstimmig beschlossen, der medizinischen Fakultät für den Fall einer notwendig werdenden Wiederbesetzung der Medizinisch-chemischen Lehrkanzel folgende Terne zu empfehlen: Primo loco: Professor Windaus, Freiburg iB., Secundo loco: Professor Panzer, Wien, Tierärztliche Hochschule, Tertio loco: Professor Knoop, Freiburg iB.“
Hans Fischer ab 1916
Nach knapp zweijähriger Tätigkeit ging Windaus 1915 nach Göttingen. Ihn löste der Münchner Privatdozent Hans Fischer (1881-1945) ab, der nach ebenfalls kurzer Zeit 1918 Innsbruck Richtung Wien verließ und 1921 nach München zurückkehrte. Ihm wurde 1930 der Nobelpreis für Chemie in Anerkennung seiner Verdienste um die Synthese des Hämins verliehen. Am 6. März 1916 fertigte das Ministerium das Ernennungsdekret für Fischer aus: „Seine k.u.k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster Entschließung vom 28. Februar l.J. den mit dem Titel eines Professors bekleideten Privatdozenten an der Universität in München, Dr. Hans Fischer, zum ordentlichen Professor der angewandten medizinischen Chemie an der k.k. Universität in Innsbruck mit den systemmäßigen Bezügen, und zwar mit der Rechtswirksamkeit vom 1. März 1916 allergnädigst zu ernennen geruht.“
Literatur
Holasek, Anton/Kernbauer, Alois (Hg.), Fritz Pregl an Karl Berthold Hofmann. Briefe aus den Jahren 1904-1913 (Publikationen aus dem Archiv der Universität Graz 25), Graz 1989.
(Peter Goller)