Zur Geschichte des Strahlenforschungslaboratoriums auf dem Hafelekar bei Innsbruck in 2300 m Höhe

R. Steinmaurer in:
Beiträge zur Technikgeschichte Tirols, Heft 8, 1978

Vor einigen Monaten wurde eine neue, moderne Apparatur zur Beobachtung und Registrierung der Kosmischen Strahlung im Strahlungsforschungslaboratorium auf dem Hafelekar bei Innsbruck in Betrieb genommen. Aus diesem Anlaß sei ein kleiner Rückblick auf die Entstehung und Entwicklung dieses Labors gegeben.

Victor Franz Hess vor der Messtation Hafelekar

Victor Franz Hess vor der Messstation Hafelekar

Das Labor wurde im Jahre 1931 von Viktor Franz Hess, damals Professor für Physik an der Universität Innsbruck, gegründet mit dem Ziel der Erforschung der Kosmischen Strahlung, die ja von Hess schon 1912 bei Ballonfahrten entdeckt wurde, aber auch 20 Jahre nach ihrer Entdeckung noch recht rätselvoll war. An der Strahlung war vor allem das große Durchdringungsvermögen aufgefallen. Aus der beträchtlichen Zunahme ihrer Stärke mit der Höhe schloß Hess, daß sie nicht in der Erde oder Atmosphäre ihren Ursprung habe, sondern aus dem Kosmos stamme. Aber über ihre Natur, über ihre Entstehung, über den Ort ihrer Entstehung im Kosmos gab es nur vage Vermutungen.

So ließ Hess bald nach seiner Entdeckung, im Jahre 1913, seine Meßgeräte auf den Hochobir in Kärnten auf 2040 m Höhe schaffen und veranlassen, daß in der dortigen meteorologischen Station laufend Strahlungsmessungen ausgeführt wurden. Er hatte auch schon den Plan, Fachkollegen in anderen Ländern für eine weltweite Erforschung der Strahlung zu gewinnen. Aber der Beginn des ersten Weltkrieges setzte all diesen Unternehmungen ein Ende, und Hess' Entdeckung geriet fast in Vergessenheit. In der Kriegs- und Nachkriegszeit waren andere Probleme aktuell.

Erst zu Beginn der Zwanzigerjahre kamen deutsche und amerikanische Forscher (unter letzteren Millikan, bekannt als Nobelpreisträger für die Bestimmung des elektrischen Elementarquantums) auf Hess' Entdeckung zurück. Inzwischen waren die Strahlungsmeßgeräte wesentlich verbessert, die Kenntnisse über Strahlung im allgemeinen vertieft und die Quantentheorie, Relativitätstheorie und Elektronik waren Allgemeingut der Physiker geworden, sodaß gute Aussicht bestand, das Wesen der vor 10 Jahren entdeckten neuen Strahlung zu ergründen. Aber es dauerte noch weitere 10 Jahre, bis es so weit war. Und restlos geklärt erscheint der Ursprung der Strahlung auch heute noch nicht. Man hielt die Strahlung damals für eine sehr harte Gamma-Strahlung, härter, durchdringender als die der bekannten radioaktiven Stoffe und man nannte sie daher Ultra-Gamma-Strahlung oder auch Höhenstrahlung, da sie aus der Höhe kommt. Letzterer Name wird auch noch manchmal verwendet, international wird sie aber Kosmische Strahlung genannt. Heute weiß man, daß die aus dem Weltraum kommende Strahlung als die primäre Kosmische Strahlung, zum größten Teil aus Wasserstoffkernen (Protonen) besteht, die aber milliardenfach höhere Energie besitzen als jene, die mit den stärksten Teilchenbeschleunigern, z.B. bei CERN, heute künstlich erzeugt werden können. Die bis zur Erdoberfläche gelangende Strahlung ist aber ganz anderer, viel komplexerer Natur, denn die Wasserstoffkerne der Primärstrahlung treffen beim Eintritt in die Atmosphäre auf Luftteilchen, zertrümmern deren Kerne, und so entsteht ein Hagel aus einer Vielzahl verschiedener energiereicher Elementarteilchen.

Inzwischen war Hess, der sich Anfang der Zwanzigerjahre in den Vereinigten Staaten aufgehalten hatte, wieder an seine Lehrkanzel an der Grazer Universität zurückgekehrt und er setzte sich vor allem die Erforschung der von ihm entdeckten Strahlung zur Aufgabe. Durch Beobachtung der Strahlungsintensität nach Sonnen- oder Sternenzeit wollte er Aufschluß über den Herkunftsort der Strahlung erhalten, ob sie von der Sonne oder von bestimmten Orten am Fixsternhimmel ausgehe.

