Begeisterung als Erfolgsfaktor
Dr. Martin Karl Weiss hat in Innsbruck Jus studiert. Seine Dissertation ist schon zweimal ausgezeichnet worden. Im Gespräch mit Meryem Vural vom Institut für Theorie und Zukunft des Rechts verrät er, was seine Erfolgsformel ist: dran bleiben, Fälle lösen, auf die Lehrenden zugehen.
„Wichtig ist, dass man Begeisterung mitbringt“, verrät Martin Karl Weiss, „und auch wenn es mal nicht klappt, soll einen die Begeisterung und das Engagement nicht verlassen.“ Nicht geklappt hat für den erfolgsverwöhnten Juristen aber nur wenig. Gleich zweimal ist seine Dissertation über die verwaltungsrechtliche Interessenabwägung bei der Genehmigung von Kleinwasserkraftanlagen mit Preisen ausgezeichnet worden. Nach dem Hypo Tirol Bank Dissertationspreis hat Dr. Weiss nun auch den Award of Excellence 2021 des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung erhalten. Momentan ist er Rechtsanwaltsanwärter bei Partl-Fischer-Lode Rechtsanwälte.
Mit der Universität Innsbruck verbindet in viel. Seit Oktober 2016 studierte er Wirtschaftsrecht (Bachelor und Masterstudium) und Rechtswissenschaften (Doktoratsstudium). Im Dezember 2020 promovierte er mit einem Notendurchschnitt von 1,0. Wir wollten wissen, was für ihn die Faszination an Jus ausmacht.
Wieso haben Sie sich für das Wirtschaftsrechtstudium entschieden?
Nach meinem HTL-Abschluss habe ich mehrere Jahre im Bereich der erneuerbaren Energien im Anlagebau gearbeitet. Während meiner Arbeit ist mir aufgefallen, dass die größten Probleme nicht mit den Kraftwerken zusammenhängen, sondern mit den Verträgen der Anlage. Deshalb habe ich dann beschlossen Recht zu studieren und mich hier in der Materie zu vertiefen.
Wieso haben Sie sich für die Universität Innsbruck entschieden?
Ich bin gebürtiger Innsbrucker und Innsbruck hat mich seit meinen Kindheitsjahren begleitet.
Sollen man so wie Sie vor dem Studium ein paar Jahre arbeiten oder gleich nach der Matura anfangen zu studieren?
Das hängt von der jeweiligen Person ab. Wenn ich gleich nach der Schule studiert hätte, hätte ich viele Dinge aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Dadurch, dass ich zuerst gearbeitet habe, hatte ich eine abgeklärte Perspektive und einen stärkeren Praxisbezug zu bestimmten Themen. Ich war auch fokussierter und determinierter im Studium. Jeder ist aber individuell.
Welche Fächer fanden Sie während Ihrem Studium am spannendsten?
Ich fand Zivilrecht recht spannend, weshalb ich auch in meiner Masterarbeit ein zivilrechtliches Thema aufgearbeitet habe. Während meiner Zeit bei CHG Rechtsanwälte habe ich im Bereich Umweltrecht hineingeschnuppert und bin so zu den Wasserkraftwerken gekommen. Meine Dissertation habe ich dann auch diesem Thema gewidmet. Mein Interesse für das Zivilrecht ist aber nach wie vor da und es ist auch ein sehr wichtiger Teil der täglichen juristischen Praxis.
Wie haben Sie es geschafft, in so kurzer Zeit so eine hervorragende Arbeit zu schreiben?
Ich habe zuerst alle Gebiete umrissen, die mich interessieren. Ich habe Rechtsdatenbanken durchsucht, mir Rechtstexte der EU angeschaut und Aufsätze durchforstet und geschaut, wo es denn Lücken gibt; also wo man etwas Neues herausfinden könnte. Nachdem ich den Arbeitstitel fixiert habe, habe ich sofort die Gliederung erstellt und angefangen zu schreiben. Ich habe jeden Tag an meiner Arbeit geschrieben. Wichtig ist bei dem Prozess, dass man ein Thema hat, das einen fesselt. An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich beim Institut für Öffentliches, Verwaltungs- und Staatsrecht und insbesondere bei dem Leiter der dortigen Bibliothek Dr. Gerhard Leo für dessen Hilfe bei der Recherche und Bereitstellung der notwendigen Literatur für meine Dissertation – gerade in der Coronazeit – bedanken.
Was können Sie Studienanfängerinnen und Studienanfängern für Tipps geben?
Wichtig ist, dass man eine Begeisterung mitbringt, die man nie verliert. Wenn es mal nicht klappt, soll einen doch diese Grundbegeisterung und das Engagement nicht verlassen. Man muss außerdem auch Erfahrungen in der juristischen Praxis sammeln. Daher gilt: Am besten so viele Fälle wie möglich lösen.
Wenn Sie auf Ihre Ausbildung zurückschauen, was könnte man in der Ausbildung ergänzen im Hinblick auf Herausforderungen in der Zukunft?
Die Universität Innsbruck bietet eine fundierte Grundausbildung. Es gibt sehr viel Literatur, die man nach dem Studium kennt, und Wissen, das man erworben hat. Ich finde es wichtig, dass man mehr auf die Universität zugeht und sich Wissen holt. Wenn ich Fragen hatte, habe ich mich direkt an die Professorin oder an den Professor gewandt. Lehrende sind ja dafür da, dass man auf sie zugehen kann und es ist wichtig, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Außerdem ist es gut, sich viel mit den Lehrenden auszutauschen, weil man unterschiedliche Blickwinkel sieht und dies den juristischen Horizont erweitert, was sehr wertvoll ist in der Praxis.
Herr Dr. Weiss, vielen Dank für das Gespräch
Und wer wissen will, was Martin Karl Weiss‘ Formel
bedeutet, kann sich hier schlau machen. So viel sei verraten: Es geht um die Abwägung verschiedener Interessen. Und individuelle wie kollektive Interessen in einen guten Ausgleich zu bringen, ist eine der wichtigsten Aufgaben der Rechtswissenschaften.
(Meryem Vural)