WissenAmFreitag #52 - 18/11/2022
Hallo,
Werbeanzeigen kündigen es überall an: In den nächsten Tagen bieten viele Händler Rabatte auf ihre Waren. Anlass ist der aus den USA importierte Black Friday. Mit der Black Week wird die Zeit bis dahin schon einmal verkürzt. In Europa hat sich der Black Friday erst in den letzten Jahren etabliert und ist mittlerweile eine Sonderveranstaltung im Handel, ähnlich wie saisonale Schlussverkäufe. Die Amerikaner nutzen den Brückentag nach Thanksgiving traditionell, um ihre ersten Weihnachtseinkäufe zu tätigen, weshalb der Tag vom Handel mit großen Rabatten beworben wird. „Dass eine Sonderveranstaltung wie Black Friday auch bei uns gut funktioniert, verwundert nicht, weil sich Kunden durch die Rabatte gute Angebote in der Vorweihnachtszeit sichern können“, betont der Konsumforscher Mathias Streicher im Gespräch mit mir. „Händler können den Event als Verkaufsstart für das Weihnachtsgeschäft nutzen.“ Doch die aktuellen Entwicklungen – von Klimakrise über Ukraine-Krieg bis zur hohen Inflation – trüben die Kauflaune. „Das schlägt auch auf alltägliche Konsumentscheidungen durch. Discount-Märkte erleben momentan einen regelrechten Boom, die Fashion-und Sportartikelindustrie bleibt auf ihrer Ware sitzen und die Gastronomiebranche dürfte das auch irgendwann spüren“, glaubt Mathias Streicher. Der Black Friday wird deshalb auch zum Stimmungsbarometer für die Unternehmen. „Daher kommt dem diesjährigen Black Friday noch einmal mehr Bedeutung zu, weil es einen Ausblick gibt, wie gut das Weihnachtsgeschäft wird“, sagt Streicher.
Mit Mathias Streicher habe ich schon öfter über seine Arbeiten zum Konsumverhalten gesprochen. Sehr überraschend war zum Beispiel seine Studie zu den Griffen an Einkaufswägen. Gemeinsam mit einem britischen Kollegen konnte er mit Experimenten in Innsbrucker Supermärkten zeigen, dass unterschiedlich angebrachte Griffe das Einkaufsverhalten von Konsumentinnen und Konsumenten beeinflussen. Erklärt haben die Forscher dies durch eine offenere oder geschlossenere Körperhaltung, die wiederum das Verhalten steuert. Diejenigen, die einen Einkaufswagen mit parallelen Griffen benutzten, hatten mehr Produkte gekauft und 25 Prozent mehr Geld ausgegeben als diejenigen, die mit einem Standardwagen unterwegs waren. Vor einigen Jahren haben wir Matthias Streicher auch einmal in einen Supermarkt begleitet. Damals hat er untersucht, wie unsere Aufmerksamkeit das Konsumverhalten beeinflusst. Die ungeplanten Einkäufe sind nach seinen Ergebnissen bei jenen Menschen höher, die im Geschäft aufmerksam sind. Sie legen längere Wege zurück, blicken laufend um sich und finden so leichter interessante Produkte. Wie diese Aufmerksamkeitsspanne auch beeinflusst werden kann, erklärt Matthias Streicher in diesem Video.
Streichers Forschung zeigt uns, dass Unternehmen mit vielen Mitteln Einfluss auf unser Konsumverhalten nehmen können. Er betont aber auch, dass zu Marketing nicht nur das Ausrufen und Plakatieren, sondern auch das Schaffen echter Veränderungen innerhalb eines Unternehmens gehört. Dies beobachtet er zum Beispiel in Bezug auf die Klimakrise, „welche schon seit längerem auch die gesamte Ausrichtung von Unternehmen beeinflusst, auch weil es hier einen Wertewandel in der Gesellschaft gibt“.
Wie dieser Wertewandel sich mit dem Black-Friday-Rummel vereinen lässt, ist eine andere Frage. Den Schnäppchen-Jäger*innen wünsche ich fröhliches Shoppen, allen anderen ein erholsames Wochenende,
Christian Flatz
Kommunikationsteam Universität Innsbruck