Als Aufstellungsort für die Apparatur kam natürlich nur eine möglichst hoch gelegene Station in Frage. Das Meßgerät war eine einfache Ionisationskammer, mit einem Volumen von 4 l, luftgefüllt, angeschlossen war ein empfindliches Elektrometer. Damit organisierte Hess 1927 eine erste Beobachtungsserie auf dem 3100 m hohen Sonnblick in den Hohen Tauern. Dabei galt es, einige Schwierigkeiten zu überwinden, denn damals gab es noch keine mechanischen Beförderungshilfen. Von der Bahnstation Taxenbach mußten die Geräte, das Gepäck, einschließlich 720 kg Eisenmaterial als Panzerung (zur Abschirmung der radioaktiven Umgebungsstrahlung, die einen Störpegel bildet), mit einem Pferdefuhrwerk nach Kolm Saigurn und von dort durch Träger auf das Zittelhaus geschafft werden. Die Messungen wurden von Hess' Mitarbeitern Mathias, Steinmaurer und Reitz in den Sommern 1928 und 1929 durchgeführt. Drei Ionisationskammern waren in der etwas unterhalb des Zittelhauses gelegenen sogenannten Pendelkammer (in der seinerzeit gravimetrische Messungen ausgeführt wurden) aufgestellt. Die Strahlungsintensität wurde zwar photographisch registriert, aber die Apparate mußten alle vier Stunden neu aufgeladen werden, was einen Dienst rund um die Uhr erforderte. Die Beobachtungen wurden dann vom Wetterwart des Observatoriums, Leonhard Winkler, mit einigen Unterbrechungen bis 1931 fortgeführt. Die erforderlichen Geldmittel hatten die Österreichische Akademie der Wissenschaften und der "Sonnblickverein" beigestellt.

Für die Aufstellung umfangreicherer Apparaturen, wie sie für weitere Studien erfordelich waren, war aber der Sonnblick nicht geeignet. Günstiger gelegen und leichter zugänglich wäre das Zugspitz-Observatorium gewesen. Doch da bot sich durch die inzwischen erbaute Nordkettenbahn das 2300 m hohe Hafelekar als bestgeeigneter, auf österreichischem Boden gelegener Platz für die Errichtung einer Beobachtungsstation an. Hinzu kam, daß Hess 1931 einen Ruf an das neu errichtete Institut für Strahlenforschung an der Universität Innsbruck erhalten hatte.

Man dachte zuerst an die Errichtung eines eigenen Gebäudes, in dem auch ein meteorologisches, allenfalls ein kleines astronomisches Observatorium und Räume für diverse alpine Forschungen untergebracht werden könnte. Da aber für dieses große Projekt die Mittel fehlten, wurde von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, im damaligen Unterkunftshaus Hafelekar, einem soliden Holzbau, einer ehemaligen Baubaracke, einen von der Nordkettenbahn entgegenkommenderweise überlassenen, allerdings nur 4,5*4,5 m großen Raum als Labor einzurichten. Die Hütte lag unmittelbar am Kamm, so daß dank ihrer freien Lage eine Abschirmung einfallender Strahlung durch überragende Berge kaum zu befürchten war.

Für die Aufstellung der Apparatur wurden zwei Betonsockel errichtet, die Wände waren wärmeisoliert und der Raum mit einer elektrischen Heizung ausgestattet, durch die er temperaturkonstant gehalten werden konnte. Wasser allerdings mußte im Winter - und das ist auch heute noch so - von der nahegelegenen Bergstation der Nordkettenbahn geholt werden.

Durch finanzielle Unterstützung seitens der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, der österreichisch-deutschen Wissenschaftshilfe und der preußischen Akademie der Wissenschaft in Berlin wurde es Hess möglich, für das neue Observatorium auch neue, moderne Apparate anzuschaffen. Gewählt wurde ein von Steinke in Königsberg entwickeltes Gerät. Dies besteht im wesentlichen aus einer 22,6 l fassenden, mit Kohlendioxid von 10 bar Überdruck gefüllten, zylindrischen Ionisationskammer. Unter dem Einfluß der Kosmischen Strahlung wird das Gerät elektrisch leitend, ionisiert; die erzeugte Ladung wird elektrostatisch gemessen. Je höher die Intensität der Strahlung, desto größer ist die erzeugte Ionenmenge und desto höher der Ausschlag des angeschlossenen Elektrometers, der photographisch registriert wird.

Aber nicht nur die Kosmische Strahlung, auch die Strahlung der überall vorhandenen radioaktiven Spurenelemente wirkt ionisierend und dadurch würde der von der Kosmischen Strahlung herrührende Meßeffekt überdeckt. Diese Umgebungsstrahlung muß daher, wie schon früher erwähnt, abgeschirmt werden. Dazu wurde die Ionsiationskammer allseitig mit einem Panzer von 10 cm dicken Bleiblöcken umgeben. Das Gewicht dieser Bleimasse betrug ca. 1,5 t.

Die Apparatur wurde Ende August 1931 in Betrieb genommen. Sie muß 2mal wöchentlich gewartet werden. In den ersten Jahren oblag dies den Assistenten Dr. Steinmaurer und Dr. Priebsch. Wenn die Nordkettenbahn zwecks Vornahme von Revisionsarbeiten ihren Betrieb eingestellt hatte, mußte der Weg oft zu Fuß gemacht werden, und auch im Winter bei starken Schneeverwehungen, war es oft nicht ganz leicht, von der Bergstation zu den Apparaten zu gelangen.

