Ulrike Töchterle

Wissen zum Anfassen

(26.06.2024)

Mit ihren Händen zu arbeiten war Ulrike Töchterle nie fremd. Aufgewachsen im Pustertal gehörte das Mitarbeiten zuhause schon immer mit dazu, und auch der Umgang mit Werkzeug: „Mein erstes Beil habe ich mit sieben bekommen”, lacht die stellvertretende Institutsleiterin am Institut für Archäologie. „Das würde heute vermutlich nicht mehr passieren.” So begleitet sie Handwerk in allen seinen Formen und die damit einhergehende Faszination seit jeher. Das manifestiert sich in ihrer akademischen Karriere – aber auch in ihrem privaten Leben.

Experimentell

„Ich bin einfach zu neugierig darauf, wie Dinge funktionieren, funktioniert haben und funktionieren können“, erklärt Töchterle. „Um das alles auszuprobieren, reicht der Arbeitstag nicht.“ Das führt dazu, dass sie privat viel Zeit damit verbringt, die Handwerks-Techniken, die sie beruflich erforscht, zu lernen und bis zu einem gewissen Grad zu perfektionieren. Denn etwas nur einmal versucht zu haben, genügt ihr in der Regel nicht: „Wenn ich etwas verstehe, will ich es auch ordentlich beherrschen.“

Stoffe, Nadeln und Keramik

So kommt es des Öfteren vor, dass ihr Küchentisch zu Hause von einer Töpferscheibe in Beschlag genommen wird. Daheim in Südtirol steht sogar ein Webstuhl. Und so näht Töchterle, färbt Gewebe mit natürlichen Farbstoffen und brennt Keramiken selbst – sowohl nach historischem Vorbild als auch moderne Stücke. Nicht zuletzt die japanische Raku-Technik hat es ihr angetan. Dabei ist gerade Keramik etwas Besonderes, wie sie beschreibt: „Man macht sich zuerst viele Gedanken über ein Stück und steckt enorm viel Arbeit hinein. Aber dann muss man es aus der Hand geben und beim Brennen hoffen, dass man alles richtig gemacht und den richtigen Zeitpunkt erwischt hat – oder der ganze Aufwand war umsonst.“

Alte und neue Klänge

Passend zum traditionellen Handwerk befasst sich Töchterle auch mit früher und alter Musik – unter anderem mit kaum mehr bekannten Instrumenten wie der Maultrommel. „Das ist im Aussterben begriffenes Wissen“, erklärt sie. „In Süd-, Nord- und Osttirol, Salzburg sowie in Bayern gibt es je vielleicht noch eine Handvoll Menschen, die das wirklich können. Und das finde ich sehr spannend und bewahrenswert.“ So gehört Musik mit Geschichte auch zu ihrem Freizeit-Repertoire, „wobei das dann eher die ‚schöne‘ Renaissance-Musik ist, die ich höre.“ Allerdings muss nicht alles alt sein. Jazz hat es ihr ebenso angetan – und auch auf dem einen oder anderen Metal-Konzert lässt sie sich gerne blicken, von Amorphis bis zu Slayer – „zumindest früher“, erinnert sie sich zurück. „Seit es den Hafen nicht mehr gibt, ist in Innsbruck, was das angeht, leider nicht mehr viel geboten.“

Moderne Unterhaltung

Abgesehen davon ist die Zeit, um wirklich abzuschalten neben den vielen eng mit dem Beruf verflochtenen Hobbies, eher rar. Wenn, dann greift Töchterle zu Serie und nicht zuletzt zu Computerspielen. „Wobei ich da aufpassen muss. Da ist der Suchtfaktor ziemlich groß und die Zeit verfliegt“, weiß sie aus leidiger Erfahrung. Gespielt wird am PC: „Bei der neuen Konsolen-Generation habe ich nicht mehr mitgemacht. Da wollte ich dann keine Zeit und kein Geld mehr hineinstecken.“ Bei Serien fällt ihre Wahl vor allem auf Horror, Sci-Fi und Apokalyptisches. „Und auch alles rund um Zombies – wobei sich das mittlerweile ziemlich totgelaufen hat“, berichtet sie. Nur um historischen Stoff macht sie einen großen Bogen. „Da würde ich mich nur ärgern.“

Andere Kulturen

Auch wenn Töchterles Forschungsinteresse der Ur- und Frühgeschichte im alpinen Raum gewidmet ist, schaut sie auf Reisen gerne über den Tellerrand. „Urlaub“ macht sie dabei allerdings nicht, wie sie betont. „Ich verreise. Urlaub machen kann ich daheim am Balkon. Wenn ich woanders bin, will ich auch Dinge sehen und erleben.“ So ist sie in Skandinavien ebenso unterwegs wie im Oman. „Wüsten haben es mir besonders angetan. Aber auch in Europa gibt es viel zu sehen.“ Eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn würde noch ganz oben auf ihrer Liste stehen – „mal schauen, ob das irgendwann wieder möglich sein wird“, meint sie. Doch bis dahin wird ihr nicht langweilig. Denn es gibt auch handwerklich noch genügend zu entdecken, auszuprobieren und zu lernen: „Mit Waid, einer alten Heilpflanze zu färben, möchte ich auf jeden Fall einmal versuchen“, sagt sie. „Und irgendwann nähe ich mir auch meine eigene Tracht – natürlich eine Pustertaler.“

(Autor: Daniel Feichtner)

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Steckbrief

Porträt von Ulrike Töchterle

Name

Ulrike Töchterle

Funktion

Stellvertretende Institutsleitung am Institut für Archäologie, Leiterin der Restaurierungswerkstatt

An der Uni seit

2007

Wohnort

Innsbruck

Herkunft

St. Lorenzen, Südtirol

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