Bearbeitung: Konrad Breitsching
Landesschulrat für Tirol
Rundschreiben Nr. 8/2001
Sachgebiet: Schulrechtliche Angelegenheiten
Inhalt: Ethikunterricht als Schulversuch
Durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird jährlich die Durchführung des Schulversuches Ethik als "Ersatzpflichtgegenstand" für Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, an einigen Schulen in Tirol in steigender Zahl genehmigt.
Im jeweiligen Genehmigungserlass zum "Ersatzunterricht" Ethik wird festgelegt, dass der Unterrichtsgegenstand "Ethik" grundsätzlich wie beim Religionsunterricht im Ausmaß von zwei Wochenstunden von allen Schülern, die keinen Religionsunterricht besuchen, als Ersatzpflichtgegenstand zu absolvieren ist.
Bezüglich der Teilungszahlungen sind die Bestimmungen des Religionsunterrichtsgesetzes wie für den Religionsunterricht anzuwenden. In der Lehrfächerverteilung und im Stundenplan, auch im provisorischen, sind daher auch für den Ethikunterricht grundsätzlich zwei Unterrichtsstunden vorzusehen (Näheres unter Punkt 6).
Die Entscheidung hinsichtlich des Ethikunterrichtes ist erst nach Ablauf der Abmeldefrist vom Religionsunterricht zu treffen. Vorhergehende Erhebungen bzw. Anmeldeverfahren, die eine direkte oder indirekte Beeinflussung der Schüler bewirken können, widersprechen dem Grundgedanken des Ethikunterrichtes als Ersatzpflichtgegenstand und sind daher zu unterlassen.
Weiters ist zu beachten, dass jene Schüler, die sich vom Religionsunterricht noch nicht abgemeldet haben, auch wenn sie das beabsichtigen, jedenfalls zu Beginn des Schuljahres den Religionsunterricht zu besuchen haben.
1. Teilnahme von Schülern, die einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören, am Ethikunterricht:
Jene Schüler, die einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören, und sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben, müssen Ethik als "Ersatzpflichtgegenstand" besuchen.
2. Teilnahme von Schülern, die einer staatlich eingetragenen Bekenntnisgemeinschaft angehören, am Ethikunterricht:
Bekenntnisgemeinschaften sind in den Angelegenheiten des Religionsunterrichtes nicht den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften gleichgestellt. Die Zugehörigkeit von Schülern zu einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft ist allerdings im Zeugnis zu vermerken. Weiters ist auf Ansuchen ihrer Erziehungsberechtigten, wenn eine diesbezügliche Bestätigung des Religionslehrers vorgelegt wird, die Teilnahme am außerschulischen Unterricht ihres Bekenntnisses im Zeugnis einzutragen. Eine Beurteilung dieses Unterrichtes ist jedoch nicht zulässig.
Für die Schüler, die einer Bekenntnisgemeinschaft angehören, gibt es keinen schulischen Religionsunterricht ihres Bekenntnisses. Sie haben deshalb grundsätzlich den Ethikunterricht zu besuchen. Sollten die Schüler jedoch die Teilnahme an einem (internen) Religionsunterricht von Bekenntnisgemeinschaften, der von diesen im eigenen Wirkungsbereich durchgeführt wird, bestätigt erhalten, entbindet dies jene Schüler von ihrer Verpflichtung zur Teilnahme am Ethikunterricht. Es besteht für sie außerdem die Möglichkeit, mit Zustimmung des Religionslehrers den Religionsunterricht einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft als Freigegenstand zu besuchen. Auch in diesem Fall sind die Schüler nicht verpflichtet, den Ethikunterricht zu absolvieren.
3. Teilnahme von Schülern ohne religiöses Bekenntnis am Ethikunterricht:
Der "Ersatzpflichtgegenstand" Ethik ist grundsätzlich auch von Schülern ohne religiöses Bekenntnis zu absolvieren. Die Bestimmungen im Erlass Nr. 37/1994 des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, die festlegen, unter welchen Bedingungen Schüler ohne religiöses Bekenntnis am Religionsunterricht einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft teilnehmen können, gelten jedoch weiterhin. Das bedeutet, dass der Religionsunterricht von diesen Schülern mit Zustimmung des Religionslehrers als Freigegenstand nach den Bestimmungen des § 8 lit.g des Schulorganisationsgesetzes besucht werden kann. Damit haben sie ihre Verpflichtung zur religiösen Bildung erfüllt und müssen nicht zusätzlich den Ethikunterricht besuchen. Auch diese Schüler stehen somit in der Sondersituation den Freigegenstand Religion oder den "Ersatzpflichtgegenstand" Ethik zu besuchen.