Bald konnten die ersten Ergebnisse veröffentlicht werden: Ein ausgeprägter sternzeitlicher Gang, der auf bestimmte Stellen im Fixsternhimmel als Ursprungsort der Strahlung hingewiesen hätte, wurde nicht gefunden, wohl aber eine ausgesprochene Erhöhung der Intensität um etwa 0,5% in den Mittagsstunden festgestellt, wobei aber die Frage offen blieb, ob diese tatsächlich auf einen wenigstens teilweise solaren Ursprung der Kosmischen Strahlung hinweist oder ob sie durch atmosphärische Einflüsse, die mit der Sonnenstrahlung in Zusammenhang stehen, bewirkt wird. Neben diesen regelmäßig wiederkehrenden täglichen Schwankungen zeigte die Strahlung aber auch noch stärkere Änderungen mit der Jahreszeit und daneben noch ganz unregelmäßige Schwankungen, deren Ursachen noch zu ergründen waren.

Im Jahre 1933 konnte dank einer amerikanischen Spende die Forschungsstation erweitert werden. Drei Räume des von Touristen nur mehr selten in Anspruch genommenen Unterkunftshauses wurden in das Labor einbezogen und weitere Instrumente angeschafft. Nun war es möglich, auch die zur Zeit allerneuesten Methoden der Strahlungsforschung anzuwenden, denn inzwischen war man der Natur der Kosmischen Strahlung näher gekommen, hatte ihre komplexe Zusammensetzung erkannt und gefunden, daß sie vorwiegend aus geladenen Teilchen besteht, für deren Nachweis sich das vor kurzem von Geiger und Müller entwickelte Zählrohr bestens eignete.

Bald wurde auch im Hafelekar-Labor eine von Dr. Priebsch begaute Geiger'sche Zählrohrapparatur eingesetzt, vornehmlich zum Studium der Vorgänge, die sich beim Auftreffen kosmischer Strahlungsteilchen auf Materie abspielen. Schlüsse über Energie, Durchdringungsvermögen und Wechselwirkung der Strahlung mit Materie - meist wurde Eisen und Blei verwendet - konnten daraus gezogen werden. Strahlen geladener Teilchen können aber nicht nur mit dem Zählrohr, sondern auch mit der bereits im Jahre 1912 erfundenen Nebelkammer nachgewiesen werden. Es war allerdings nur eine kleine, handbediente Kammer, die mit den heute bei CERN und bei anderen kernphysikalischen Labors betriebenen kubikmetergroßen Kammern wohl nur das Prinzip gemeinsam hatte.

Immerhin war die Kammer, um positiv und negativ geladenen Teilchen unterscheiden zu können, mit einem Magnetfeld ausgestattet, zu dessen Erzeugung ein eigenes Umformaggregat aufgestellt wurde. Die Nebelspuren der Teilchen wurden photographiert und neben zahlreichen Elektronenbahnen auch Spuren schwerer Teilchen gefunden.

Neben dem Zählrohr und der Nebelkammer fand Mitte der 30-er Jahre auch die photographische Nachweismethode für geladene Teilchenstrahlen mittels sogenannter Kernspurplatten in die Strahlenforschung Eingang. Das Verfahren war schon lange bekannt, wurde doch 1896 durch die Schwärzung einer Photoplatte die radioaktive Strahlung an Pechblende entdeckt. Die Methode ist im Prinzip sehr einfach. Spezialplatten mit besonders dick gegossener Schicht werden lichtgeschützt, länger oder kürzer, je nach Strahlungsstärke, exponiert. Auf der entwickelten Platte erscheinen die Teilchenbahnen als perlenschnurartige Folgen von schwarzen Punkten. Wiener Physiker (Prof. Stetter und die Dozentinnen Blau und Wambacher) sandten uns solche Platten, die wir unter verschiedenen Bedingungen auf dem Kar durch mehrere Wochen beließen. Die in Wien dann entwickelten, durchmusterten und analysierten Platten brachten eine große Überraschung. Es zeigten sich zwei Gruppen von Bahnspuren: Neben langen Spuren, die man Protonen von bisher nie beobachteter Energie zuordnen konnte, wurden kürzere Spuren entdeckt, die von einem Zentrum sternförmig Ausgang nahmen. Diese "Sterne" stellten sich als eine bedeutsame Entdeckung dar, denn es handelte sich hier um den ersten Nachweis eines echten Atomkernzertrümmerungsprozesses, um die photographierte Zerlegung eines - wahrscheinlich - Silberkernes durch ein auf ihn aufgepralltes kosmisches Strahlungsteilchen. Diese von Frau Doz. Blau 1937 gemachte Entdeckung war eine wesentliche Etappe in der Entwicklung der Kernphysik. Ein Jahr darauf entdeckten Hahn und Strassmann die Kernspaltung von Uran durch Neutronen.

