Rahmenordnung zur Ausbildung und verpflichtenden Weiterbildung
für den Ständigen Diakonat in Österreich[1]
(Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz, Nr. 51 vom 15. Mai 2010, II. 3.)
Herausgegeben von der Österreichischen Bischofskonferenz
Die Bedeutung der Ausbildungsordnung
Nachdem die Kongregation für das Katholische Bildungswesen am 22.2.1998 die „Grundnormen für die Ausbildung der Ständigen Diakone“ erlassen hat, um durch dieses Dokument die Rahmenbedingungen für den Dienst und die Ausbildung der Ständigen Diakone weltkirchlich einheitlich zu regeln, hat die Österreichische Bischofskonferenz in ihrer Vollversammlung vom 9.–12. März 2009 eine entsprechende Ratio nationalis für den Ständigen Diakonat beschlossen und dem Apostolischen Stuhl entsprechend der Bestimmung c. 455 § 2 CIC zur Recognitio vorgelegt.
In diesem Dokument soll nun die Aus- und Weiterbildung der Ständigen Diakone für das Gebiet der Österreichischen Bischofskonferenz entsprechend der Bestimmung von c. 236 CIC, die Bedürfnisse der einzelnen Diözesen berücksichtigend, geregelt werden.
Die vorliegende Ausbildungsordnung stellt eine Ergänzung zur Ratio fundamentalis institutionis diaconorum permanentium dar. Sämtliche in der Ratio fundamentalis vom 22.2.1998 festgehaltene Bestimmungen gelten selbstverständlich auch für diese Ratio nationalis, auch dann, wenn diese nicht jeweils wieder eigens genannt sind. Die Rahmenordnung dient den jeweiligen Diözesen zur Erstellung ihres eigenen konkreten Ausbildungsplanes.
1. Die theologische Ausbildung und die Orientierungsphase:
Diese erste Phase der Ausbildung dient der möglichst umfassenden Aneignung der theologischen Grundkenntnisse im Bereich aller drei Grundfunktionen der Kirche. Diese gründliche, mehrjährige theologische Ausbildung im Bereich des theologischen Fächerkanons soll in einem Mindestausmaß von tausend Stunden Unterricht und Seminarteilnahme mit entsprechenden Prüfungen und Abschlussarbeiten erfolgen.[2] Sie soll spätestens mit Beginn des zweiten Ausbildungsjahres abgeschlossen sein, um eine zu große und langanhaltende Doppelbelastung durch gleichzeitige Absolvierung der Theologischen Ausbildung wie der Diakonatsausbildung zu verhindern. Für Absolventen einer nichtakademischen theologischen Ausbildung ist als fachliche Ergänzung eine theologische Reflexion pastoral besonders relevanter Fächer des Grundstudiums im Rahmen eines österreichweiten Zusatzkurses erforderlich.[3]
Theologische Ausbildungswege:
Akademische theologische Ausbildung:
- Das theologische Studium an der Universität (alle Studienrichtungen)
- Das Studium an der Religionspädagogischen Akademie (Fachhochschule)
- Das Baccalaureatsstudium an der Universität
Nichtakademische theologische Ausbildung:
- Der Theologische Kurs (Wiener Kurs und Fernkurs)
- Das Seminar für kirchliche Berufe (Wien/Ober St. Veit)
- Eine von der Bischofskonferenz als gleichwertig anerkannte Ausbildung (z.B.: Würzburger Theologischer Fernkurs)
Orientierungsphase:
Im Rahmen der etwa einjährigen Orientierungsphase, die vielfach schon in der Zeit der theologischen Ausbildung erfolgt, sollen die Interessenten in Kontakt mit dem Ausbildungsleiter ihre mögliche Berufung prüfen und sich über den Diakonat ein möglichst realistisches Berufsbild verschaffen. Der Ausbildungsleiter wiederum kann sich ein Bild über die tatsächliche Eignung der Interessenten durch Kenntnis von deren Familien-, Lebens-, Berufsumständen sowie über deren tatsächliche Einbindung ins kirchliche Leben machen.
Das Orientierungsjahr für die Interessenten soll nicht nur wichtige Informationen, sondern auch entsprechende geistliche und spirituelle Impulse für den Beruf des Diakons enthalten.
