„Diese naturwissenschaftlichen Fachgebiete sind erstaunlich breit gestreut und reichen von atmosphärischen Phänomenen über die Alternsforschung bis hin zur Geotechnik. Die Forschung dieser Frauen und Männer zeugt von hoher Qualität und die zeitgemäße Themensetzung ist beeindruckend“, betont Stadträtin Mag.a Christine Oppitz-Plörer: „Es tut mir sehr leid, dass ich die Forscherinnen und Forscher heuer nicht persönlich kennenlernen konnte und gratuliere ihnen dafür umso herzlicher zu ihrem wissenschaftlichen Erfolg.“
Der „Preis der Landeshauptstadt Innsbruck für wissenschaftliche Forschung an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck 2020“ in Höhe von insgesamt 20.000 Euro wurde vergeben an:
Farokh Mivehvar, PhD, Fakultät für Mathematik, Informatik und Physik: „Quantum Gases Coupled to Quantum Radiation Fields: Emergent Collective Phenomena“
Farokh Mevehvar untersucht ein fundamentales Konzept der Quantenphysik, nämlich aus Licht und Atomen bestehende Systeme. Über diese grundlegende Bedeutung hinaus können diese Systeme auch benutzt werden, um Phänomene der kondensierten Materie wie Magnetismus, Quasikristall- Bildung, Supraleitung, Supersolidität oder topologische Materie zu simulieren. Deshalb erlauben es Licht-Atom-Systeme komplizierte Quantenphänomene zu simulieren und sie daher auf kontrollierte Weise zu analysieren.
Milan Ončák, PhD, Fakultät für Mathematik, Informatik und Physik: „Theoretische Photochemie“
Milan Ončák zeigt in seinen Forschungen, wie Moleküle reagieren, wenn sie belichtet werden, in welchem Spektralbereich sie Licht absorbieren und welche chemischen Prozesse durch Photonen initiiert werden. Wie kann man Kohlenstoffdioxid aktivieren? Unter welchen Umständen wird dieses Molekül nicht mehr inert und lässt uns mit ihm arbeiten? Das sind die Fragen, die uns interessieren müssen, damit der Klimawandel verlangsamt oder sogar gestoppt werden könnte. Wenn wir Kohlenstoffdioxidmoleküle gezielt aktivieren wollen, müssen wir verstehen, welche molekularen Schritte in diesem Prozess eine Rolle spielen. Das lässt sich am besten mit kleinen Modellen, sogenannten Clustern, untersuchen.
PD DI Dr.in Barbara Schneider-Muntau, Fakultät für Technische Wissenschaften: „Numerical Modeling – Possibilities and Limitations in Geotechnical Engineering“
Die Geotechnik als Teilgebiet des Bauingenieurwesens baut auf den Prinzipien der Mechanik auf und steht in engem Zusammenhang mit der Geologie und der Geographie. Die Geotechnik befasst sich mit der Wechselwirkung zwischen Boden und Bauwerk. Das betrifft die Auswirkungen von Bauwerken auf den Boden, aber auch die Einflüsse des Bodens auf die Bauwerke. Die Geotechnik spielt daher eine grundlegende Rolle für die nachhaltige Entwicklung von Infrastrukturprojekten wie Straßen, Tunnel, Dämme oder Fundamente. Zur Beurteilung geotechnischer Probleme ist eine geeignete Modellbildung notwendig, um zum einen reale Strukturen vereinfacht geometrisch abzubilden und um zum anderen das Verformungsverhalten des Bodens abzuschätzen. Barbara Schneider-Muntaus Habilitation befasst sich mit den Modellbildungen und der Bewertung dieser Ansätze.
Univ.-Prof.in Dr.in Ivana Stiperski, Fakultät für Geo- und Atmosphärenwissenschaften: „Atmosphärische Turbulenz“
Turbulenz ist eine der großen verbleibenden Herausforderungen in der Physik. In der Atmosphäre beeinflusst sie Phänomene wie die Stärke von Sturmsystemen, Luftverschmutzung und die Gletscherschmelze. Turbulenz ist jedoch kompliziert und wird in praktischen Anwendungen deswegen oft mit Hilfe statistischer Methoden beschrieben, wie die sogenannte „Ähnlichkeitstheorie“, mit der man in den numerischen Modellen für Wettervorhersage und Klimamodellierung die Auswirkung von Turbulenz beschreiben kann. Über komplexem Gelände, wie z.B. Gebirgen, hat sich jedoch gezeigt, dass die Turbulenz stark von der Ähnlichkeitstheorie abweicht. Mit experimentellen Daten aus aller Welt arbeitet Ivana Stiperski deshalb an der Entwicklung einer universellen Ähnlichkeitstheorie, die für jede Art von Gelände gültig ist. Ihre Forschungen wurden 2020 auch mit einem ERC-Consolidator-Grant ausgezeichnet.
Mag. Dr. Alexander Weiss, Institut für Biomedizinische Alternsforschung: „Functional Characterization of Fumarylacetoacetate Hydrolase Domain-Containing Proteins in Mammals“
Der Fokus der Arbeit von Alexander Weiss liegt auf der Auswirkung von zellulärer Seneszenz auf das Älterwerden von Organismen. In diesem Zusammenhang interessiert man sich für eine Proteinklasse namens Fumarylacetoacetat Hydrolase Domain containing proteins (FAHD), die eine wichtige Rolle in der Regulation des Energiestoffwechsels von Säugetieren einnehmen. Die eingereichte Arbeit beschreibt die molekulare Struktur und den katalytischen Mechanismus des FAHD1 Proteins in Mäusen und Menschen.
Ausschreibung und Vergabe
Der mit Gemeinderatsbeschluss vom 22. März 1979 ins Leben gerufene Preis wird seit 2006 jeweils in einem Jahr an die Medizinische Universität Innsbruck sowie in den beiden darauf folgenden Jahren an die Leopold-Franzens-Universität in den Sparten Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft vergeben. Die jeweilige Universität führt die Ausschreibung durch und schlägt die Preisträger*innen vor. Die Stadt Innsbruck möchte damit junge Nachwuchsforscher*innen würdigen. Der zur Verfügung gestellte Betrag von insgesamt 20.000 Euro kann für eine Forschungsarbeit vergeben, aber auch – wie heuer – auf mehrere Preisträger*innen aufgeteilt werden.
Anerkennungspreis des Vizerektorats für Forschung
Ebenfalls vergeben wurde in diesem Jahr der „Anerkennungspreis der Jury zum Preis der Landeshauptstadt Innsbruck für die wissenschaftliche Forschung an der Universität Innsbruck 2020“. Dr.in Niusha Shakibi Nia vom Institut für Physikalische Chemie und Cornelia Strecker, BA MSc PhD vom Institut für Psychologie erhalten 500 Euro vom Büro der Vizerektorin für Forschung, Prof.in Ulrike Tanzer. Frau Niusha Shakibi Nia beschäftigt sich in ihrer ausgezeichneten Arbeit mit Brennstoffzellen mit Direkteinspeisung von Ethanol; Frau Cornelia Strecker untersucht das Wohlbefinden von Klinikärzt*innen.
(Stadt Innsbruck/red)