Bald, nachdem die Natur der Strahlung erkannt war, war auch die Frage nach einer eventuellen biologischen Wirkung aufgetaucht, die der ständige Hagel energiereicher Teilchen und harter Strahlung verursachen könnte. Dies zu untersuchen, stellte sich der Schweizer Arzt und Forscher Dr. Eugster zur Aufgabe. Neben den Strahlungsapparaten wurden im Labor nun Käfige mit Kaninchen, Gläser mit Taufliegen, Keimschalen mit Samen und Bakterienkulturen aufgestellt. Kontrollen waren im Haller Salzbergwerk untergebracht, wo sie hinter hunderten Metern Gestein der Kosmischen Strahlung entzogen waren. Als Ergebnis dieser Versuche, die, 1934 begonnen, sich teilweise über 3 Jahre erstreckten, zeigte sich eine leicht hemmende Wirkung der Strahlung auf das Wachstum, die sich aber nicht auf die folgende Generation vererbte.Einzelheiten hat Eugster in seinem Buch "Die Weltraumstrahlung und ihre biologischen Wirkungen" mitgeteilt.

Mitte der 30-Jahre herrschte Hochbetrieb im Labor. Neben all den geschilderten Aufgaben, die sich mit den zeitlichen Variationen der Strahlung, ihrer Zusammensetzung und ihrer Wechselwirkung mit der Materie und ihren biologischen Wirkungen beschäftigte, liefen auch Untersuchungen, die, nicht unmittelbar mit der Strahlenforschung in Beziehung stehend, das Studium der freien Atmosphäre in 2300 m Höhe zum Ziel hatten. Das Labor diente als Stützpunkt, zu dem die Beobachter mit ihren Geräten mittels der Seilbahn jederzeit bequem gelangen konnten. So wurde der Gehalt der Freiluft an Radon, an Staubteilchen, an Kondensationskernen, an großen und kleinen Ionen bei verschiedenen Wetterlagen untersucht. Auch über ultraviolette Strahlung wurde gearbeitet, luftelektrische Messungen wurden ausgeführt, das Potentialgefälle in der Luft über dem Boden bei ruhigen und bei gewittrigen Wetterlagen registriert. Fast alle diese Arbeiten gehen auf Anregungen von Prof. Hess zurück und wurden von seinen Mitarbeitern und Dissertanten, z. T. aber auch von auswärtigen Gästen ausgeführt.

Daneben liefen auch die Registrierungen der zeitlichen Veränderungen der Strahlung weiter. Es war möglich, zwei neue Steinke-Ionisationskammer-Apparaturen anzuschaffen, von denen eine in Innsbruck zwecks Parallelbeobachtungen, die andere auf dem Hafelekar aufgestellt wurde, letztere jedoch ohne Abschirmung, um auch die zeitlichen Variationen der weniger durchdringenden, weicheren Strahlung neben der durchdringenden, härteren verfolgen zu können.

So lag 1936 nun schon ein reiches, mehrjähriges Beobachtungsmaterial vor, aus dem wichtige Schlüsse gezogen werden konnten. Neben dem schon lange bekannten Einfluß des Luftdruckes, dessentwegen alle Beobachtungen auf einen bestimmten Barometerstand reduziert werden mußten, konnte der vermutete Einfluß der Temperatur auf die Intensität der Strahlung bestätigt werden. Auch der tägliche Gang nach Sonnenzeit wurde bestätigt, ebenso die stark ausgeprägten Veränderungen der Strahlung mit der Jahreszeit und das Fehlen eines Ganges nach der Sternzeit. Gesichert erschien ein Zusammenhang der Strahlung und erdmagnetischem Feld, der besonders deutlich bei magnetischen Störungen hervortrat. Das Material wurde auch auf eine Beziehung zwischen Strahlung und Aktivität der Sonne hin analysiert.

All das waren Beobachtungsergebnisse, die unter Anwendung statistischer Rechen-Methoden, ausgeführt mit primitiven Handrechenmaschinen, gewonnen worden waren. Natürlich mußte man versuchen, die Ursachen dieser komplex erscheinenden Zusammenhänge zu erkunden. Aber es konnte damals nur bei Deutungsversuchen bleiben, denn alle diese Effekte mußten - da ja die Strahlung von außen kommt - ihre Ursachen in den höchsten Atmosphärenschichten oder im extraterrestrischen Raum haben. Und diese Bereiche waren in den 30-er Jahren der Forschung noch unzugänglich. So konnte erst Jahre später z. B. der Temperatureffekt der Strahlung, Einzelheiten über den Sonnenwind und über dessen Einwirkung auf die Magnetosphäre der Erde und damit auf die Kosmischen Strahlen erkundet werden.

Als Hess im Jahr 1936 für seine im Jahre 1912 gemachte Entdeckung der Kosmischen Strahlung den Nobelpreis erhielt, war die Strahlenforschungsstation Hafelekar - so lautete ihr offizieller Name - bereits international bekannt. So mancher Physiker, der sich auf der Durchreise in Innsbruck aufhielt, besuchte das Labor in 2300 m, und so findet sich im Gästebuch des Labors manch illustrer Name.