4. Teilnahme sonstiger Schüler am Ethikunterricht:
Auch jene Schüler, die weder einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft noch einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft angehören, sich jedoch nicht als konfessionslos bezeichnen, können mit Zustimmung des Religionslehrers den Religionsunterricht einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft als Freigegenstand besuchen und haben damit ihre Verpflichtung zur religiösen Bildung erfüllt. Andernfalls haben auch diese Schüler den "Ersatzpflichtgegenstand" Ethik zu besuchen.
5. Aus gegebenen Anlass wird weiters folgendes bemerkt:
Für Schüler, die einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehören, gibt es keinen "außerschulischen" Religionsunterricht nach dem Religionsunterrichtsgesetz. Es handelt sich bei diesem Religionsunterricht immer um einen schulischen Unterricht. Sollten diesbezügliche Religionsstunden zusammengefasst werden, handelt es sich um eine Art Blockung des Religionsunterrichtes, wobei die Blockung vom Direktor im Sinne des § 10 des Schulunterrichtsgesetzes zu genehmigen ist. Sollte die Kirche oder Religionsgesellschaft diesen Unterricht auf Grund besonderer Umstände ausserhalb des Schulgebäudes abhalten wollen, ist auch diesbezüglich die Genehmigung des Schulleiters notwendig.
Bei einem Übertritt in den Religionsunterricht während des Schuljahres kann es sein, dass der Schüler die zu absolvierenden Inhalte durch eine Feststellungsprüfung nachweisen muss. Dies ist auf der Grundlage des entsprechenden Lehrplanes im Einzelfall zu prüfen.
Darüber hinaus gilt weiterhin, dass der Widerruf der Abmeldung vom Religionsunterricht grundsätzlich jederzeit möglich ist. Aus schulorganisatorischen Gründen wird jedoch angeraten, darauf einzuwirken, dass dies vornehmlich zu Ende des Semesters erfolgt.
6. Anzahl der Wochenstunden im "Ersatzpflichtgegenstand" Ethik
Das endgültige Ausmaß der Wochenstunden im Ersatzpflichtgegenstand "Ethik" richtet sich wie beim Religionsunterricht nach § 7a des Religionsunterrichtsgesetzes:
Abs. 1: "Nehmen am Religionsunterricht eines Bekenntnisses weniger als die Hälfte der Schüler einer Klasse teil, so können die Schüler dieses Bekenntnisses mit Schülern desselben Bekenntnisses von anderen Klassen oder Schulen (derselben Schulart oder verschiedener Schularten) zu Religionsunterrichtsgruppen zusammengezogen werden, soweit dies vom Standpunkt der Schulorganisation und des Religionsunterrichtes vertretbar ist".
Abs. 2: "Nehmen am Religionsunterricht eines Bekenntnisses in einer Klasse weniger als zehn Schüler teil, die zugleich weniger als die Hälfte der Schüler dieser Klasse sind, oder nehmen am Religionsunterricht in einer Religionsunterrichtsgruppe weniger als zehn Schüler teil, die in ihren Klassen weniger als die Hälfte der Schüler jeder einzelnen Klasse sind, so vermindert sich die festgesetzte Wochenstundenanzahl für den Religionsunterricht, sofern sie mehr als eine Stunde beträgt, auf die Hälfte, mindestens jedoch auf eine Wochenstunde".
Abs. 3: "Nehmen am Religionsunterricht eines Bekenntnisses in einer Klasse vier oder drei Schüler teil, die zugleich weniger als die Hälfte der Schüler dieser Klasse sind, oder nehmen am Religionsunterricht in einer Religionsunterrichtsgruppe vier oder drei Schüler teil, die in ihren Klassen jeweils weniger als die Hälfte der Schüler jeder einzelnen Klasse sind, und konnte durch Zusammenziehung der Schüler gemäß Abs. 1 keine höhere Zahl erreicht werden, so beträgt die Wochenstundenanzahl für den Religionsunterricht eine Wochenstunde".
Es ist daher eine Zusammenlegung von Schülern aus verschiedenen Klassen der Schule (derselben Schulart oder verschiedener Schularten) anzustreben, soweit dies vom Standpunkt der Schulorganisation und des Ethikunterrichtes vertretbar ist.
7. Rundschreiben des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Im übrigen wird auf die Bestimmungen in den Erlässen Nr. 37/1994, 3/1995 und 5/2000 des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur hingewiesen.
8. Das Rundschreiben Nr. 1/2001 wird mit diesem Rundschreiben außer Kraft gesetzt.