Wenn die Schneedecke im Gebirge im Frühling schmilzt, kann das zusätzlich zum normalen Niederschlag abfließende Schmelzwasser Hochwassersituationen an heimische Bächen und Flüssen verschärfen. Um zuverlässige Hochwasserprognosen erstellen zu können, muss daher auch das in Form von Schnee gespeicherte Wasser berücksichtigt werden. Ein Forscherteam an der Uni Innsbruck, bestehend aus Wissenschaftlern von alpS, dem Arbeitsbereich für Wasserbau und dem Institut für Geographie, arbeitet eng mit Experten des Instituts für Erd- und Umweltwissenschaften der Universität Potsdam zusammen, um das Wasseräquivalent der Schneedecken besser bestimmen zu können. Paul Schattan, Mitarbeiter bei alpS und Dissertant am Institut für Geographie, testet im Zuge dieser Forschungen im Rahmen seiner Dissertation ein neues Verfahren zur flächigen und kontinuierlichen Messung dieses Wasseräquivalents. „Das von uns verwendete Verfahren wurde bisher primär zur Bodenfeuchte-Bestimmung eingesetzt. Unsere Kooperationspartner an der Universität Potsdam arbeiten seit Jahren an der Weiterentwicklung dieser Methode, bei der sich bereits eine Sensitivität auf Schnee zeigte. Unsere Idee war es, diese Methode auch für die Messung der Schneedecke im Hochgebirge zu nutzen“, erklärt Schattan. Für die Messung wird ein Neutronenzählrohr in zwei bis drei Metern Höhe über dem Boden installiert. Die in der Umgebung natürlich vorhandenen Neutronen interagieren mit dem im Wasser gebundenen Wasserstoff und lassen so eine Aussage über die vorhandene Wassermenge zu.
Flächiger Messwert
Bisher wurde das Wasseräquivalent der Schneedecke durch punktuelle Messverfahren wie Schneeschächte, Laser- oder Ultraschall-Messungen an meteorologischen Stationen bestimmt. „All diese Methoden bilden allerdings nur einen kleinen - punktuellen - Bereich der Schneedecke ab und berücksichtigen die Heterogenität der Schneedecke in der Fläche nicht “, erklärt Schattan. „Das neutronen-basierte Verfahren liefert dagegen einen repräsentativen Mittelwert des Wasseräquivalents der Schneedecke in einem Radius von 200 – 300 Meter, ein wesentlicher Erkenntnisgewinn bei der Entwicklung und dem Betrieb von Hochwasserprognosen speziell in Gebirgsräumen.“
Um das Potenzial der Methode zu evaluieren, führte das Projektteam um Paul Schattan über zwei Winter vergleichende Messkampagnen am Weisssee im Kaunertal durch. „Unsere Messkampagnen zeigten, dass das Verfahren sehr zuverlässig funktioniert“, so Schattan. Das gemeinsame Ziel der Forscher aus Innsbruck und Potsdam ist es, die Messmethode zu etablieren und flächig einzusetzen. „Derzeit arbeiten wir an der genauen Kalibrierung des Prognosesystems - diese Weiterentwicklung des bestehenden Prognosesystem für den Tiroler Inn soll dann bereits im Frühjahr 2018 beim Land Tirol und bei der Tiroler Wasserkraft AG zum Einsatz kommen.“
Links
- Publikation: Continuous monitoring of snowpack dynamics in alpine terrain by aboveground neutron sensing
- EOS.org Research Spotlight
- alpS - Projekt HoPI
- Institut für Infrastruktur, Arbeitsbereich Wasserbau
- Institut für Geographie
- Institut für Erd- und Umweltwissenschaft der Uni Potsdam, Arbeitsgruppe Wasser und Stofftransport in Landschaften