Bald darauf folgte Hess einem Ruf an die Universität Graz. Aber schon im Sommer 1938 mußte er aus politischen Gründen Österreich verlassen, er begab sich nach den USA, wo er eine neue Wirkungsstätte fand. Aber es war sein ausdrücklicher Wunsch, daß das Hafelekar-Labor wie bisher weitergeführt wurde, und so übernahm Doz. Steinmaurer die Leitung.

Ionenzähler am Hafelekar

Ionenzähler am Hafelekar

Während der ganzen Dauer des Weltkrieges konnte im Labor fast ohne Unterbrechung gearbeitet werden. Der in den letzten Jahren wesentlich verbesserten Zählrohrtechnik konnte durch Anschaffung eines modernen Gerätes Rechnung getragen werden. Bei diesem waren 3 Zählrohre, je ca. 75 cm lang, in Linie übereinander angeordnet; der dazugehörige elektronische Verstärker war auf Koinzidenz geschaltet, d. h., er war so eingerichtet, daß nur jene Teilchen gezählt wurden, die alle 3 Rohre gleichzeitig durchsetzten. Durch Ausrichtung und Schwenkung dieses "Zählrohrteleskopes" konnten eventuell bevorzugte Einfallsrichtungen der Strahlung festgestellt werden.

Bei den starken magnetischen Stürmen im Jahr 1938, von denen der eine von einer prächtigen, bis in unsere Breiten sichtbaren Polarlichterscheinung begleitet war, zeigten die Meßgeräte einen starken Intensitätsabfall, der parallel ging mit dem Intensitätsabfall der Horizontalkomponente des erdmagnetischen Feldes. Ein solcher Effekt war schon früher, bei schwächeren magnetischen Stürmen, und auch von anderen Beobachtern festgestellt worden. (Er kann heute durch die Ablenkung der energieärmeren Primärstrahlungsteilchen durch Ströme magnetischen Plasmas, das von der Sonne ausgestrahlt wurde, erklärt werden). Nach einigen Stunden tritt eine Erholung ein, und die Strahlung zeigt wieder normale Werte.

Auch dem Fortschritt in der Nebelkammertechnik wurde Rechnung getragen. Das Institut für Radiumforschung an der Universität Wien stellte eine kleine Nebelkammer zur Verfügung, die im Gegensatz zur früher verwendeten "schnellen" Kammer eine wesentlich längere Empfindlichkeitszeit besitzt, so daß es mit dieser möglich war, Spuren aller jener Teilchen sichtbar zu machen, die im Verlauf einiger Stunden die Kammer durchsetzten. Auch der Bau einer größeren Kammer mit automatischer Auslösung wurde vorbereitet, doch konnte dieser erst viel später verwirklicht werden. Ziel aller dieser Nebelkammerversuche war es, neben den positiven und negativen Elektronen und Myonen schwere Teilchen und womöglich auch Spuren von Kernprozessen zu finden, wie sie schon auf photographischem Weg auf Kernspurplatten festgestellt worden waren.

Im Gegensatz zum Physikalischen Institut in der Schöpfstraße blieb das Strahlenforschungslaboratorium auf dem Hafelekar während des ganzen zweiten Weltkrieges unversehrt. In den letzten Kriegsmonaten wurden sogar wertvolle Geräte vom gefährdeten Institut in das sicherer erscheinende Kar-Labor gebracht. Nach Kriegsende wurde auch das Kar-Labor in die US-Zone nach Lofer verlegt, und als nach Wochen die Geräte wieder freigegeben wurden, war vieles beschädigt oder abhanden gekommen. An eine Wiederaufnahme des Betriebes war vorerst nicht zu denken. So erlitt die ab Herbst 1931 vorliegende, fast lückenlose Beobachtungsreihe der Stunden- und Tagesmittelwerte der Kosmischen Strahlung eine mehrjährige Unterbrechung.

Ionisationskammer mit Gammastrahlenkomponenten

Ionisationskammer mit Gammastrahlenkomponenten

Erst 1952 war es möglich, Ersatzteile zu beschaffen und vorerst mit einer Ionisationskammer den Betrieb wieder aufzunehmen. Doch bald darauf (1955) konnte auch eine zweite, gegenüber der ersten wesentlich verbesserte Apparatur aufgestellt werden. Das Ionisationsgefäß faßte 80 l Argon von 10 bar Überdruck und die an der Innenelektrode abgeschiedene Ladung wurde nicht durch eine influenzierte Gegenladung kompensiert, sondern durch eine in einer "Kompensationskammer" von einem schwachen Radiumpräparat erzeugten Ladung entgegengesetzten Vorzeichens. Auch diese Kammer war durch Eisen- und Bleiplatten und -Würfel von der Umgebung abgeschirmt.

Nun endlich - reichlich spät gegen "Konkurrenzunternehmen" anderer, wesentlich besser situierter, ausländischer Institute - konnte mit dem schon lange geplanten Bau einer automatischen Nebelkammer begonnen werden. Durch zwei in Koinzidenz geschaltete Zählrohre, eines ober- und eines unterhalb der Kammer, wurde erreicht, daß die Kammer nur dann ausgelöst wurde, wenn ein Teilchen diese durchsetzt hatte. "Leeraufnahmen" waren dadurch ausgeschlossen. Die Kammer wurde pneumatisch betätigt, gleichzeitig eine Blitzröhre zur Beleuchtung gezündet und die Verschlüsse zweier Kameras - um Stereo-Aufnahmen zu erhalten - geöffnet.

