Qualitätsvolles Prüfen und Beurteilen
Leistungsüberprüfungen spielen eine zentrale Rolle in der universitären Lehre, da sie Studierenden Feedback über ihre erbrachten Leistungen geben. Mit erfolgreichen Prüfungsergebnissen können Studierende ihren Studienfortschritt befördern und ihr Studium erfolgreich abschließen. Idealerweise sollten kompetenzorientierte Prüfungen feststellen, inwieweit die Studierenden die angestrebten Studienziele tatsächlich erreicht haben. Um das Prüfungsgeschehen qualitätsvoll zu gestalten, ist es für Lehrende sinnvoll, sich mit den Rahmenbedingungen, der Durchfühung und den Empfehlungen hierzu auseinanderzusetzen.
Rechtliche Rahmenbedinungen
Die Leistungsbeurteilung ist im Universitätsgesetz 2002 (UG) Großteils im § 59 sowie im 4. Abschnitt „Prüfungen“ der §§ 72 bis 79 geregelt. Die §§ 80 bis 86 befassen sich mit den Anfordernissen, Aufgabenstellung und Beurteilung von Bachelor, Diplom- und Masterarbeiten sowie Dissertationen. Im UG sind grundsätzliche Vorschriften enthalten, die in teilweise in der Satzung der Universität Innsbruck präzisiert oder näher ausgeführt werden.
Der Satzungsteil „Studienrechtliche Bestimmung“ befasst sich mit den im Universitätsgesetz ausgesprochenen Vorgaben, präzisiert die Universität und trifft Regelungen zu verschieden Themen wie Prüfungsarten und –methoden, An- und Abmeldung von Prüfungen etc.
Die „Standards and guidelines for quality assurance in the European Higher Education Area (ESG)“ wurden 2005 von den für die Hochschulbildung zuständigen Ministern beschlossen. Das Dokument beinhaltet Standards und Leitlinien für die interne und externe Qualitätssicherung. 2012 wurde beschlossen, die ESG an die sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Die überarbeitete Version wurde im Mai 2015 in Yerevan beschlossen. Ein zentraler Punkt, sowohl in der alten als auch in der überarbeiteten Version der ESG, ist der Bereich Prüfungen.
Standards and Guidelines for Quality Assurance in the European Higher Education Area: Informationen hier
Durchführung & Ablauf
Bei der Durchführung von Prüfungen sind Aspekte wie Prüfungsanmeldung, Prüfungstermine und Wiederholung der Prüfungen, die Durchführung von Prüfungen und natürlich auch die Abmeldung oder der Rücktritt von Prüfung zu beachten.
Dort finden Sie viele Unterlagen, Tipps und Anleitungen, die dabei helfen, Ihre Lehre online anzubieten. Auch zum Prüfen und Bewerten im digitalen Setting finden Sie Hilfestellung.
Auf der Seite des Vizerektors für Lehre und Studierende finden Sie Informationen zum Bereich der Hochschuldidaktik.
Empfehlungen zu schriftlichen Prüfungen
Für schriftliche Prüfungen können folgende Empfehlungen, die die Qualität einer schriftlichen Prüfung sichern, angeführt werden[1]:
- Es liegen eindeutige, schriftliche Vorgaben über die jeweilige Prüfung vor, die ein zielgerichtetes Lernen ermöglichen (Prüfungsmerkblätter und Ähnliches)
- Die Prüfung stimmt mit der Lehre und den Vorgaben überein.
- Die gewählte Bearbeitungsform der einzelnen Aufgaben eignet sich für die Ermittlung des erarbeiteten Wissens der zu überprüfenden Kompetenz.
- Es ist bestimmbar, ob es sich um eine Reproduktions- oder um eine Transferaufgabe handelt
- Die Konstruktionsregeln der Aufgaben sind eingehalten.
- In der Aufgabestellung ist berücksichtigt, ob es sich um eine „Open Book“- oder „Closed Book“ Prüfung handelt.
- Ein allfällig zugelassener Einsatz von Hilfsmitteln (z.B. Taschenrechner, Wörterbuch, Gesetzestext) ist im Hinblick auf die Aufgabenstellung sinnvoll.
- Die Aufgabenstellung ist unmissverständlich, fehlerfrei und vollständig
- Ein vor der Prüfung erstelltes Beurteilungsschema für jede Aufgabe liegt vor.
- Die Prüfungsaufgaben enthalten keine nicht prüfungsrelevante Spezialausdrücke, die von Fremdsprachigen nicht verstanden werden.
