Merkur, Jg. 63 (2009), Nr. 6 = 721, S. 477-487
Intelligentes Leben entdeckt! Die Welt des Fernsehens entwickelt sich / von Paul M. CantorIn der neuesten Merkur-Ausgabe schreibt Paul M. Cantor auf launige Weise über wissenschaftliche und populäre Bücher zu Fernsehserien: "Das Medium, das angeblich der Erzfeind des Buches ist, gibt [...] dem Verlagswesen einen unerwarteten und freudig begrüßten Auftrieb." (S. 477) Cantor unterzieht vor allem Adornos Essay "How to Look at Television" aus dem Jahr 1954 einer Relektüre und vergleicht dessen Kritik an der Kulturindustrie mit der heutigen Situation des Schreibens über das Fernsehen. Sein alles andere denn kulturpessimistisches Fazit lautet: "In vieler Hinsicht üben die neuen Autoren, die über das Fernsehen schreiben, eine der traditionellen Funktionen des Kritikers aus. Sie versuchen, das Überragende vom Durchschnittlichen zu trennen, das Kreative vom Banalen. [...] In einer Zeit, wo Literaturwissenschaftler oft nur mit anderen Literaturwissenschaftlern zu reden scheinen, können die hohen Auflagen der Fernsehbücher uns einen Hinweis geben: Das Lesepublikum hat immer noch Interesse an einem nachdenklichen, klugen Gespräch darüber, was immer schon in jedem Medium eine gute Erzählung ausmachte [...]." (S. 486)
Weiters macht sich Armin Schreiber Gedanken über "Das Kunsterlebnis im neurobiologischen Zeitalter" (S. 487-496). Friedrich Pohlmann dagegen betrachtet die Seite der künstlerischen Produktion: "Wie Kunst entsteht. Über den kreativen Einfall" (S. 497-508).
Außerdem widmet sich Michel Chaouli in einem längeren "Gedankenexperiment" der Frage nach der Beeinflussbarkeit von Romantexten durch den Leser, die ihm im Zeitalter der digitalen Texte möglich scheint: "Was wäre, wenn man Literatur in einen speziell konstruierten Computer stecken könnte, der es einem ermöglichte, deren Klang zu regeln und Störgeräusche zu unterdrücken? Was wäre, wenn es eine Maschine gäbe, auf der wir Romane spielten, wie wir Musik auf einem Stereogerät spielen, wobei die Entsprechung für den Equalizer es mir ermöglichte, deren Klang zu regeln und Störgeräusche zu unterdrücken?" (Remix: Literatur. Ein Gedankenexperiment, S. 463-476)