Manfred Kienpointner
Die Kunst der Rede
(07.08.2020)
Manfred Kienpointner gehört nicht zu jener Sorte Wissenschaftler, die im sprichwörtlichen Elfenbeinturm verharren, im Gegenteil. Der Linguist, der seit 1996 als Professor für allgemeine und angewandte Sprachwissenschaft an der Universität Innsbruck lehrt, vertritt die Ansicht, dass man gerade als Intellektueller seine Stimme erheben, sich soziopolitisch engagieren und im Rahmen seiner Möglichkeiten zu einer Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse beitragen sollte. „Wenn wir schon das Privileg genießen, von der Allgemeinheit finanziert zu werden, um uns bestimmten Inhalten widmen zu können, dann haben wir auch die Verpflichtung, ihr etwas zurückzugeben, zumindest im weitesten Sinn“, meint Kienpointner dazu. Es sei zwar nicht einfach, er selbst versuche aber etwa, mit seiner Forschung „so nahe wie möglich an der Gesellschaft zu bleiben“.
Gesellschaftliches Engagement
Einer der größten Schwerpunkte in seiner Tätigkeit als Sprachwissenschaftler ist politische Rhetorik – ein Gegenstand, der in Zeiten zunehmender populistischer Tendenzen und alternativer Fakten stark an Bedeutung gewonnen hat. Unter anderem arbeitet Kienpointner, nunmehr seit fast einer Dekade, an einem Werk zum Freiheitsbegriff. „Im Rahmen dieses Projekts möchte ich zwei Dutzend sogenannte Freiheitsreden von der Antike bis zur Gegenwart, von Demosthenes bis hin zu Malala Yousafzai, analysieren und damit zeigen, dass Freiheit ein fundamentaler Wert ist, für den man eintreten muss“, erläutert der Innsbrucker. „Das ist ein Thema, das auch heute noch gesellschaftliche Relevanz hat.“ Abgesehen von derartigen Bemühungen, linguistische Analysen mit soziopolitischen Problemstellungen zu verbinden, engagiert sich Kienpointner auch bei diversen NGOs, wobei er in vielen Fällen auf seine Kenntnisse als Sprachexperte zurückgreifen kann. Für Amnesty International hat er beispielsweise bereits über 500 Briefe zu verschiedenen Zwecken aufgesetzt – auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch.
Was Interessantes und ein Brotberuf
Dass er überhaupt zur Linguistik gefunden hat, verdankt der heute 65-Jährige bis zu einem gewissen Grad seinem Bruder, der ihm damals, als es darum ging, sich für ein Studium zu entscheiden, einen entsprechenden Wink gab. „Ich wusste lange nicht, was ich studieren soll“, erläutert Kienpointner. „Mein Bruder meinte dann, wähl doch für Sprachwissenschaft, da macht man was Interessantes, und nimm klassische Philologie auf Lehramt dazu, als Brotberuf. Und ich habe auf ihn gehört.“ Im Laufe des Studiums habe der Innsbrucker jedoch schnell gemerkt, dass klassische und alte indoeuropäische Sprachen ihn weniger interessierten als lebende, weswegen er sich schließlich auf Letzteres spezialisiert habe. Eine Affinität zur Materie sei bei ihm jedenfalls schon in jungen Jahren festzustellen gewesen, erzählt der Linguist: Als Schüler seien ihm Sprachfächer, anders als Naturwissenschaften oder Mathematik, etwa immer relativ leicht gefallen. „Aber interessanterweise war es nicht so, dass sich daraus mal ein Berufswunsch ergeben hätte“, so Kienpointner.
Leidenschaft Garten
Tatsächlich hatte der nunmehrige Professor als Kind noch ganz andere Vorstellungen davon, welcher Beschäftigung er später mal nachgehen wollte – sein Traum war es nämlich, Gärtner zu werden. „Das ist wohl familiär bedingt: Meine Vorfahren väterlicherseits waren jahrhundertelang als Bauern tätig, und ich glaube, das schlägt auch bei mir durch“, erklärt Kienpointner, der in einem großen Garten in Innsbruck verschiedenstes Gemüse und Obst sowie Kräuter anpflanzt. Dabei setzt er ausschließlich auf biologische Mittel und lässt auch Tieren, die von den Pflanzen angezogen werden, viel Raum. „Vom Frühjahr bis Herbst habe ich ganze Wolken von Bienen im Garten, auf meiner Terrasse lebt eine Eidechsenfamilie, und letzten Sommer habe ich einen Igel entdeckt, der sich bei mir verstecken kann“, berichtet der Sprachwissenschaftler. „Wenn man nicht davon leben muss, kann man es sich auch leisten, dass diverse Lebewesen mitessen. Das ist eine großartige Sache.“
(Autor: Simon Leitner)
Steckbrief
Name
Univ.-Prof. Mag. Dr. Manfred Kienpointner
Funktion
Professor für allgemeine und angewandte Sprachwissenschaft
An der Uni seit
1981
Wohnort
Innsbruck
Herkunft
Innsbruck