Die Kammer lag zwischen den Polen eines starken Elektromagneten, dessen Spulen wassergekühlt waren. Der Magnet war von der Deutschen Forschungsgemeinschaft als Leihgabe zur Verfügung gestellt worden. Zur Auswertung wurden die Filmaufnahmen vergrößert, stereo projiziert und die Krümmung der Teilchenspuren ausgemessen. Daraus, so wie aus ihrer Länge und Dichte, konnte auf Natur und Energie der Teilchen geschlossen werden. Derartige Untersuchungen waren sehr aktuell, denn gerade in diesen Jahren wurde auf Photoplatten, die mit Ballonen in großer Höhe der Kosmischen Strahlung ausgesetzt worden waren, interessante neue Kernprozesse gefunden und in diesen neue Elementarteilchen entdeckt.

Neuen Auftrieb für das Labor brachte das Internationale Geophysikalische Jahr (INGY). Obwohl geophysikalisch genannt, hatte diese Institutuion auch die Kosmische Strahlung als Sektion VII in ihr Arbeitsprogramm einbezogen. Eine der Hauptaufgaben dieser Sektion war die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Sonnenaktivität und Kosmischer Strahlung. Gewählt war das Jahr 1957/58, als Zeit maximaler Sonnenaktivität und daher für diese Untersuchungen besonders günstig. Die Beziehungen zwischen Sonne und kosmischer Strahlung können am einfachsten durch Beobachtungen der zeitlichen Variationen der Strahlung studiert werden, Untersuchungen, die am Kar-Labor betrieben wurden. Da an dem Projekt Stationen, die über die ganze Welt verteilt waren, mitarbeiten sollten, mußten, um streng vergleichbare Daten zu erhalten, die Registrierungen mit genormten Apparaten ausgeführt werden. Diese waren ein "kubisches Myonenteleskop" genanntes Gerät und ein sogenannter Neutronenmonitor. Das Myonenteleskop bestand aus drei übereinander angeordneten parallelen Lagen von je 10 Zählrohren, die in Koinzidenz geschaltet waren, mit einer Schicht von 10 cm Blei dazwischen. Die Rohre in jeder Lage waren durch Parallelschaltung miteinander verbunden. Mit dieser Apparatur sollte der mindestens 10 cm Blei durchdringende, harte Anteil der Strahlung (die Myonenkomponente) registriert werden, mit dem Neutronenmonitor die Nukleonenkomponente, die vorwiegend aus Protonen und schweren Kernen besteht. Die Myonen stammen von den energiereicheren Anteilen der Primärstrahlung, die Neutronen z. T. von den energieärmeren. Aus den Beobachtungen mit beiden Apparaten kann daher auf die Variation des energieärmeren und energiereicheren Anteiles geschlossen werden.

Da aus dem Budget der Geophysikalischen Kommission bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften dem Labor Mittel zur Verfügung gestellt worden waren, war eine Beteiligung am INGY-Programm möglich.

Es mußte vor allem ein kubisches Myonenteleskop vorgeschriebener Art gebaut werden, da ein solches Gerät im Handel nicht erhältlich war. Auch die 30 Zählrohre, nebst einer größeren Anzahl von Reserven, wurden im Institut hergestellt und zu deren Evakuierung, Ausheizung und Füllung eine eigene Hilfsapparatur gebaut. Die zwei vorhandenen Ionisationskammerapparaturen sollten der Kontrolle dienen. In das Myonenteleskop waren auch zwei sogenannte Kleinwinkelteleskope eingebaut, die dem Studium der aus zwei schmalen, gegen die Vertikale geneigten Winkelbereichen kommenden Kosmischen Strahlung dienten. Auf einen Neutronenmonitor mußte vorerst verzichtet werden.

Myonenteleskop

Myonenteleskop

Schon vor Beginn des Geophysikalischen Jahres bestand das internationale Beobachtungsnetz seine erste Bewährungsprobe, als sich am 23. 3. 1956 in den frühen Morgenstunden ein Intensitätsanstieg der Kosmischen Strahlung von einer bisher nie registrierten Stärke ereignete. Der Meßbereich der Geräte im Kar-Labor wurde weit überschritten, der Strahlungsanstieg wurde auf das Vier- bis Fünffache des Normalwertes geschätzt. Ähnliche Ereignisse, aber viel geringeren Ausmaßes, hatten sich schon 1942, 1946 und 1949 ereignet. Ausgelöst wurden diese Strahlungsausbrüche durch einen von den astronomischen Observatorien festgestellten, sogenannten Flare-Effekt auf der Sonne, bei dem ein Plasmastrahl ungewöhnlicher Stärke von der Sonne ausgesandt wird. Der Intensitätsanstieg wurde auf der ganzen Erde, auch auf der Nachtseite, beobachtet. Aus den Auftreffzeiten der Teilchen konnten Schlüsse über Energie und Bahnen der Strahlungsteilchen gezogen werden und es war nun einwandfrei bewiesen, daß zumindest fallweise auch unsere Sonne eine Quelle der Kosmischen Strahlung ist. In einer umangreichen Literatur sind die Ergebnisse der Analyse dieses seltenen Ereignisses beschrieben.

