Aktuelle und abgeschlossene Forschungsprojekte (seit 2014)
Die MANASSES-Chronik - Maschinelle ANnotation zur Analyse Sprachlicher Strukturen Einer Slawischen Chronik
Projektleiter: Fabio Maion
Geldgeber: Vizerektorat für Forschung
Fördersumme: EUR 5913
Laufzeit: 01.07.2024 - 31.12.2024
Projektziel ist die Erstellung einer digitalen, linguistisch annotierten Version von Ausschnitten aus der griechischen Manasses-Chronik und ihrer mittelbulgarischen Übersetzung. Damit soll das Projekt perspektivisch dazu beitragen, ein historisches Korpus der bulgarischen Sprache aufzubauen und historische Varietäten des Bulgarischen für einen korpuslinguistischen Zugang zu erschließen. Das MANASSES-Projekt stützt sich auch auf andere Projekte der Innsbrucker Slawistik. So lässt sich im Rahmen dieses Projekts gut erproben, inwieweit sich das im FWF-Projekt. Die zweisprachige Edition der Dioptra (P 35902) erarbeitete Vorgehen zur automatischen morphologischen Annotation für das mittelbulgarische Kirchenslawisch der Dioptra auf andere Texte dieser Epoche übertragen lässt. Dank der manuellen Überprüfung der Annotation und der Alignierung von griechischem und slawischem Text werden zudem Daten entstehen, die nach Abschluss des Projekts als Trainingsdaten für die automatische Annotation von mittelbulgarischem Kirchenslawisch genutzt werden können. So sollte die Genauigkeit der automatischen Annotation durch die Erarbeitung einer ausreichend großen Menge von nachkorrigierten Texten in Zukunft so gut werden, dass automatisch annotierte mittelbulgarische Texte auch ohne zeitintensive manuelle Nachkorrektur für Forschungszwecke verwendet werden können.
The Slavonic Metaphrasis of Byzantine Orthodoxy
Project leader: Prof. Dr Jürgen Fuchsbauer
Cooperation partners: Prof. Dr. Reinhart Ceulemans, Dr Lara Sels (Department for Greek studies, Catholic University of Leuven)
Funding body: FWF + FWO (WEAVE)Grant-DOI: 10.55776/I6872
Project No: I 6872
Start: 1 April 2024
End: 31 March 2028
Funding amount: 792.534,85 (UIBK: € 395.318,70)
The medieval literature of the Orthodox South and East Slavs consists mainly of translations of religious texts from Greek. The adoption of Byzantine theological thinking by the Slavs thus plays an enormously important role in the intellectual and cultural history of south-eastern and eastern Europe. In our project, this centuries-long transfer of texts and the knowledge contained in them is regarded as a metaphrasis, i.e. as a deliberate reshaping of the originals while retaining the original ideas.
The project has three aims. Firstly, an online reference work in the form of a wiki is to be created. It will provide a complete record of the theological literature translated from Greek to Slavonic, starting from the beginning of Slavonic literacy in the 9th century until the Ottoman conquest of the Balkans in the 14th century. The material collected by Francis J. Thomson over the course of a lifetime of research, recorded by hand on index cards, serves as the basis. The cards will be digitised and their contents updated, supplemented, and expanded by experts working around the world. Secondly, as part of a dissertation, selected texts and collections of texts will be used to analyse how this Slavonic metaphrasis of Byzantine Orthodoxy took place in detail. And thirdly, Francis Thomson’s cartotheca will be made accessible online.
In keeping with the interdisciplinary nature of the project, it is being implemented as a cooperation between the department for Greek Studies at the Catholic University of Leuven (Prof. Dr Reinhart Ceulemans, Dr Lara Sels) and the department for Slavonic Studies at the University of Innsbruck (Prof. Dr Jürgen Fuchsbauer).
