Einstellungen zu und Wahrnehmungen von regionaler Variation in Südtirol

Anna Tappeiner

In Gebieten wie Südtirol, in denen Dialektverwendung im Alltag grundlegend ist, können die Menschen in der Regel den Dialekt nicht nur sprechen, sondern verfügen auch über ein Bewusstsein zur regionalen Variation, z.B. in Form von Einstellungen und Bewertungen zu eigenen und fremden Varietäten sowie zu den Sprechergruppen, die diese Varietäten verwenden. In meiner Dissertation untersuche ich aus der Perspektive einer attitudinal-perzeptiven Variationslinguistik (vgl. Kleene 2020; Koppensteiner/Lenz 2017) die Sicht von Südtiroler Sprecher:innen auf die regionale Variation der deutschen Sprache in Südtirol.

Dabei beschäftige ich mich damit, welche Konzeptualisierung des Varietätenrepertoires ‚linguistische Laien‘ aufzeigen, d.h. welche dialektalen und standardsprachlichen Sprechweisen bei sich und bei anderen wahrgenommen werden, wie diese benannt, bewertet und voneinander abgegrenzt werden und welche Einstellungen dazu gezeigt werden. Auch die Wahrnehmung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in Hinblick auf den gesamtdeutschen Sprachraum und das Bewusstsein von Plurizentrik spielen dabei eine Rolle. Ein besonderer Fokus liegt auf der Wahrnehmung von und Einstellungen zu Sprechweisen ‚in der Mitte‘ des Dialekt-Standard-Kontinuums, dessen empirische Erforschung in Südtirol nach wie vor ein Desiderat darstellt (vgl. Glück/Leonardi/Riehl 2019:256). Unter der Annahme, dass die meisten Sprecher:innen sich durch alltägliche Mobilität in unterschiedlichem Ausmaß im Sprachraum bewegen (vgl. Britain 2015), werden die Spracheinstellungen im Kontext von individuellem Mobilitätsverhalten in- und außerhalb Südtirols und damit einhergehendem Sprach- und Varietätenkontakt betrachtet. In diesem Zusammenhang wird außerdem thematisiert, welche Rolle die regionale Variation für die Konstruktion, Aushandlung und Darstellung von (Nicht-)Zugehörigkeiten (vgl. Anthias 2016; Kobelt 2023) spielt und wie mit sich überschneidenden, ambivalenten oder widersprüchlichen Zugehörigkeiten umgegangen wird.

 

 

 

 

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