Unter den 30 ausgewählten Forschungsprojekten, befinden sich drei von Forscherinnen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät: Mag. Dr. Bernadette Zelger, LL.M. (QMUL), Dissertantin und Projektmitarbeiterin Ref. iur. Caroline Böck und Dissertantin und Universitätsassistentin Mag.a, LL.B. Meryem Vural. Die drei Projekte und ihre Forscherinnen werden hier kurz vorgestellt.
Mag. Dr. Bernadette Zelger, LL.M. (QMUL) forscht über die „Beschränkungen des Erwerbs von Zweitwohnungen als Lösungsansatz für Wohnraumknappheit als gesamtgesellschaftliche Herausforderung – Eine unionsrechtliche Analyse“. Wohnraum scheint, vor dem Hintergrund ökonomischer Krisen und der damit einhergehenden wachsenden Inflation, begehrter denn je. Kapitalflucht von Investoren in sog „Betongold“ geschieht dabei nicht selten zum Leidwesen der lokalen Bevölkerung, für die, aufgrund der durch die Nachfrage steigenden Preise, der Erwerb eines Eigenheims in weite und unerreichbare Ferne zu rücken scheint. Während Grundverkehrsgesetze vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union einen Erwerb von inländischen Immobilien nicht österreichischer Staatsbürger an gewisse Voraussetzungen knüpfte, gelten diese Besonderheiten nunmehr lediglich im Verhältnis zu Drittstaatsangehörigen. Aufgrund der EU-Grundfreiheiten und dem damit einhergehenden Diskriminierungs- und Beschränkungsverbot sind EU- und EWR-Bürger österreichischen Staatsbürgern beim Erwerb von Immobilien gleichgestellt. Das führt zu einer Erweiterung der potenziellen Nachfrage und – aufgrund der Knappheit der Ressource aufgrund realer Gegebenheiten – somit zu Preissteigerungen. Dem gegenüber steht das Bedürfnis einer lokalen Bevölkerung, Wohnraum für sich in Anspruch nehmen zu können. Bei entsprechender Wohnraumknappheit führt dies, aufgrund des begrenzten Angebots, unvermeidbar zu Spannungen der widerstreitenden Interessen. Vor diesem Hintergrund gibt es seitens der nationalen Gesetzgeber, in Österreich aufgrund gegebener Zuständigkeit auf Ebene der Länder, Versuche, den Erwerb von Immobilien an das Erfordernis eines Wohnsitzes, oder aber an einen Genehmigungsvorbehalt seitens lokaler Behörden und einer prozentualen Beschränkung von Zweitwohnsitzen zu knüpfen. Dies ist aus unionsrechtlicher Perspektive, insbesondere vor dem Hintergrund der Kapitalverkehrsfreiheit, jedoch nicht ganz unproblematisch. Die rechtlichen Implikationen beabsichtigt das gegenständliche Projekt näher zu analysieren.
