9. Herlinde Pissarek-Hudelist-Vorlesung

Wie gerecht ist der „gerechte Frieden“? Gender als Leerstelle kirchlicher Friedenspolitik

Dr. Regina Elsner (Professorin für Ostkirchenkunde und Ökumenik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster)

Donnerstag, 21. November 2024, 18.30 Uhr
Hörsaal I, Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Innsbruck, Karl-Rahner-Platz 3, Erdgeschoß

Kirchliche Friedenspolitik gilt als ein Hoffnungsträger in Konflikten, wo politische Akteure kaum noch Lösungen anzubieten haben. Besonders der Heilige Stuhl hat als kirchlicher und politischer Akteur eine Doppel-Funktion, die ihm im Kontext internationaler Beziehungen Respekt eingebracht hat. Das seit dem Ende des Kalten Krieges entwickelte sozialethische Konzept des „gerechten Friedens“ hinterfragt politische, wirtschaftliche und militärische Interessen und stellt Menschenwürde und Gemeinwohl in den Mittelpunkt von Konflikttransformation.
Russlands Krieg gegen die Ukraine hat diese Ideen offensichtlich ins Wanken gebracht. Die kirchliche Friedenspolitik hat wie nie zuvor Kritik und Zweifel vor allem aus dem angegriffenen Land selbst, der Ukraine, erhalten und wurde somit nahezu unbrauchbar als vertrauenswürdige Strategie. Ein wichtiger Grund dafür liegt in der Kriegsideologie Russlands, die ausdrücklich gegen die sogenannte „Gender-Ideologie“ gerichtet ist und dabei auf religiöse Sprache Bezug nimmt. Der Vortrag thematisiert, warum die kirchliche Angst vor einer Aneignung des Gender-Konzepts als Gerechtigkeitskategorie die Idee des „gerechten Friedens“ untergräbt und damit kirchliche Friedenspolitik in Zeiten der globalen Polarisierung um Werte nahezu unmöglich macht. 

 

Zur Person:

Dr. Regina Elsner (geb. 1979) ist seit Januar 2024 Professorin für Ostkirchenkunde und Ökumenik an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Münster. Sie studierte in Berlin und Münster katholische Theologie und wurde ebenfalls in Münster 2017 mit einer Arbeit über das Verhältnis von Russischer Orthodoxie und Moderne promoviert. Von 2006 bis 2010 arbeitete sie als Projektkoordinatorin der Caritas in Russland, von 2017 bis 2023 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien ZOiS in Berlin.

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