Clemens Pig
Derzeitige Tätigkeit:
Ich bin bei der APA – Austria Presse Agentur, Wien, als Vorsitzender der Geschäftsführung und geschäftsführender Vorstand und bei der Schweizer Nachrichtenagentur-Gruppe Keystone-SDA, Bern, als stv. Verwaltungsratspräsident beschäftigt. Ich bin Präsident der Vereinigung der europäischen unabhängigen Nachrichtenagenturen.
Studium:
Ich habe an der Leopold Franzens Universität Innsbruck studiert. Ich habe im Wintersemester 1992 inskribiert und 2012 promoviert. In diesen 40 Semestern lagen mehrere Studienwechsel, die Gründung meiner Familie und meiner ersten Firma MediaWatch sowie der Wechsel von Innsbruck nach Wien in die APA. Ich wusste nach der Matura sehr genau, dass ich studieren möchte, wusste aber die Richtung überhaupt nicht. Ich habe mit Jus begonnen und dann auf Englisch / Geschichte Lehramt umgesattelt. Beides hat mich nicht glücklich gemacht. Dann bin ich auf das Studium der Politikwissenschaft aufmerksam geworden, ich war schon immer politisch sehr interessiert. Deshalb der Wechsel auf Geschichte im Hauptfach und Powi im Nebenfach. Schließlich hat mich Politikwissenschaft so begeistert, dass ich in Politikwissenschaft spondiert (2000) und in späterer Folge promoviert (2012) habe. Heute würde dieser Studienablauf wohl nicht mehr funktionieren, für mich war es in Kombination mit der persönlichen, familiären und beruflichen Entwicklung goldrichtig so.
- Warum hast Du Dich/haben Sie sich für das Studium der Politikwissenschaft entschieden? Welche Alternativen gab es für Dich/Sie sonst noch?
Am Studium der Politikwissenschaft hat mich die Schnittstelle zwischen Geistes- und Sozialwissenschat sehr begeistert, konkret die Mischung aus politischer Theorie und Ideengeschichte, internationaler Politik und dem gesamten sozialwissenschaftlichen Methodenkanon. Eine gute Schule fürs gesamte Leben: Denken lernen und die richtigen Werkzeuge anwenden. Das Hauptinteresse galt den Massenmedien und der politischen Kommunikation.
- Wofür hast Du Dich/haben Sie sich im Studium am meisten begeistert?
Damals haben mich alle Arten von empirischer Forschung zu Medien und Politik begeistert. Eigene Forschungsfragen zu formulieren und diese mithilfe sozialwissenschaftlicher Methoden zu beantworten. Schön war auch, als Tutor (bei Ferdinand Karlhofer) tätig zu sein. Sehr cool war damals auch die Mischung aus unterschiedlichen Protagonisten, die das Institut in der Lehre geführt und geprägt haben: Anton Pelinka, Fritz Plasser, Werner Ernst, Claudia v. Werlhof, und die damals jüngere "Garde": Ferdinand Karlhofer, Günther Pallaver, Gilg Seeber, Reinhold Gärnter, Bernhard Natter,… Daneben war das Institut laufender Treffpunkt für den sozialen Austausch, das habe ich sehr genossen. Heute weiß ich, dass Lernen und jede Art von Entwicklung immer auch im sozialen Kontext stattfindet, dazu gehört auch der "Campus-Gedanke". Damals war das Powi-Institut von der Anzahl der Studierenden her wesentlich kleiner und überschaubarer und damit der direkte Kontakt innerhalb der Studierenden, aber auch zu den Lehrenden, möglich und wichtig.
- Hattest Du/hatten Sie zu Beginn des Studiums bereits eine Idee, wo Du/Sie nachher landen würdest/würden?
Nein, ich hatte zu Beginn des Powi-Studiums überhaupt keine Idee, wohin die Reise gehen soll. Und das ist auch nicht nötig, die Dinge müssen sich entwickeln. Wir haben damals während des Studiums die erste Institutszeitung "Polytic" gegründet und in weiterer Folge mit anderen Powi-Studenten das MediaWatch-Institut. Und daraus sind dann die nächsten beruflichen Schritte erfolgt.