2. Kriterien zur Auswahl der Interessenten:
2.1. Spiritualität:
- Persönliche Christusbeziehung
- Ansätze eines Berufungsbewusstseins
- Gebetsleben und Einstellung zu den Sakramenten
- Ansätze einer eigenen Spiritualität
- Reflexion der spirituellen Herkunft und Gewinnen einer größeren Weite
- Bereitschaft zum christlichen Lebenszeugnis
2.2. Persönlichkeit:
- Altersentsprechende Persönlichkeitsstruktur
- Bereitschaft, weiter zu lernen (Reflexionsbereitschaft)
- Fähigkeit, sich auf Neues einzulassen
- Physische und psychische Belastbarkeit
- Freiheit von Süchten und Abhängigkeiten
- Geschlechtliche Identität und integrierte Sexualität
- Integration persönlicher Behinderungen
- Kontinuität
- Konfliktfähigkeit
- Ich-Stärke (Selbstachtung, nicht durch Helfersyndrom dominiert)
- Selbständigkeit
- Konzeptfähigkeit
- Realistisches Selbstbild (Selbsterfahrung)
- Teamfähigkeit
- Offenheit für Menschen und Beziehungsfähigkeit
- Gefühl für Distanz und Nähe
- Kreativität
2.3. Lebensbewährung:
- Bewährung in der Ehe und im Umgang mit den Kindern
- Rechter Umgang mit der eigenen Lebensform (Ehe oder Ehelosigkeit)
- Die Bewährung im Zivilberuf
- Liebe zur Kirche – im Sinne der Kirche denken und fühlen (trotz Kritikfähigkeit)
3. Die Diakonatsausbildung (Dauer: 3 Jahre):
Die Diakonatsausbildung dient der eigentlichen Vorbereitung auf die Weihe. In diesem Rahmen sollen die Bewerber in einer intensiven Lerngemeinschaft stehen, die möglichst viele Elemente echter Gemeinschaft des bewusst geteilten Lebens enthält. Die drei Ausbildungsschwerpunkte orientieren sich im Laufe der drei Jahre an den drei Grundfunktionen der Kirche.
Es ist darauf zu achten, dass das Ausbildungsprogramm die verschiedenen Dimensionen der Ausbildung (menschlich, geistlich, theologisch, pastoral) harmonisch miteinander verbindet, eine entsprechende theologische Fundierung und spezifisch pastorale Zielsetzung gewährleistet, die Situation von Ehe und Familie ausreichend einbindet und sich an den örtlichen Erfordernissen und Pastoralplänen orientiert.[4]
3.1. Erstes Ausbildungsjahr: Schwerpunkt
Diakonie
Spiritualität:
- Einführung in die christliche Meditation und in die geistlichen Übungen
- Einführung in die Praxis des Stundengebets
- Berufung zum Christsein aus Taufe und Firmung in einer Spiritualität des Alltags
- Klärung der Berufung zum Weiheamt
Caritas und Gesellschaftsverantwortung:
- Theologisches Verständnis für die Diakonie und den Dienst des Diakons
- Unterscheidung zwischen Sozialarbeit und Diakonia Christi
- Einführung in die gesellschafts- und sozialpolitische Verantwortung der Kirche
- Klärung der Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Wohlfahrtspflege und die Zusammenarbeit mit der Diakonie der Kirche
- Kenntnis über die Menschen- und Grundrechte; Kirche und Staat, Zivilgesellschaft und multikulturelle Gesellschaft
- Eigentum und Gemeinschaft, Arbeitsrecht und Sozialpartnerschaft
- Fremden- und Asylrecht und die Prinzipien der Katholischen Soziallehre
- Überblick über die sozialen Interventionsformen der öffentlichen Hand
- Überblick über die Einrichtungen der Caritas auf kategorialer und pfarrlicher Ebene
Pastoral:
- Einführung und Einübung in die pastorale Gesprächsführung
- Einführung und Einübung in die Beratung und Begleitung von Menschen in Krisensituationen: Ehepaare in der Krise, psychisch Kranke, Trauernde, Krankenhauspastoral
Liturgie:
- Einführung in den liturgischen Gesang
Sozialpraktikum:
Fachlich begleiteter Praktikumseinsatz von insgesamt mindestens 60 Arbeitsstunden in einer sozial-karitativen Einrichtung, die nach Gesichtspunkten des späteren Einsatzes auszuwählen ist.
Schriftlicher Bericht über die persönlichen Erfahrungen im Sozialpraktikum.
Selbsterfahrung:
Im Rahmen einer Intensivzeit sollen die Bewerber und ihre Ehepartner zu einer vertieften Klarheit über sich selbst, die Grundzüge ihrer Persönlichkeit, ihre Begabungsschwerpunkte und ihre Grenzen finden.