Die Hoffnung auf einen ähnlichen Flare-Effekt während des INGY erfüllte sich nicht, dagegen ereigneten sich im Juli 1959 drei plötzliche, ungewöhnlich starke Intensitätsabnahmen, die weltweit beobachtet wurden (sogenannte Forbush-Effekte). Der Abfall betrug 11%, der größte derartige Effekt, der je am Kar registriert wurde. 38 Stunden danach setzte ein magnetischer Sturm ein, der 31 Stunden dauerte, und Kurzwellenstörungen und ein Polarlicht wurden beobachtet. Ähnliche Erscheinungen waren schon 1938 aufgetreten. Während am Erdboden eine Abnahme registriert wurde, meldeten Stationen, die zur kritischen Zeit Ballonaufstiege durchgeführt hatten, eine Intensitätszunahme in der Höhe, also einen Flare-Effekt. Aus allen diesen Beobachtungen konnten weitere Schlüsse über die Beeinflussung der aus der Sonne kommenden Teilchen durch die Magnetosphäre und über die Energieverteilung der solaren Teilchen gezogen werden.

Eine wichtige Folgerung aus unseren bis 1931 zurückreichenden Registrierungen war, daß zwischen Sonnenaktivität und Strahlungsintensität nicht, wie man meinen sollte, ein paraller, sondern im allgemeinen ein antiparaller Gang besteht. Ebenso wie die Sonnenflecken, weist auch die Kosmische Strahlung eine 11jährige Periode auf, jedoch mit einem gegenüber der Sonnenfleckenrelativzahlen entgegengesetzten Gang. Auch eine 22jährige periodische Schwankung scheint aus unseren Registrierungen hervorzugehen, die sich mit einer entsprechenden Periode im magnetischen Verhalten der Sonnenflecken zu decken scheint.

Die weltweiten Beobachtungen zur Zeit des Sonnenfleckenmaximums, also in den Jahren 1957/78 hatten so interessante Ergebnisse gebracht, daß die International Union of Pure and Applied Physics, das Komitee, das das INGY organisiert hatte, beschloß, die Beobachtungen fortführen zu lassen, um auch die Verhältnisse während der Zeit der geringsten Sonnenaktivität zu erfassen.

Schon während des INGY war es zu einem engeren Kontakt und Erfahrungsaustausch zwischen den beteiligten Stationen gekommen und für das Kar-Labor ergab sich eine engere Beziehung zum Institut für Stratosphärenphysik am Max-Planck-Institut für Astronomie, damals in Weissenau bei Ravensburg, später nach Lindau/Harz verlegt. Prof. Ehmert interessierte sich für das Beobachtungsmaterial des Kar-Labors und bot uns entgegenkommender Weise eine Neutronenmonitoranlage an, um die noch vorhandene Lücke im Apparatebau des Labors schließen zu können. Diese Anlage wurde im Herbst 1957 auf dem Hafelekar aufgestellt und in Betrieb genommen.

Ebenso wie für das Myonenteleskop waren auch für den Neutronenmonitor gewisse Richtlinien vorgeschrieben. Er bestand aus drei nebeneinanderliegenden, je 1,20 m langen, 5 cm dicken Zählrohren, die mit Bortrifluorid gefüllt ind mit einem Mantel von 5 cm Blei und 30 cm Paraffin allseitig umgeben waren. Die Nukleonen der kosmischen Strahlung werden aber nicht unmittelbar gezählt, die Wirkungsweise ist folgende: Die energiereichen Nukleonen der kosmischen Strahlung erzeugen im Bleimantel Kernzertrümmerungen. Unter den Trümmern befinden sich auch zahlreiche schnelle Neutronen, die, im Paraffin verlangsamt, die mit Bortrifluorid gefüllten Zählrohre zum Ansprechen bringen. Die Ausgangsimpulse werden elektronisch verstärkt und ihre Zahl auf einem Registrierstreifen ausgedruckt. Die Zählrate ist proportional der Intensität der Nukleonenkomponente der Kosmischen Strahlung. Bei dieser Anlage wurden automatisch alle Meßwerte auf den gleichen Luftdruck reduziert, was eine große Arbeitsersparnis bedeutete.

Um die Anlage stets unter Kontrolle zu halten, wurde 1966 eine UKW-Richtfunkstrecke zwischen dem Kar-Labor und dem Physikalischen Institut eingerichtet. Alle zehn Minuten werden die Meßwerte übertragen.

Den wahren Strahlungsschwankungen sind die statistischen überlagert. Erstere können umso fehlerfreier erfaßt werden, je kleiner letztere gehalten werden. Dies kann dadurch erreicht werden, daß man eine möglichst große Zählfläche, also viele oder große Zählrohre, nimmt. Bei dem neuesten Neutronenmonitor z. B. werden daher Zählrohre von 2,25 m Länge und 25 cm Durchmesser verwendet.

