Can Liaozi (1043-Anfang d. 12. Jhdt.)

Auf dem Weg zum Berg Linping

Übersetzung: Rainald Simon

臨平道中          參廖子 

風蒲獵獵弄輕揉,
欲立蜻蜓不自由。
五月臨平山下路,
藕花無數滿汀州。

Auf dem Weg zum Berg Linping

Die Rohrkolben rascheln im Wind, sich leicht aneinander reibend,
Stehen bleiben möchte die Libelle, vermag es nicht.
Im fünften Monat unterwegs unterhalb des Línpíng-Berges:
Unzählige Lotosblüten füllen die Präfektur Tīng.

Notiz

Das 1077 verfasste Gedicht beginnt mit einer Wahrnehmung des Hörsinnes, der eine leichte Bewegung in der Natur erspürt; die Natur, das Sein insgesamt, ist immer in Bewegung. Der zweite Vers verstärkt die Aussage, das Leben kann sich der Bewegung, damit der heteronomischen Bestimmung nicht entziehen. Aber die Buddhanatur, die Größe Buddha, ist allüberall, so wie der Lotos, schlechthin das Symbol für Buddha oder wie im Zen gesagt wird, die Buddhanatur, die gesamte Präfektur füllt. Im Zen kann es die selbst gestellte Lebensaufgabe (neben allen praktischen Pflichten) sein, eben die Buddhanatur in sich selbst und im gesamten Seienden zu erkennen. Es ist weniger eine religiöse Haltung als die Entfaltung einer umfassenden Weltsicht.
Die Übersetzung versucht bewusst nicht, die klassische, strenge Struktur des Gedichts: sieben Silben (Wörter, Zeichen) je Vers und die Reime róu, yóu, zhōu nachzuvollziehen, um die Sinnstruktur möglichst genau zu erhalten.

 

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