o. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Eccher: Ein Wort des Abschieds

anlässlich des akademischen Festaktes zur Verabschiedung von Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren sowie von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, am Donnerstag, den 15. Dezember 2016

 

Bernhard Eccher

Sehr geehrter Herr Rektor, lieber Tilmann, liebe mit mir geehrte und verabschiedete Kollegen und Kolleginnen, sehr geehrte Anwesende!

„Der Knacks, das ist der Moment, in dem das Leben die Richtung wechselt und nicht mehr ist wie zuvor.“ Dieser Satz über das Buch von Roger Willemsen, eben mit dem Titel „Der Knacks“, ist mir untergekommen, als ich über die von mir bei der heutigen Feier erbetenen Worte des Abschieds nachzudenken begann. Tatsächlich habe ich die Tatsache  meiner eigenen Pensionierung als einen solchen Wendepunkt empfunden, der einen spürbaren Knacks in meinem Lebensablauf erzeugt und Reflexion und Orientierung verlangt, ja, um beim Wort zu bleiben, wie eine Nuss zu knacken ist. Nun denke ich, dass dieses Erleben nicht nur mein persönliches ist, sondern uns heute geehrten verabschiedeten Personen in mehr oder weniger ähnlicher Weise trifft, sodass ich mit diesem Ansatz auch meiner Rolle als gemeinsamer Sprecher gerecht werde.

Es fällt ja schon auf, wie häufig und bei wie vielen Anlässen man gefragt wird: „Wann wirst du bzw. wann werden Sie in Pension gehen?“, „Bist du bzw. sind Sie schon in Pension?“, „Wie geht es dir, wie geht es Ihnen nun in der Pension?“ Die Häufigkeit dieser Fragen zeigt nicht nur das Interesse der Fragenden an der Person des Befragten, sondern wohl auch deren eigene Betroffenheit von dieser Tatsache, die sie noch vor sich sehen oder schon hinter sich haben. Sie bewegt uns in Wahrheit alle, diese Frage, sie bewegt uns auch ohne formalen Arbeitsplatzbezug, weil sie in allgemeinerer Weise die Frage nach dem letzten Lebensabschnitt ist.

Die Frage war ja auch immer da, schon als Kind ist sie aufgetaucht, wenngleich als etwas unglaublich Fernes, so wie Marie von Ebner-Eschenbach einmal schrieb: „Dass alles vergeht, weiß man schon in der Jugend, aber wie schnell alles vergeht, erfährt man erst im Alter.“ An die Pension denkt man schon konkreter Lebens- und Berufswahl und den Überlegungen zur Sicherung der eigenen Existenz und Zukunft. Und jetzt ist sie da, diese Frage, ganz deutlich und unaufhaltsam, sie kristallisiert sich gewissermaßen im Zeitpunkt der Pensionierung und schlägt eine klar überschaubare Brücke zu den vergangenen und kommenden Großereignissen des eigenen Lebenslaufes. Der berufliche und familiäre Werdegang, die großen Weichenstellungen, die man treffen wollte oder musste, liegen klarer vor uns als im gewohnten Alltag. Also schon eine ernste und existenzielle Angelegenheit, die sich mit dem Hinweis auf mehr Freizeit, Zeit für Hobbys, verbleibenden und neuen beruflichen, familiären und sozialen Möglichkeiten usw. nicht so einfach abtun lässt, weil wir uns mehr als üblicherweise mit dem Grund und Sinn des Lebens konfrontiert sehen.

Und an diesem Punkt tauchen Rituale auf, Rituale zu den Lebensübergängen. Nach einer gängigen Definition ist ein Ritual (von lateinisch ritualis‚ den Ritus betreffend) eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt. So ist zweifellos auch der heutige Akademische Festakt ein Ritual, wie viele andere Veranstaltungen, die die Universität völlig zu Recht und dankenswerterweise organisiert, wie Begrüßungen, Inaugurationen, Preisverleihungen, Ehrungen usw.

Das Ritual presst gewissermaßen den tieferen Anlass in strenge und gleichbleibende Formen, es macht ihn damit für den Betroffenen leichter, vor allem im Beisein gleich Betroffener, für andere sichtbar und miterlebbar. Und so muss auch nach einem intensiven und befriedigenden Arbeitsleben nicht unbedingt gelten, was Friedrich Schiller sagte: „Der Abschied von einer langen und wichtigen Arbeit ist immer mehr traurig als erfreulich“,  es können auch Hermann Hesses Worte gelten „Wir sollen heiter Raum und Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen“ und weiter „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben“.

So habe ich also im Namen von uns heute Geehrten sehr für diesen heutigen Festakt zu danken, dem Rektor unserer Leopold-Franzens-Universität, den Dekanen für die laudationes, für mich Dekan Christian Markl für seine schönen und anerkennenden Worte, der Musik, allen Organisatoren und allen Anwesenden für Ihr Dabeisein.

Aber selbst diese kurzen Abschiedsworte sind im Grunde ein Ritual und ritualisieren einen tieferliegenden Dank, den Dank für die großartige Arbeits- und Entfaltungsmöglichkeit an einer Stätte der wissenschaftlichen Lehre und Forschung, den Dank für die prägenden eigenen Lehrer und die Menschen, mit denen man als Kollege und Mitarbeiter zusammenarbeiten durfte, den Dank für die Möglichkeit, eigenes Wissen an Studierende weitergeben, und auch den  Dank für die Möglichkeit der Ausübung von Funktionen  an dieser Universität!

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