WissenAmFreitag #53 - 25/11/2022

Hallo,

heute schreibe ich über zwei Ereignisse, die zwar geographisch weit auseinanderliegen, thematisch aber sehr verflochten sind. In Ägypten ist letztes Wochenende die COP 27, die 27. UN-Klimakonferenz, zu Ende gegangen. Und am Mittwoch vor einer Woche haben Studierende den Hörsaal 3 am Campus Innrain der Universität Innsbruck besetzt.

Beginnen wir mit der COP 27. Das Medienecho und die Stimmen aus der wissenschaftlichen Community zum Ende der Konferenz waren ziemlich eindeutig. Enttäuschend, nicht genug, zu vage. Auch die Universität Innsbruck war mit wissenschaftlicher Expertise vertreten: Fabien Maussion, assoziierter Professor am Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften, wurde als Experte von der NGO „International Cryosphere and Climate Initiative“ (ICCI) zur Teilnahme an der Konferenz eingeladen und hielt dort Vorträge für die Delegierten der UN-Staaten. Einen ausführlicheren Bericht dazu gibt es auch auf unserer Webseite nachzulesen.

Für Maussions Forschungsfeld gibt es heuer einen großen Erfolg zu verzeichnen. Die Kryosphäre, also die gesamte Menge des festen Wassers auf unserer Erde, hat es zum ersten Mal in das Abschlussdokument der COP geschafft. „Die Kryosphäre ist extrem wichtig für unsere Lebensräume, die durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht werden. Nun steht sie zum ersten Mal im Dokument, auch die Gefahr eines Kipppunktes wird erwähnt. Die Staaten haben sich darauf geeinigt, dass die Kryosphäre geschützt werden muss.“

Doch trotz dieser positiven Entwicklung bleibt das Ergebnis der Konferenz auch für Maussion ernüchternd. „Die Nationen bekennen sich zum 1,5-Grad-Ziel, aber nirgendwo steht, wie es erreicht werden soll. Auch der dringend notwendige Ausstieg aus fossilen Energien wird im Dokument weder erwähnt noch gefordert.“

Die globale Katastrophe ist im Anmarsch, die Reaktionen sind träge und das ist einer von mehreren Gründen, weshalb Studierende der Universität Innsbruck am 16. November den Hörsaal 3 am Campus Innrain besetzt haben. Die Aktion „Erde brennt“ läuft neben Innsbruck auch an den Unis in Wien und in Salzburg und lässt sich in den österreichischen Medien sowie auf Instagram ganz gut verfolgen.

Seit einer Woche organisieren die Studierenden Vorträge und Veranstaltungen, an denen sich auch Unipersonal beteiligt. Neben Fragen der Klima- und sozialen Gerechtigkeit geht es vor allem um die Rolle der Universität in einer Zeit multipler Krisen. Als ich im Hörsaal vorbeigeschaut habe, waren alle gerade ziemlich erschöpft von einer mehrstündigen Sitzung, während der ihre Forderungen ausgearbeitet wurden, ein weiteres Plenum dazu war für den nächsten Tag bereits angesetzt.

Ich finde diese Aktion nicht nur deshalb so motivierend, weil im Angesicht der Krisen ein dringender Handlungsbedarf auf allen Hierarchieebenen, in allen Lebensbereichen und weit außerhalb unserer Komfortzonen besteht. Ganz besonders interessant ist für mich, dass diese Schaffung eines selbst organisierten Raumes für Austausch, Kritik und Bildung ganz ausdrücklich Uni-bezogen ist. Wenn ich mir mein eigenes Studium anschaue (das, zur Einordnung, an mehreren Unis in Deutschland zwischen 2010 und 2018 stattgefunden hat), sehe ich etwas wie eine Lebenslaufmaschine mit sehr hohem Tellerrand. Politisch war da nicht viel zu finden. Und Klimakrise hatten wir damals schon. Dass dieser Zustand ein paar Jahre später wieder im Umbruch ist, könnte mich etwas wehmütig zurückblicken lassen. Oder ich freue mich einfach darüber.

Ein aktives Wochenende wünscht
Fabian Oswald aus dem Kommunikationsteam

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