Beginn des Pfarrpraktikums:
Im Pfarrpraktikum sollen die Bewerber die verschiedenen pastoralen Tätigkeitsfelder kennenlernen. Das Praktikum soll ein Engagement in den verschiedenen pastoralen und administrativen Bereichen ermöglichen, vor allem jenen, welche die Bewerber noch nicht ausreichend kennengelernt haben.
Kontakttreffen zwischen den Ausbildungspfarrern und dem diözesanen Ausbildungsleiter klären die Intention des Pfarrpraktikums, die Aufgaben der Pfarrer, die gegenseitigen Erwartungen und erbringen eine Evaluierung dieser Bewährungszeit.
Der Ausbildungspfarrer trifft sich regelmäßig mit dem Bewerber zum Begleitungsgespräch, um die gemachten Erfahrungen zu reflektieren.
3.2. Zweites Ausbildungsjahr: Schwerpunkt
Verkündigung
Spiritualität:
- Spiritualität des Dienens
- Spiritualität der Verkündigung
- Vorbereitung auf die Dienstämter
- Hinführung zur Mystik im Kontext der gesellschaftspolitischen Verantwortung
- Hinführung zur geistlichen Begleitung (Exerzitien im Alltag)
Theologie des Diakonats:
- Theologie der Kirche und des kirchlichen Amtes
- Geschichte und Theologie des Diakonats
- Weihe und Ehe (Theologie und Praxis)
- Weihe und Ehelosigkeit (Theologie und Praxis)
Die Heilige Schrift in der Verkündigung:
- Geistliche Schriftlesung
- Klärung bibeltheologischer Fragen
- Die Bibel in der Liturgie
- Umgang mit den Heiligen Schriften in der Homilie
- Methoden der Bibelarbeit und Leitung von Bibelrunden
Homiletik:
- Theoretische Einführung in die Homiletik
- Kommunikationspädagogik
- Entwicklungspädagogische Aspekte der Verkündigung
- Rhetorikkurs
- Praktische Übungen zum Predigtdienst
- Schriftliche Reflexion über den Verkündigungsdienst heute
Gemeindepastoral:
- Theologie der Gemeinde
- Gemeindemodelle und ihre Strukturen
- Gemeindekatechese
- Erstellung einer schriftlichen Pfarranalyse über die pastorale Situation in der Heimat- bzw. Wahlgemeinde unter Auflistung aller pastoral relevanten Fakten sowie als Vorschlag zum pastoralen Pfarrkonzept
Pastoral an den Lebenswenden:
- Lebenshilfe und Sterbebegleitung
- Krankenpastoral
- Trauerpastoral
Sakramentenpastoral:
- Gestufte Taufvorbereitung
- Firmvorbereitung
- Ehevorbereitung
- Hinführung zum Bußsakrament
- Hinführung zur Krankensalbung
- Übungen zur pastoralen Gesprächsführung mit kirchlich Distanzierten hinsichtlich der Zulassung zu den Sakramenten und der Vorbereitung auf die Wiedereingliederung
Liturgie:
- Theologie der Liturgie
- Kommunionspenderkurs
- Wortgottesdienstleiterkurs
- Feierliche Gestaltung der Tagzeiten
- Übungen zu Segnungsfeiern
- Liturgischer Gesang
Selbsterfahrung:
Die Interessenten und ihre Ehepartner sollen zu einer vertieften Klarheit über sich selbst, die Grundzüge ihrer Persönlichkeit, ihre Begabungsschwerpunkte und ihre Grenzen finden.
Davon ausgehend sollen sie verstehen, welche pastoralen Methoden ihnen entsprechen.
Selbsterfahrung zur zölibatären Lebensform:
Interessenten, die sich für den lebenslangen Zölibat entscheiden, werden zu einer vertieften Klarheit über diese Lebensform geführt und zur Prüfung ihrer Berufung angeleitet.
Die Einführung in die praktischen Aspekte der zölibatären Lebensform sollte möglichst als Sammelveranstaltung für den Bereich der Bischofskonferenz durchgeführt werden.
Feier der Aufnahme unter die Kandidaten für den Ständigen Diakonat (Admissio).