Comparing Russian foreign language textbooks for Czech and German-speaking learners (A1–B1): A critical discourse analysis
Projektleiterin: Magdalena Kaltseis
Projektmitglieder: Gernot Howanitz, Anna Moravskaya, Natalia Sorokina, Wolfgang Stadler
Internationale Partner: Anastasija Sokolova (Masaryk University / Faculty of Education)
Geldgeber: OeAD-GmbH (International Cooperation in Higher Education)
Fördersumme: EUR 7.500,00 (an UIBK)
Laufzeit: 01.01.2024 - 31.12.2025
Textbooks continue to be among the most important teaching materials in the language classroom, and accordingly, there are already several studies investigating the language and content of textbooks. However, previous analyses often focused on lexis and were limited to national contexts, which is why comparisons between textbooks from different countries and cultures and their contents and subject-specific (didactic) approaches are scarce. This is also true for Russian, which in Czech and Austrian schools and at universities is taught as a foreign language. Therefore, in our joint project, we will use critical discourse analysis and corpus linguistic tools to compare Russian foreign language (RFL) textbooks in two neighboring countries: Czechia and Austria. By comparing RFL textbooks for Czech- and German-speaking learners, we want to find out which linguistic materials and topics are displayed in these textbooks and how they are presented. The goal of our project is not only to learn from each other through a comparative approach but also to uncover cultural and gender stereotypes in RFL textbooks. Finally, our study aims at discussing and finding ways of how to detach the learning and teaching of the Russian language from the Russian Federation as sole target language country and the imperialist ambitions it pursues.
SYNPAR.
Syntaktisches Parsing mittelalterlicher griechischer und slawischer Texte
Geldgeber: Förderkreis 1669 der Universität Innsbruck
Projektleitung: Jürgen Fuchsbauer
Projektdauer: Oktober 2023-September 2024
Ziel des Projekts SYNPAR ist die syntaktische Annotation der sogenannten Dioptra, eines umfangreichen byzantinischen Lehrgedichts, das um die Mitte des 14. Jahrhunderts ins Slawische übersetzt wurde. Die Genauigkeit der Übersetzung und die stark vom Griechischen beeinflusste Sprache der slawischen Version erlauben eine parallele Darstellung der Syntax in Form von Strukturbäumen. Die Annotation soll weitgehend automatisch erfolgen, was aber mit den vorhandenen Programmen (Parsern) kaum möglich ist. Deshalb muss zunächst das geeignetste ausgewählt und auf die spezifischen Sprachformen der griechischen und der slawischen Dioptra trainiert werden. Die Ergebnisse sollen durch Anwendung des Parsers auf einen vergleichbaren Text, die Epitome historiarum des Johannes Zonaras, verbessert werden. Die Trainingsdaten werden zugänglich gemacht und stehen so weiteren Forscher*innen zur Verfügung.
Werke wie die Dioptra spielten eine wichtige Rolle in der Sprach- und Geistesgeschichte Ost- und Südosteuropas. Das Ergebnis des Projekts SYNPAR ist eine für derartige Texte optimierte digitale Darstellung der Syntax, durch die syntaktische Erscheinungen über die Sprachgrenzen hinweg erfasst und abgefragt werden können. Dadurch soll die Basis für ein umfassenderes diachrones Korpus des Griechischen und Slawischen am Balkan geschaffen werden.
AUSBUL. A Unified annotation of the Stages of the BULgarian Language
Projektleiter: Jürgen Fuchsbauer, Fabio Maion
Internationale Partner: Prof. Dr. Andrej Bojadžiev (Universität Sofia), Prof. Dr. Anissava Miltenova (Bulgarische Akademie der Wissenschaften)
Geldgeber: OeAD-GsmbH (Österreichischer Austauschdienst)
Fördersumme: EUR 8.000,00 (an UIBK)
Laufzeit: 1.7.2023 - 30.06.2025
Die Digitalisierung, die in den letzten Jahren mehr und mehr auch die historische Sprachwissenschaft erfasst, eröffnet in der Untersuchung mittelalterlicher (slawischer) Handschriften grundlegend neue Perspektiven. So können Handschriften, die bislang in verschiedenen Archiven liegen und oftmals nur eingeschränkt zugänglich sind, über das Internet einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert werden. An einer konkreten Umsetzung dieses Vorhabens arbeiten wir im Rahmen des Projekts “A Unified Annotation of the Stages of the Bulgarian Language“ (AUSBUL) gemeinsam mit Wissenschaftler*innen der Universität Sofia sowie der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften. Wir werden im Laufe des Projektes ausgewählte Handschriften und die darin enthaltenen Texte aus zwei unterschiedlichen, sich gegenseitig ergänzenden Perspektiven näher beleuchten. Zum einen werden wir ein von Prof. Andrej Bojadžiev (Universität Sofia) entwickeltes XML-Schema verwenden, um Metadaten zu den Handschriften (Entstehungsort, -zeit etc.) zu beschreiben und zu dokumentieren. Andererseits wollen wir die Texte, die in den Handschriften zu finden sind, aus linguistischer und philologischer Perspektive untersuchen. Ziel des Projekts ist es, ein Annotationsschema zu entwickeln, das Anwendung sowohl auf die ältesten als auch auf frühmoderne Texte aus dem bulgarischen Sprachraum finden kann. Dies ist durchaus eine Herausforderung, da sich die sprachliche Struktur des Bulgarischen im Laufe der Zeit wesentlich geändert und einen Übergang von einem synthetischen zu einem weitgehend analytischen Sprachsystem vollzogen hat. Die Kombination aus extralinguistischen Metadaten und linguistischer Annotation ist zudem ein erster Schritt in Richtung eines annotierten historischen Korpus des Bulgarischen, das eine wichtige Ressource zur weiteren Erforschung der historischen Entwicklung bulgarischer Varietäten wäre.
