Im Februarheft des "Merkur" beschäftigt sich der Journalist und Blogger Andrew Sullivan in einem amüsanten Essay mit dem Phänomen des bloggens, dessen "Traditionslinien" er über Karl Kraus und Blaise Pascal erstaunlich weit in die Vergangenheit zurückverfolgt: "Aber der exemplarische Blogger avant la lettre war wohl Montaigne. [...] Montaigne, ein leidenschaftlicher Skeptiker, berichtigte, ergänzte und erweiterte die Essays für jede Ausgabe, was sie mit der Zeit dreidimensional werden ließ. In den besten modernen Übersetzungen ist jeder Essay mit Hinweisen auf die wichtigsten Fassungen versehen, Satz für Satz, Absatz für Absatz, die den Leser erkennen lassen, wie jede Textänderung die frühere Version ergänzte oder unterwanderte, betonte oder ironisierte. Montaigne lebte seinen Skeptizismus und wagte es zu zeigen, wie ein Autor sich entwickelt, seine Meinung ändert, Neues lernt, seine Perspektiven wechselt, älter wird - und dass dies keineswegs etwas ist, was hinter einer Fassade unwandelbarer Autorität versteckt werden muss, sondern zu einer Tugend werden kann, einer neuen Sicht auf die Prätentionen von Autorschaft und Text und Wahrheit. [...]." (S. 108 f.)

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