- Die Prüfungsaufgaben streuen angemessen über die verschiedenen Themen und Sachgebiete (gute Stichprobe aus dem ganzen Prüfungsstoff)
- Es liegt eine angemessene Zahl von Prüfungsaufgaben vor, um thematische Zufälligkeiten des Prüfungsergebnisses von der Anzahl der Aufgaben her zu beschränken.
- Der Aufbau der Prüfung erfolgt (erstens) nach der Bearbeitungsform der Aufgaben und (zweitens) innerhalb gleicher Bearbeitungsformen nach Themen oder Sachgebieten.
- Alle Aufgaben sind zu lösen. Es gibt keine Auswahlmöglichkeiten.
- Die Prüfung beginnt mit einfachen Aufgaben und erfährt im weiteren Verlauf eine Steigerung des Anspruchsniveaus.
- Es werden etwa hälftig Reproduktions- und Transferaufgaben auf unterschiedlichen Anspruchsniveaus gestellt.
- Auf einander folgende Aufgaben, die jeweils von der vorausgehenden Aufgabe abhängen, wird in der Regel verzichtet.
- Sofern nicht rechnerische Kompetenzen gefragt sind, wird auf komplizierte Zahlen verzichtet und mit einfachen Zahlen gearbeitet.
- Die für die Prüfung verfügbar Zeit ist angemessen.
- Die Prüfung enthält ein Deckblatt, das formale Angaben über die Prüfung enthält: Erwünschte Darstellung der Lösungen, Übersicht über die erreichbaren Punkte pro Prüfungsteil, geschätzte Zeit für jeden Prüfungsteil usw.
- Zu jeder Aufgabe wird die erreichbare Punktzahl (aber keine Zeitangabe) angegeben.
- Eine Musterlösung und ein Beurteilungsschema für die ganze Prüfung liegen vor Beginn der Prüfung vor und sind nach der Prüfung einsehbar.
- Der Notenschlüssel wird nach der Korrektur der Prüfung erstellt und ist nach dem definitiven Entscheid einsehbar.
[1] Dubs, Rolf (o.J.): Koordinierte Prüfungsverfahren und valide Ergebnisse – eine Selbstverständlichkeit? Universität St. Gallen
Empfehlungen zu mündlichen Prüfungen
Auch bei mündlichen Prüfungen sollen Standards beachtet werden, um eine faire Prüfung zu ermöglichen:[1]
- Die mündlichen Prüfung erstreckt sich auf drei verschiedene Themen oder Sachgebiete.
- Wenn das Wissen und Können bei einem Thema oder Sachgebiet offensichtlich ungenügend ist, wechselt die prüfende Person das Thema (unter angemessenem Bewertungsabzug).
- Die Prüfung beim jeweiligen Thema oder Sachgebiet beginnt mit einer Problemstellung (Fallbeispiel, Dokument) und nicht mit einem Abfragen von Wissen.
- Die prüfende Person lässt sich durch redegewandte Studierende nicht von ihrem Thema oder Sachgebiet wegführen.
- Sie stellt nicht Aufgaben wie in schriftlichen Prüfungen, sondern sie orientiert die Prüfungsinhalte an Bereichen und Kompetenzen, die für die mündliche Kommunikation im Fachgebiet bedeutsam sind.
- Bei der mündlichen Prüfung ist ein Zeitrahmen für jedes Thema oder Sachgebiet vorgegeben. Das Anspruchsniveau (Wissen, Anwenden, Analyse, Beurteilung, Synthese) findet Eingang in den Prüfungsablauf und Beurteilung.
- Sie stellt klare Fragen (enge/weite sowie geschlossene/offene Fragen).
- Sie spricht selbst wenig, sondern sie ist aktive Zuhörerin.
- Sie sorgt durch ihre Fragen für einen möglichst flüssigen und natürlichen Dialog.
- Sie frägt bei Unklarheiten nach, insistiert auf der Fragestellung, die Gesprächsführung bleibt aber flexibel.
- Sie bleibt immer fair.
- Sie stellt die Richtigkeit und Fehlerhaftigkeit von Antworten unmissverständlich fest.
- Sie prüft und führt nicht ein fragend-entwickelndes Lehrgespräch.
- Sie konzentriert sich auf die zu prüfende Person und ist nicht mit sich selbst beschäftigt.
- Sie bemüht sich um eine beruhigende Atmosphäre
- Sie ist sich ihrer Eigenarten, die zu verzerrten Beurteilungen führen können, bewusst.
- Die prüfende Person hat ein System, um die Bewertung zu objektivieren.
[1] Dubs, Rolf (o.J.): Koordinierte Prüfungsverfahren und valide Ergebnisse – eine Selbstverständlichkeit? Universität St. Gallen