Kaleidoscopic Patterns of Protest: Qualifying and Quantifying Visual and Textual
(Self-)Representations in Eastern European Protest Cultures
gefördert von der ÖAW
Projektleitung: Magdalena Kaltseis, Gernot Howanitz
Projektdauer: 2023-2025
In the last ten years, massive protests against the government and/or unfair elections took place in all three Eastern Slavic countries—Russia (2011/12), Ukraine (2014), and Belarus (2020). More recently, the Russian invasion of Ukraine in February 2022 led to anti-war protests in Russia, Ukraine and Belarus as well as many other countries around the world. These protests were mainly organized via social networks, were disseminated in independent media and countered by the official state-owned media. Thus, visual (self-)representations of the protest cultures must be recognized as an integral part of the protests proper: Symbols and slogans are used in mediatized (self-)representations—YouTube videos, blog posts, communication via social networks, TV news broadcasts or feature-length documentaries— to spread the ideas and claims of the protesting people.
Our project unites close and distant viewing to assess how kaleidoscopic patterns of protest emerge from the constant recombination of specific visual symbols such as banners, flags, slogans, or people marching in the streets. Not only are we interested in a general description of visual and textual (self-)representations of protest in Eastern Europe but we also analyze the patterns of specific protest cultures to describe their symbolic repertoire. In order to achieve this, we build a corpus of visual and textual (self-)representations of protest. We then use deep learning to identify specific symbols in the corpus. These results are utilized to (1) visualize and analyze the differences between official and user-generated content, traditional and new media, and individual countries, and (2) to select specific images and video clips for a qualitative multimodal discourse analysis.
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Bilingual Edition of the Dioptra
Project leader: Jürgen Fuchsbauer
Funding body: FWF
Grant DOI 10.55776/P35902
Project no. P 35902
Start July 1, 2022
End June 30, 2026
Funding amount € 205,231
The Dioptra is an extensive Greek didactic poem of over 7,000 verses, which was written in 1095 by a monk named Philippos. The work consists of five books. The first of these, which is also by far the shortest, forms a section in itself. In it, a monk addresses his soul and calls it to repentance and penance in view of death and the expected punishment or reward in the afterlife. The remaining four books have the form of a dialogue between flesh and soul, with the flesh answering the soul's questions. Here, topics like faith and repentance, the nature of the body and the soul as well as their relationship, the coming of the Antichrist and the resurrection of the dead are dealt with. Due to its thematic diversity, the Dioptra represents a veritable compendium of theology, but also of natural history. This, together with the entertaining presentation as versified dialogue, obviously made the poem particularly interesting for people without a high theological education.
Around the middle of the 14th century, the Dioptra was translated into Middle Bulgarian Church Slavonic. The Slavonic version is typical of this second heyday of older Bulgarian literature. It imitates the Greek original as closely as possible. At that, the language is highly standardized; the developments that the spoken language had undergone, on the other hand, appear only to a small extent. However, despite the archaising and Greek-oriented language, the content of the work was of such interest to the Slavonic-speaking readership that it was quickly distributed and copied by hand for a long time. The popularity of the Slavonic Dioptra is evidenced by more than 200 copies written over the course of half a millennium in Bulgaria, Serbia, Moldavia and in what is now Ukraine, Belarus and Russia. While the text was initially read especially in higher social classes, even by princes, from the 17th century onwards people from the lower classes of society, craftsmen, soldiers and especially the Old Believers who had split off from the official orthodox church, became interested in the work.
