Zisterzienserstift Stams

Der Kernbestand der Stamser Stiftsbibliothek befand sich im Reisegepäck jener zwölf Kaisheimer Mönche, die als erste Bewohner in das 1273 gegründete Kloster einzogen. Es handelte sich vorwiegend um liturgische Werke und Texte für den Klosteralltag. Aus der Zeit um 1295 ist eine Bücherliste (Innsbruck, ULB Tirol, Cod. 271, Bl. 1v–2r) erhalten, die rund 150 an einzelne Stiftsangehörige entlehnte Werke anführt. Ein Bibliothekskatalog von 1341 (Stams, Stiftsbibliothek, Cod. 28, Bl. 60r–61v) – im Tiroler Raum der einzige aus dem Mittelalter erhaltene – verzeichnet bereits 230 Titel.

Als unter Abt Heinrich III. Grussit im 14. Jahrhundert im Stift eine Schule eingerichtet wurde, konnte man schon auf einen ansehnlichen Buchbestand zurückgreifen. Zudem erwarben Stamser Patres Bücher an ihren Studienorten Paris, Heidelberg, Ingolstadt, Dillingen und Wien. Bücherschenkungen von Weltgeistlichen vermehrten die Sammlung. Für eine kontinuierliche Erweiterung des Bibliotheksbestandes sorgten im 15. Jahrhundert auch die Äbte Georg Ried und Bernhard Welsch.

Im 16. Jahrhundert erlitt die Bibliothek erhebliche Verluste durch Plünderungen im Zuge des Bauernaufstandes (1525) und des Schmalkaldischen Krieges (1552). Eine Neuordnung des Bestandes im Zuge der Neugestaltung der Bibliothek ließ 1606 Abt Melchior Jäger (1601–1615) vornehmen. 1766 wurde die Konventsbibliothek mit der Abtsbibliothek vereinigt. Katalogerstellungen und -bearbeitungen sind uns u. a. von P. Wolfgang Lebersorg (1606; Stams, Stiftsarchiv, Cod. 296/Hs F 8) und P. Kassian Primisser (1759; nicht erhalten) bekannt.

In der Zeit der Zugehörigkeit Tirols zu Bayern (1806–1814) wurde 1807 auch das Zisterzienserstift Stams zwischenzeitlich aufgehoben. Durch die Bayerische Verwaltung wurden jene Bücher ausgewählt, die aufgrund ihres Wertes oder ihrer Verwendbarkeit für den universitären Studienbetrieb als interessant erachtet wurden. Sie sind im sogenannten „Übergabekatalog“ von 1808 (Innsbruck, ULB Tirol, Cod. 1001) verzeichnet. Aufgrund von Transportproblemen wurde tatsächlich nur ein Teil der Stamser Bibliothek nach Innsbruck überstellt, neben den etwa 300 Handschriften auch Inkunabeln und einige Drucke aus späterer Zeit. Die in Stams verbliebenen Bestände, vor allem Druckschriften, konnten vor einer weiteren Zerstreuung und Vernichtung gerettet werden. Sie überdauerten dort die Zeit bis zur Wiederherstellung des Stiftes 1816. Auf eine Rückstellung der abgetretenen Bücher, wie sie bei anderen Klöstern zumindest teilweise erfolgte, wurde 1819 seitens des Stiftes ausdrücklich verzichtet. So bilden die Codices Stamser Provenienz heute den gewichtigsten Teil der Handschriftensammlung der ULB Tirol.

Vgl. Wilhelm Kundratitz, Stams – Bibliothek des Zisterzienserstiftes, in: Bernhard Fabian (Hrsg.), Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Hildesheim 2003, 171–176.

Online-Recherche zu den Handschriften in der Stamser Stiftsbibliothek sowie an der ULB Tirol und Komplementärbeständen in anderen Bibliotheken

Handschriften-Mikroverfilmung Hill Museum & Monastic Library

Handschriftencensus

Wasserzeichen in mittelalterlichen Handschriften

Handschriftliche Fragmente

Literatur zu (ehemaligen) Stamser Handschriftenbeständen

Online-Kurzinventar der illuminierten Handschriften bis 1600 in der Bibliothek des Zisterzienserstiftes Stams in Tirol, Version 1 (Mai 2010) von Martin Roland mit Beiträgen von Maria Theisen und Lilian Armstrong (konzeptuelle Gestaltung und technische Umsetzung Armand Tif)

Hermann Julius Hermann, Die Illuminierten Handschriften in Tirol (Beschreibendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich 1). Leipzig 1905.

Adolph von Harnack, Verzeichniss der Handschriften der Bibliothek des Stiftes Stams, in: Die Handschriften-Verzeichnisse der Cistercienser-Stifte, Bd. 2 (Xenia Bernardina II,2). Wien 1891, 463-479.

Maurus Grebenc, Zisterzienserstift Stams, Handschriftenverzeichnis (maschinschriftlich). [Stams] 1966.

Walter Neuhauser (Leitung), Katalog der Handschriften der Universitätsbibliothek Innsbruck, Teil 1–10 (Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse, Denkschriften 192, 214, 271, 327, 365, 375, 414, 456, 479, 489 = Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters II,4,1–10). Wien 1987–2017.

Handbuch der Historischen Buchbestände

Inkunabeln der Stamser Stiftsbibliothek

Inkunabeln mit Stamser Provenienz an der ULB Tirol

Digitalisate zu (ehemaligen) Stamser Handschriftenbeständen und Inkunabeln verfügbar über Digitale Bibliothek der Universität Innsbruck sowie über manuscripta.at

Drucke der Stamser Stiftsbibliothek im Katalog der Ordensbibliotheken (KOBi)

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