Feuilleton – Essay – Aphorismus. Nicht-fiktionale Prosa in Österreich. Beiträge eines polnisch-österreichischen Germanistensymposiums. Herausgegeben von Sigurd Paul Scheichl.
2008. 337 Seiten. EUR 34,00 ISBN 978-3-901064-34-0
Dass die traditionelle Gattungslehre immer noch die Köpfe der Leser wie der Literaturwissenschaftler beherrscht, ist ein Gemeinplatz. An einer Erweiterung des Gattungs-Spektrums arbeiten trotzdem nach wie vor nur Wenige, obwohl im weiten Feld der nicht-kanonisierten Genres viele spannende Entdeckungen zu machen wären. Dieser dem Andenken an Zoran Konstantinovic gewidmete Band macht in Literatur aus Österreich einige solche Entdeckungen: Neben Fragen der Definition von Feuilleton und Aphorismus werden Essays, oral history-Texte, Manifeste, publizistische Prosa und viele Formen von Skizzen vorgestellt – bis hin zu Freuds Krankengeschichten. Behandelt werden Aichinger, Amanshauser, Blei, Broch, Brus, Canetti, Czernin, Freud, Haslinger, Herzl, Hormayr, Kafka, Kraus, Kürnberger, Menasse, Morgenstern, Pataki, Roth – das ergibt zwar keine Geschichte der nicht-fiktionalen Prosa in Österreich, aber Einblicke in die Schreibweisen vieler wichtiger Autorinnen und Autoren.
Inhalt
Werner Zillig (Innsbruck): Der Essay unter sprachwissenschaftlichem Aspekt. Am Beispiel einer Auswahl der Essays von Robert Menasse.
Hildegard Kernmayer (Graz): "Unsterblichkeit eine Tages" oder "interdiskursives Sprachspiel"? Gattungshistorisches und Gattungstheoretisches zur Frage: Was ist ein Feuilleton?
Lucjan Puchalski (Wroclaw): "[...] von des Landes Gestalt [...] zu seiner innern Consistenz." Raum- und Landschaftserfahrung in der historischen Essayistik von Joseph Freiherrn von Hormayr.
Hubert Lengauer (Klagenfurt): Lob der Fußreise. Editorisches und Interpretatorisches zu Ferdinand Kürnbergers Reisefeuilletons.
Bettina Rabelhofer (Graz): "... und es berührt mich selbst noch eigenthümlich, dass die Krankengeschichten, die ich schreibe, wie Novellen zu lesen sind ..." Zur Poetik der psychoanalytischen Krankengeschichte.
Sigurd Paul Scheichl (Innsbruck): Theodor Herzls Wien-Feuilletons.
Albert Berger (Klagenfurt): Wortkunst, Satzkunst, Sprachkunst. Die Sprachessays von Karl Kraus im Horizont der neuen Rhetorik.
Herwig Gottwald (Salzburg): Aufzeichnungen, Notate, Aphorismen? Überlegungen zu einer 'schwierigen' Gattung.
Stefan H. Kaszynski (Poznan): Philosopheme als Denkmuster des österreichischen Aphorismus.
Maria Krysztofiak (Poznan): Kafkas Aphorismen im Dialog mit Kierkegaard.
Helga Mitterbauer (Graz): Der Literat als Zeuge einer verlorenen Einheit. Zum Essayismus Franz Bleis.
Grazyna Kwiecinska (Warszawa): Hermann Broch als Literaturtheoretiker und -kritiker.
Maria Klanska (Kraków): Die Feuilletonistik Soma Morgensterns.
Elzbieta Katarzyna Dzikowska (Lodz): Der "Schwabe" aus Brody. Verhandlungen der Identität in Joseph Roths Reisefeuilletons.
Janusz Golec (Lublin): "Das Gewissen der Worte". Zu den Essays von Elias Canetti.
Krzysztof Lipinski (Kraków): Nation – Inflation – Masse. Canettis "Masse und Macht" – fünfzehn Jahre nach der Wende wieder gelesen.
Joanna Jablkowska (Lodz): "Weil mir vor allem an der Flüchtigkeit liegt". Ilse Aichingers "Film und Verhängnis".
Kalina Kupczynska (Lodz): Manifeste des Wiener Aktionismus.
Sieglinde Klettenhammer (Innsbruck): Die Dichterin als Publizistin. Zu Heidi Pataki.
Günther Stocker (Wien): Rückzug als Programm: Gerhard Amanshausers ungewöhnliche Kurzprosatrilogie.
Barbara Mariacher (Amsterdam): Der Autor als Zuhörer. Josef Winklers Umgang mit erlebter Geschichte am Beispiel der Erzählung "Die Verschleppung".
Martin A. Hainz (Wien): Mechanik der Ungleichheiten – zu Franz Josef CzerninsAphoristik.
Joanna Drynda (Poznan): Immer noch ein erklärungsbedürftiges Land? Zu den neuesten Essays über Österreich.
Besprechungen
Convivium. Germanistisches Jahrbuch Polen 2009, 411–416, Marta Wimmer