The object of our FWF project is the publication of the entire Slavonic text together with a Greek comparative text that corresponds as closely as possible to the original of the translation. The poem will be edited in printed and in digital form. The first volume of the print version has already been published. The digital version will be made available online in an annotated form that can be searched by words and by grammatical categories.
Slavia Tirolensis – Ortsnamen slawischer Herkunft in Osttirol
Projektleiter: Emanuel Klotz
Geldgeber: FWF
Fördersumme: EUR 287.710,98 + 45.000
Laufzeit: 01.04.2022 - 28.03.2025
Das Projekt hat zum Ziel, die slawischen Ortsnamen in Osttirols zu sammeln, zu etymologisieren und die Ergebnisse abschließend als kartenbasierten Web-Plattform zu veröffentlichen. Ein besonderes Augenmerk gilt jenen Gebieten, die bisher nicht konsqeuent erforscht wurden. Hierzu gehören neben dem Defereggental die Gemeinden Matrei i. O. und Prägraten sowie der Lienzer Talboden bis zum Kärntner Tor. Für die behandelten Namen soll eine möglichst vollständige Belegreihe erstellt werden, die über die Web-Plattform aufgerufen werden kann. Die lautgeschichtliche Betrachtung der Slawismen gestattet es, Rückschlüsse auf die Geschichte des bairisch-slawischen Sprachkontakts zu ziehen, einschließlich der Frage, wie lange in Osttirol noch slawisch gesprochen wurde.
Sommerkolleg OSTEUROPA
Projektleiter: Eva Binder, Jürgen Fuchsbauer
Geldgeber: BMBWF, vertreten durch OeAD-GmbH (Österreichischer Austauschdienst)
Laufzeit: jährlich (seit 2021)
Das Sommerkolleg OSTEUROPA bietet 25 Studierenden aus Österreich und 25 Studierenden aus der Ukraine die Möglichkeit des Austauschs über Sprach- und Ländergrenzen hinweg. Das Sommerkolleg OSTEUROPA unterstützt Studierende bei der Verbesserung ihrer sprachpraktischen Fertigkeiten und dient der Erweiterung des Wissens über Osteuropa, insbesondere der ukrainischen Kultur und Geschichte. In diesem Programm verbringen die Studierenden zwei Wochen in Innsbruck und nehmen an einem Intensivsprachkurs für die Zielsprachen Ukrainisch, Russisch und Deutsch, an geistes- und sozialwissenschaftlichen Workshops und Vorträgen sowie an einem kulturellen Besichtigungsprogramm teil und arbeiten in gemischten Gruppen an gemeinsamen Projekten. Auf diese Weise gewinnen die Studierenden Einblicke in spannende Forschungsthemen und aktuelle Forschungsmethoden aus unterschiedlichen Wissensgebieten, wie Literatur und Medien, Geschichte, Politik und Gesellschaft, Sprachwissenschaft oder Kulturvermittlung. Für die Absolvierung des Sommerkollegs erhalten die Teilnehmer:innen ein Zeugnis der Universität Innsbruck über 5 ECTS.
Das Sommerkolleg wird in Zusammenarbeit mit dem Osteuropazentrum organisiert.
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Grammatikschreibung im Russischen und Polnischen aus genderlinguistischer Perspektive
Geldgeber: Tiroler Wissenschaftsfond
Projektleitung: Dr. Dennis Scheller-Boltz
Projektdauer: 2015
Pressematerial [hier]
Projektbeschreibung
Das Forschungsprojekt widmet sich der Frage, wie sich im Laufe der Zeit geschlechtliche Strukturen in der russischen und polnischen Grammatik gewandelt haben, welche gendergerechten morphologischen und (morpho)syntaktischen Varianten sich etablieren konnten und welche Tendenzen sich heute im Russischen und Polnischen abzeichnen, um grammatisch einen gendergerechten Sprachgebrauch zu ermöglichen. Im Fokus stehen die metasprachlichen Angaben, die grammatische Regeln und Normen dokumentieren, beschreiben und rechtfertigen. Denn es sind nicht nur die Normen an sich, welche Geschlecht und mithin auch ein Geschlechtermodell konstruieren. Es sind maßgeblich auch die metasprachlichen Beschreibungen, die einer soziokulturellen Geschlechterordnung Gültigkeit verleihen.
