Xu Lizhi 许立志
Erschöpfung 疲倦
Übersetzung:
疲倦
或许可以点燃孤灯一盏
以期照亮这群打工者一群的疲倦
孤光弧度,曲成他们的腰
这群九零年降生的打工者
假设车间有机器十万台
则它们有四十万的手或脚,二十万的头颅
不问内心无奈几斤几两
瓦蓝的天空也会变得灰暗
穿着工衣,他们的疲倦暴露无遗
白班不见太阳,晚班不见月亮
厂区昏暗的灯光,将他们的身影
拉得好长好长
这满满溢出的疲倦
淌了一地
Erschöpfung
Vielleicht kann man eine einzelne Lampe anzünden
um die Erschöpfung dieser Masse an Arbeiterkörpern ins Licht zu stellen
einsamer Lichtbogen, gekrümmt zu ihren Hüften
diese Masse an Arbeitern, geboren in den Neunzigern
Stünden in den Hallen 100 000 Maschinen
hätten sie 400 000 Arme und Beine, 200 000 Schädel
nicht zu ermessen das Gewicht innerer Hilflosigkeit
der azurblaue Himmel sinkt auch ins Grau
in Arbeitskleidung wird ihre Erschöpfung offengelegt
Tagschicht ohne Sonne, Nachtschicht ohne Mond
der düstere Lampenschein auf dem Fabrikgelände zieht ihre Schatten
lang und länger
und der Überfluss an Erschöpfung
durchsickert den Boden.
Kommentar
Xu Lizhi 许立志 (1990-2014), der seit 2010 für Foxconn arbeitete und einzelne Texte veröffentlichte, erfuhr erst durch seinen Suizid 2014 starke mediale Aufmerksamkeit. Posthum wurden zahlreiche Texte veröffentlicht. Wie viele andere Texte des jungen Dichters prangert „Erschöpfung“ die entmenschlichenden Arbeitsbedingungen im aufstrebenden China an. Körper und Maschine werden metaphorisch enggeführt, der menschliche Körper verdinglicht und gewissermaßen zerstückelt, in seine einzelnen Komponenten unterteilt, die in Massen jeweils losgelöst vom Gesamtkörper agieren, während die Maschine bildlich anwächst zu einer riesenhaften grotesken Figur und am Schluss der ‚Überfluss‘, der materielle Überschuss sichtbar wird als Überfülle an Erschöpfung derer, die diesen produzieren.