Es bestand Aussicht, durch besonderes Entgegenkommen des Mx-Planck-Institutes (MPI) in Lindau (Direktoren: Prof Ehmert und Prof Pfotzer) eine solche Apparatur für das Kar leihweise zu erhalten, lediglich mit der Auflage, die Meßdaten nach Lindau und an die zwei internationalen Data Centers in Boulder (USA) und Moskau zu melden. Da in den vorhandenen Laborräumen diese große Apparatur nicht unterzubringen gewesen wäre, mußte an eine Erweiterung geschritten werden. Das Labor nahm den Westteil ein, der Ostteil stand seit Jahren unbenützt und drohte zu verfallen. Es lag daher nahe, diesen Teil abzureißen und an seine Stelle einen Zubau zum Labor zu setzen. Auch hier zeigte sich das MPI großzügig. Der erste Plan zum Erweiterungsbau wurde schon 1964 entworfen. Da der Grund Eigentum der Stadtgemeinde Innsbruck ist, und der Bau vom MPI finanziert werden sollte, mußten Verträge zwischen der Stadtgemeinde, dem MPI und der Republik Österreich abgeschlossen werden. Im September 1967 konnte dann mit den Arbeiten begonnen werden. Der Bau war der Firma "Höbau" in Innsbruck, die auf Alpinbauten spezialisiert ist, übertragen worden. Durch diesen Zubau wurde ein ca. 45 Quadratmeter großer Raum gewonnen, in dem der Super-Neutronenmonitor untergebracht werden konnte und auch noch Platz für weitere Instrumente ist.

Der Super-Neutronenmonitor, 1968 in Betrieb genommen, besteht aus drei großen, mit Bortrifluorid gefüllten, nebeinander gelagerten Zählrohren. Sie sind von 30 cm Paraffin und 4,5 cm Blei umgeben. Das Gewicht des Bleis beträgt 12 t, das des Paraffins 2 t. Die ganze Anordnung steht auf einem kräftigen Sockel, daneben die dazugehörige volltransistorisierte Elektronik. Die Datenübermittlung erfolgt wie bei der alten Anlage über die 2 Watt-UKW-Richtfunkstrecke an das Institut in der Schöpfstraße. Die Anlage läuft nun seit zehn Jahren störungsfrei.

Auch die Anlage zur Registrierung der harten, der Myonenkomponente, war inzwischen veraltet. Es sollte nun die wirksame Fläche der Strahlungsdetektoren vergrößert, von den nur begrenzt lebensfähigen Zählrohren auf stabile Plastikszintillatoren als Detektoren für die Strahlung umgestellt und die Elektronik, die zum Großteil noch mit Röhren bestückt war, durch eine weniger störanfällige und im Betrieb billigere transistorisierte Anlage ersetzt werden.

Auch dieser Wunsch ging mit Hilfe des MPI in Erfüllung. Vor einigen Jahren war in Lindau ein Myonenteleskop mit großen Plastikszintillatoren gebaut und betrieben worden. Im Zuge einer Umplanung in den Forschungsvorhaben des Instituts wurde aber die Anlage stillgelegt und uns von Prof. Pfotzer zur Aufstellung im Kar-Labor übergeben. Die Anlage besteht aus acht scheibenförmigen Plastikszintillatoren von je ca. 1m Durchmesser mit darüberliegenden, durch einen Konus lichtdicht verbundenen Photovervielfacher. Die auftreffenden Strahlungsteilchen lösen im Szintillator Lichtblitze aus, die im Photovervielfacher in elektrische Impulse umgewandelt und in Verstärkern weiter verarbeitet werden. Vier dieser Szintillatoren sind derzeit in Verwendung, je zwei übereinander gestellt und in Koinzidenz geschaltet. Die Szintillatoren sind unterhalb des Super-Neutronenmonitors aufgestellt, sodaß dessen Bleimantel dem Teleskop als Absorber für die weiche Strahlung dient. Die neue Anlage hat eine fünfmal höhere Zählrate als das alte, für das INGY gebaute Myonenteleskop. Wie für den Neutronenmonitor, werden auch die Meßdaten des Teleskops über die Richtfunkstrecke in das Physikalische Institut übertragen und regelmäßig weitergemeldet. Der Super-Neutronenmonitor wird derzeit von Dr. Oberguggenberger und W. Spielmann betreut.

So konnte das von Hess vor mehr als einem halben Jahrhundert mit bescheidenen Mitteln ins Leben gerufene Forschungslabor durch all die Jahre weitergeführt und vergrößert werden und in seiner apparativen Ausrüstung mit der stets fortschreitenden technischen Entwicklung Schritt halten. Es ist heute ein Glied in der weltumspannenden Kette von Stationen, denen die dauernde Überwachung und weitere Erforschung dieser Strahlung obliegt, der unsere Erde und alles auf ihr Lebende ständig ausgesetzt sind.

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