Dissertantin und Projektmitarbeiterin Ref. iur. Caroline Böck forscht zu „Die Rechtsstellung von EWR-Angehörigen im Auslieferungsverkehr mit Drittstaaten“ Auslieferungsverfahren, wie der Fall Julian Assange ziehen breite mediale Aufmerksamkeit auf sich. Dies liegt mitunter an der grundsätzlich fehlenden Entscheidungsmacht eines Staates über fremde Staatsangehörige und einem konkreten Rechtsrahmen, was zu einzelfallabhängigen sowie teils kontroversen Entscheidungen führt. Anders ist dies bei Auslieferungsverfahren über eigene Staatsangehörige. Hier gilt grundsätzlich die Maxime: Verfolgte genießen in ihrem Herkunftsstaat einen umfassenden Auslieferungsschutz. Dadurch wird der Herkunftsstaat gezwungen, solche Auslieferungsanträge abzulehnen. Das Zusammenrücken in Europa zur Europäischen Union (EU) sowie zum Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) führt nunmehr dazu, dass Personen nicht nur in eigene und fremde Staatsangehörige eingeteilt werden dürfen. Es sind neue Kategorien, wie die Unionsbürgerschaft sowie der EWR-Angehörigkeit entstanden, die eigene Rechte für ansässige Bürger mit sich bringen. Dazu gehören besonders das Recht auf Freizügigkeit sowie das Verbot von Diskriminierung, welche das nationale Staatsangehörigkeitsrecht beeinflussen. Wie weitreichend dieser Schutzgehalt ist, wird – auch im Auslieferungsrecht – fortlaufend neu definiert. Gerade die Frage, inwieweit der nationale Auslieferungsschutz auch für Unionsbürger sowie EWR-Angehörige gelten muss, ist somit von erheblicher rechtlicher Brisanz. Es ist also zu klären, ob diese Personengruppen ausgeliefert werden dürfen, wenn sie in der EU oder dem EWR, aber außerhalb des Heimatstaates verhaftet werden. Für Unionsbürger bestehen zumindest grobe, durch den EuGH vorgegebene Richtlinien. Forschung und Judikatur bezüglich EWR-Angehöriger beschränkt sich stand jetzt indes auf ein Mindestmaß, weshalb ich die Rechtsstellung der EWR-Angehörigen im Auslieferungsverkehr mit Drittstaaten im Rahmen des Early-Stage Funding 2022 genauer untersuchen möchte. Das Projekt würde dadurch einen neuen Beitrag zur Stärkung der Rechte von EWR-Angehörigen leisten.
Dissertantin und Universitätsassistentin Mag.a, LL.B. Meryem Vural forscht über „Sind Prominente online gleicher als andere? Rechtsfragen der Ungleichbehandlung einflussreicher Sprecher*innen (Influencer*innen) auf Online-Kommunikationsplattformen“ Digitale Kommunikationsräume sind der „neue“ Schauplatz für politische und gesellschaftliche Diskurse und ermöglichen Meinungsäußerung, -austausch und -bildung. Damit haben sich auch die Medienrepertoires und Nutzungspraktiken großer Bevölkerungsteile verschoben. Spätestens seit der Corona-Pandemie ist deutlich, in welchem Ausmaß sogenannte „Influencer*innen“ (= Personen mit einer großen Reichweite auf mindestens einer Social-Media-Plattform; prominente Person) Einfluss auf politische Debatten haben können. Daher wurden und werden diese gezielt eingesetzt, um politische Ziele zu verwirklichen bzw umzusetzen. Problematisch wird es, wenn sogenannte Influencer*innen Desinformation oder Hate Speech verbreiten. Um diesem Problem entgegenzuwirken, haben einzelne Länder wie Österreich und Deutschland reagiert, indem Gesetze zur Regulierung von Plattformen erlassen wurden; in Österreich das Kommunikationsplattformengesetz (KoPl-G) und in Deutschland das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Auf EU-Ebene enthalten der kürzlich verabschiedete DSA (Gesetz über digitale Dienste) und DMA (Gesetz über digitale Märkte) und der Verordnungsvorschlag für ein Gesetz über künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence Act; AIA) die grundlegenden Normen für die EU-weite Plattformregulierung. Darüber hinaus hat jede Plattform „Gemeinschaftsstandards“, an die sich die jeweiligen User*innen halten müssen und bei deren Verstoß ein Deplatforming (Ausschluss von der Plattform), ein Shadowbanning (Nichtweiterverbreitung der Inhalte) oder ein Entmonetarisieren der Inhalte drohen kann. Diesen Folgen in der Plattformpraxis ist gemein, dass Influencer*innen regelmäßig an weniger strengen Maßstäben gemessen werden. Die Plattformen beurteilen die Handlungen von Influencer*innen dem Anschein nach vergleichsweise weniger streng und privilegieren ihre Kommunikate. Ist das rechtmäßig?