Alois Huber erhielt bereits im Dezember 1938 die Einberufung zum Gebirgsjägerregiment 136 in Innsbruck und wurde zum Tragtierführer und Krankenträger ausgebildet. Seine Vorgesetzten bewerteten ihn sehr gut („fleißig, sehr anständig“), doch als das Regiment und die gesamte in Tirol aufgestellte 2. Gebirgsdivision in den Krieg gegen Polen zog, absentierte sich Alois Huber rechtzeitig. Am 29. oder 30. August 1939 stieg er am Jenbacher Bahnhof unbemerkt durch ein Fenster der Toilette, während seine Kompanie zum Transport für den Angriff auf Polen verladen wurde. Erst bei der Ankunft in Polen fiel dem Kompanieführer sein Fehlen auf. Die Suche nach ihm blieb bis Kriegsende ergebnislos – die letzte entsprechende Meldung des Gendarmeriepostens Fügen an das Zentralgericht des Heeres datiert vom 22. August 1944.
Dem Fahndungsakt zufolge forderten Wehrmachtsgerichte und die Gestapo Innsbruck die lokale Gendarmerie regelmäßig zu Einvernahmen seiner Angehörigen und Ermittlungen im Zillertal auf. Die Nachforschungen ergaben bloß, dass er sich möglicherweise etwas angetan hatte, vielleicht auf der Flucht verhungert sei oder sich in die Schweiz begeben hatte. Nach familiärer Überlieferung desertierte Alois Huber mit aktiver Hilfe seines älteren Bruders Max, seiner Mutter Helene und der Schwester Anna; erst nach einiger Zeit wurde auch der Vater Johann eingeweiht.

Bis 1943 hielt sich Alois Huber auf dem einschichtigen und hoch gelegenen elterlichen Hof, in Feldställen oder Hütten der zum Hof gehörenden weitläufigen Labalm auf. Die Landwirtschaft des Johann Huber war groß, er betrieb Viehzucht und Almwirtschaft und einen zweiten in Fügen im Tal gelegenen Hof.
Alois Hubers Technik des Desertierens und Überlebens fand im Jahr 1943 erste Nachahmung, als Peter Hotter, der 28-jährige Sohn einer nicht weit entfernt lebenden Bergbauernfamilie ebenfalls im Zuge der neuerlichen Frontabstellung nach einem Heimaturlaub bei Brixlegg aus dem Zug sprang und nach Hause zurückkehrte. Er wollte auf diese Weise dem Schicksal seines älteren Bruders Jakob entgehen, der bereits im Juli 1941 beim Angriff der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion gefallen war. „Gehorsam ist Soldatenpflicht“ – mit diesem Diktum des NS-Regimes brach nach Peter Hotter im Jahr 1944 auch dessen Bruder Georg, indem er nach einem Heimaturlaub auf dieselbe Weise desertierte. In den letzten Kriegsmonaten kamen noch zwei weitere Brüder der Deserteure, Johann Huber und Johann Hotter, hinzu. Auch sie verließen die Transporte an die Front und wurden von ihren Familien bei der Gendarmerie als vermisst gemeldet. Zu ihnen gesellte sich schließlich noch ein Flüchtling, sodass die Gruppe bei Kriegsende aus sechs Deserteuren bestand.