- Und wie bist Du/sind Sie zu der jetzigen Stelle gekommen?
Ich habe mich bis jetzt in meiner beruflichen Karriere noch nie irgendwo bewerben müssen. Nach der Gründung des MediaWatch-Instituts während des Studiums (1996) und dem Aufbau zum österreichischen Marktführer für Medien-Analysen und angewandte Forschung zur politischen Kommunikation gab es erste Gespräche mit der APA über eine vertiefende Kooperation. Daraus ist schließlich der mehrheitliche Verkauf von MediaWatch an die APA erfolgt (2001), ich bin als geschäftsführender Gesellschafter geblieben und wurde dann eingeladen, in die Geschäftsleitung in der APA-Zentrale in Wien einzusteigen (2008). Daneben begann auch mein Engagement im Ausland im Beteiligungsmanagement der APA (Schweiz, Deutschland) und in den Gremien der internationalen Vereinigungen von Nachrichtenagenturen.
- Was hat Dir/Ihnen im Nachhinein besonders geholfen, nach dem Studium einen Job zu finden?
Für mich war es das Wichtigste, das zu tun, was mich interessiert und wo mein Herz aufgeht. Der Rest hat sich dann quasi von selber eingestellt. Und das ist auch heute noch so.
- Was machst Du/machen Sie in Deinem/Ihrem Job?
Ich darf die APA als Nachrichtenagentur-Gruppe mit gesamt rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und EUR 100 Millionen Umsatz in Österreich und in der Schweiz führen. Die APA-Gruppe ist die größte private nationale Nachrichtenagentur in Europa. Die Gruppe besteht aus dem Kernbereich der Nachrichtenagentur sowie drei 100%-Beteiligungen in Österreich und drei weiteren Beteiligungen im Ausland (Schweiz, Deutschland). Neben der strategischen, wirtschaftlichen und personellen Gesamtverantwortung sind meine operativen Schwerpunkte die Bereiche Redaktion, IT, Finanzen, Innovation und Beteiligungen.
- Inwieweit hat Dir/Ihnen da das Studium geholfen?
Das Studium hat mir ein gutes Rüstzeug für das Gesamtthema Medien mitgegeben und wie man sich schwierigen Herausforderungen methodisch annähert. Den gesamten betriebswirtschaftlichen Teil habe ich mir learning by doing, beginnend mit der Gründung der ersten Firma MediaWatch, angeeignet.
- Was sind die wichtigsten Erfahrungen aus Deiner/Ihrer Studienzeit?
Privat: Ich habe meine Frau während des Powi-Studiums am Institut kennen gelernt. Beruflich: ohne Powi-Studium keine MediaWatch-Gründung, ohne MediaWatch kein Wechsel in die APA. Darüber hinaus habe ich viele tolle Menschen kennen gelernt – sowohl Studierende als auch Lehrende – mit denen mich bis heute eine freundschaftliche Beziehung verbindet. Schließlich konnte ich das studieren, was mich damals am meisten interessiert hat. Alle meine elementaren Erfahrungen für das weitere Leben haben irgendwie immer mit dem Powi-Institut zu tun…
- Woran denkst Du/denken Sie besonders gern zurück?
An das familiäre Setting des Instituts, an ausnehmend spannende Seminare, an den direkten Austausch mit dem Lehrenden, und vieles mehr.
- Was würdest Du/würden Sie heute anders machen bzw. bereust Du/bereuen Sie im Zusammenhang mit dem Studium etwas besonders?
Politikwissenschaft wäre auch heute meine erste Studienwahl, allerdings mit wesentlich mehr Auslandsaufenthalt, internationalem Austausch und inhaltlichen Zukunftsthemen angereichert.
- Zu guter Letzt: Gibt es einen Rat, den Du/Sie aktuellen Studierenden für ihren Einstieg in die Berufswelt mitgeben möchtest/möchten?
Ich habe keinen Rat, kann aber aus eigener Erfahrung sagen, dass man sich um einen Job bemühen sollte, der einem entspricht, Spaß macht, gut von der Hand geht. Das Wie ist oft entscheidender als das Was. Der Rest stellt sich von alleine ein.
Stand: 2. Juni 2020