Sloth and Happiness: On Intentional Action and the Superfluous Man
Geldgeber: Tiroler Wissenschaftsfond
Projektleitung: Dr. Sonja Koroliov
Projektdauer: 2014
Projektbeschreibung
Der Grundgedanke des Projekts ergibt sich aus der Beobachtung, dass mangelnde Aktivität, Faulheit, Trägheit, Phlegmatismus, ineffektives Handeln, Langeweile, unerfüllte Pläne und unbefriedigende Lösungen in der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts eine große Rolle spielen, ohne dass es dafür eine umfassende Erklärung gäbe. Die Mehrheit der hervorstechendsten literarischen Figuren dieser Zeit (Puškins Onegin, Lermontovs Pečorin, Turgenevs Rudin, Gončarovs Oblomov oder Dostoevskijs Bewohner des Kellerlochs) werden in entscheidender Weise dadurch charakterisiert, dass sie – aus verschiedenen Gründen – nicht in der Lage sind, sich einer sinnvollen Tätigkeit zuzuwenden, Pläne in die Tat umzusetzen, dem Glück auf der Spur zu sein, oder einfach so zu handeln, wie sie es selbst wünschen. Hinzu kommt ein beschreibender öffentlicher Metadiskurs, der schon im 18. Jahrhundert beginnt, sich bis in das 20. Jahrhundert fortsetzt und diesen Sachverhalt in verschiedenen Medien explizit thematisiert – von aufgeklärt-sentimentalischen Journalen wie dem Truten’, dessen Herausgeber sich über die eigene Nichtsnutzigkeit lustig macht, bis zu Tolstojs essayistischer Annäherung an die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Arbeit (Über das Nichtstun). Eine bekannte Erscheinungsform dieser über längere Zeitspannen geführten Diskussion verdichtet sich in der Kategorie des „überflüssigen Menschen“. Nachdem Turgenev diese 1850 eingeführt hatte (Tagebuch eines überflüssigen Menschen), wurde sie Teil einer gängigen Zuschreibung, mit der auch retrospektiv auf Charaktere verwiesen werden konnte, die als ‚entfremdet‘, ‚gelangweilt‘, ‚unglücklich‘ oder ‚ineffektiv‘ qualifiziert wurden. In diesem Projekt möchte ich den „überflüssigen Menschen“ unter einem Gesichtspunkt behandeln, der sich an kontemporären Vorstellungen und Theorien des Handelns orientiert. Ein Großteil der vorhandenen Interpretationen stellt vor allem die soziale und politische Stoßrichtung der Idee in den Vordergrund und behandelt den überflüssigen Menschen entweder als soziales Phänomen, an dem sich die gesellschaftlichen Probleme Russland zu einer bestimmten Zeit kristallisierten, oder aber als literarisches Phänomen, das erfunden wurde, um auf eben jene gesellschaftlichen Probleme hinzuweisen. Im Gegensatz hierzu möchte ich versuchen, durch eine detaillierte Analyse der dem überflüssigen Menschen zugeschriebenen Inaktivität den Kontext eines größeren Diskurses über Handeln und Nicht- Handeln in der russischen Kultur zu erschließen. Ich werde mich also nicht mit real existierenden überflüssigen Menschen befassen (falls es solche gab), sondern mit literarischen Umsetzungen ineffektiven oder problematischen Handelns und deren Relevanz für die im Russland des späten 18. und des 19. Jahrhunderts vorherrschenden Vorstellungen und Überlegungen hinsichtlich der Frage, wie Handlung, Handeln und gescheitertes Handeln zu definieren sei.
Phraseologismen aus sowjetischen / russischen Filmen und ihre Verwendung in der russischen Gegenwartssprache
Geldgeber: Swarovski KG
Projektleitung: ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Helmut Weinberger und Mag. Dr. Eva Binder
in Zusammenarbeit mit Dr. Tatiana Kulik
Projektdauer: 2014
Projektbeschreibung
Im Fokus des Projekts stehen Phraseologismen, die aus sowjetischen bzw. russischen Filmen stammen und deren Verwendung in der russischen Gegenwartssprache untersucht werden soll. Das Kino spielt(e) eine prägende Rolle für die sowjetischen Kultur, sodass die zu Phraseologismen gewordenen stehenden Wendungen aus Filmen allgemein bekannt und gebräuchlich waren und in der Kommunikation eine sozial verbindende Funktion übernahmen. Ob und welche dieser Phraseologismen in der russischen Gegenwartssprache, die starken Änderungsprozessen ausgesetzt ist, (noch) aktiv gebraucht werden, soll die im Rahmen des Projekts zum ersten Mal durchzuführende Untersuchung klären.