Vermutlich bereits im Jahr 1943 richteten die ersten Deserteure auf ca. 1.300 Metern Seehöhe Verstecke in mehreren Höhlen im äußerst unzugänglichen, aber relativ nahe an den Höfen gelegenen Haselbachgraben ein. Bis heute sind aus Steinen geschichtete Trockenmauern und Bettlager und andere Überreste der Behausung in den Höhlen erhalten geblieben. Versorgt wurden die Deserteure von ihren Familien und einem weiteren nahegelegenen Hof durch Hinterlegung von Lebensmitteln an vereinbarten Plätzen. Die Versorgungsgänge übernahmen zwei Brüder der Deserteure, der Uk-gestellte Josef Hotter und Georg Huber. Letzterer hatte sich durch das Trinken von Tabaksud Magenbeschwerden zugezogen, die der Gemeindearzt als so schwer attestierte, dass Georg Huber von der Wehrmacht untauglich geschrieben wurde. Die nächtlichen Versorgungsgänge mit Kartoffeln, Brot und Fleisch (zum Teil illegal aus der Landwirtschaft abgezweigt, zum Teil gewildert), waren im Winter beschwerlich und lebensgefährlich – Georg Huber geriet einmal in eine Lawine und überlebte nur mit Glück.
Alois Huber schilderte seinem Neffen Hansjörg Huber, mit dem er viele Jahre später auf der Alm arbeitete, warum er sich für die Flucht vor dem Kriegseinsatz entschieden hatte: „Er hat gesagt, so ein Blödsinn, die Leute so zusammen hetzen, die haben auch nichts getan. Er wollte das nicht, er hat das nicht verstanden, warum man eigentlich auf andere schießt. Und vielleicht hat er auch Probleme gehabt mit dem Militär, mit dem Drill und so. […] Politisch waren sie sehr Gegner der Nazis, das kann man schon sagen, der Großvater sowieso, der hat immer geschumpfen über die Nazis, der war eher religiös und die Nazis haben die Kirche nicht so gemocht.“ Der deutsche Angriffskrieg wurde in der Familie als moralisch verwerflicher Raubzug angesehen, auch die Verfolgung der Juden wurde abgelehnt – beim Verkauf von Vieh und Käse hatte die Familie schon während der Monarchie sehr gute Beziehungen zu jüdischen Kaufleuten in Mähren aufgebaut und sie als Geschäftspartner geschätzt.

Obwohl in der Familie mehrere Suchaktionen nach den Deserteuren durch die Gestapo überliefert wurden, erinnert man sich auch daran, dass einer der Gendarmen des zuständigen Postens Fügen, August Jakomet, die Familie vor Fahndungen gewarnt und sich bei eigener Nachschau am Hof wenig einsatzfreudig gezeigt habe. Hansjörg Huber: „Der Vater hat einmal erzählt, da ist der Gendarm hinauf – sie waren beim Heumachen – dann hat er gesagt, er müsse heute Deserteur suchen, und dann hat er ihnen rechen geholfen, heuen geholfen, weil da hat es dann eine Jause gegeben, und er hat gesagt, wenn er in den Wald hinausgeht, einen Deserteur suchen, er findet ja doch keinen, was möchte er da finden? Also hat er da lieber gejausnet.“ Die Verbindung zu August Jakomet hielt vor allem die Schwester Anna. Sie war am Hof in Fügen mehrfach mit Suchaktionen konfrontiert.
Die Deserteure im Haselbachgraben verhielten sich bis zuletzt strikt passiv. Verbindungen zur Widerstandsgruppe in Fügen und Schlitters, die am 28. April die Ortsgruppenleiter der NSDAP von Hart und Schlitters festnahmen und in der Nacht vom 3. auf den 4. Mai 1945 hier stationierte Soldaten der Waffen-SS angriffen, gab es offenbar nicht. Als die US-Armee am 5. Mai 1945 im Zillertal die Kontrolle übernahm, kamen die Deserteure in ihren zerschlissenen Kleidern aus dem Versteck und ließen sich erleichtert fotografieren.

Nach der NS-Herrschaft hatten einige der Deserteure mit negativen Bemerkungen im Dorf über ihre Flucht aus der Wehrmacht zu kämpfen. Anna Huber, die ihre Brüder vor der Verfolgung schützte, litt wegen der Fahndungsaktionen lange Zeit unter Angstträumen. Im Jahr 2005 arbeitete der Videoclub Hart im Zillertal die Geschichte der Deserteure mit einem Dokumentarfilm auf. Der Hauptschullehrer Sepp Kainzner interviewte damals noch lebende Deserteure, Angehörige sowie andere Eingeweihte und filmte das Versteck im Haselbachgraben. Der Pfarrer von Hart, Dekan Alois Leitner, stellte sich als Sprecher für den Film zur Verfügung. Bei den österreichischen Staatsmeisterschaften der Amateurfilmer wurde „Das Versteck“ mit der Silbermedaille ausgezeichnet. Auch Vorführungen in Stumm und Hart stießen auf positive Resonanz.
Text: Peter Pirker