3.3. Drittes Ausbildungsjahr:
Schwerpunkt Liturgie
Spiritualität:
- Hingabe an Christus in der konkreten Kirche
- Loyalität mit einer Kirche der Heiligen und der Sünder
- Spiritualität des kirchlichen Gehorsams
- Spirituelle Vorbereitung auf die Feier der Admissio
- Weiheexerzitien
- Exerzitien für die Ehefrauen
Caritas und Gesellschaftsverantwortung:
- Zusammenfassung der bisherigen Diakonieausbildung
- Möglichkeiten der konkreten Nothilfe durch den Diakon in der Pfarrcaritas
- Die Einbeziehung der Pfarrgemeinde in die Diakonie und die Begleitung von Mitarbeitern in der Caritasarbeit
Pastoral:
- Leitungsstrukturen in der Kirche
- Führungsstile und Konfliktmanagement
- Der Diakon in den konkreten kirchlichen Strukturen
Liturgie:
- Begräbnisleiterausbildung in Verbindung mit der pastoralen Ausbildung für praktische Aspekte der Trauerpastoral im Zusammenhang mit dem Begräbnisdienst
- Feier der Sakramentalien
- Assistenz bei der Eucharistiefeier
- Feier der Kindertaufe
- Assistenz bei der Eheschließung
- Liturgische Formen, liturgische Kleidung und liturgische Geräte
- Liturgischer Gesang
- Schriftliche Reflexion über die Bedeutung der Liturgie und den liturgischen Dienst
Homiletik:
- Traueransprache
- Ansprachen bei Taufe und Trauung
- Erwachsenenkatechese
- Gemeindekatechese
Einführung in relevante Aspekte des Kirchenrechts:
- Eherecht
- Weiherecht
- Sakramentenrecht
Schriftliche Abschlussarbeit über den vorrangigen Einsatzbereich des Diakons
Feier zur Übernahme der Dienstämter von Akolythat und Lektorat
Feier der Diakonenweihe
4. Verpflichtende Fortbildung in den ersten drei Einsatzjahren:
Die in der Regel dreijährige Pflichtweiterbildung im Anschluss an das Diakonenseminar und die erfolgte Diakonatsweihe dient teilweise der Erweiterung der Ausbildungsinhalte, vor allem aber der Ergänzung dieser Ausbildung im Hinblick auf die Erfordernisse des jeweiligen Einsatzortes der neugeweihten Diakone. Nicht zuletzt soll diese Phase der Weiterbildung für eine intensive Reflexion der ersten Arbeitsjahre und bestmögliche Supervision genützt werden. Folgende Bereiche sollen berücksichtigt werden:
Spiritualität:
- Teilnahme an mindestens dreitägigen Exerzitien pro Jahr
- Geistliche Begleitung
Pastoral:
- Einführung in die geistliche Begleitung
- Pastorale Maßnahmen für Menschen in Sondersituationen (Weiterführung)
- Notfallseelsorge
- Hospizbewegung
Liturgie:
- Einführung in die Assistenz bei der Bischofsliturgie
Theologie:
- Einführung in die Kirchenväter
- Einführung in die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils
- Einführung in den Katechismus der Katholischen Kirche
- Einführung in die Ökumene
Pfarrverwaltung:
- Matrikenführung
Aktuelle Fragen der Moraltheologie und der kirchlichen Soziallehre:
- Bioethik und Gentechnologie
- Abtreibung und Euthanasie
- Schöpfungsverantwortung
- Soziale Gerechtigkeit angesichts von Globalisierung und Neoliberalismus
- Glaube und Arbeitswelt
- Europäische Integration
- Friedensethik
- Die Heiligung des Sonntags
- Ökumenische Aspekte der sozialen Verantwortung
Supervision:
- Familienleben und kirchliches Amt
- Der Dienst in der Pfarrgemeinde
- Caritas und andere Einsatzfelder
Triennalkurse:
Teilnahme an den Triennalkursen für Priester, Diakone und Pastoralassistenten und anderen diözesanen Fortbildungsveranstaltungen.
Wahlausbildung:
Jeder Diakon erstellt jährlich gemeinsam mit dem Ausbildungsleiter (bzw. mit dem bischöflich Beauftragten) ein individuelles Weiterbildungsprogramm. Dieses richtet sich, ergänzend zur allgemeinen Weiterbildung, nach den Erfordernissen des jeweiligen Einsatzgebietes.
Diese Rahmenordnung wurde von der Österreichischen Bischofskonferenz in ihrer Frühjahrsvollversammlung von 9. bis 12. März 2009 beschlossen und von der Kongregation für das katholische Bildungswesen am 20. Februar 2010 approbiert. Sie tritt mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz in Kraft.
[1] Immer wenn in dieser Rahmenordnung der Begriff „Diakon“ verwendet wird, ist damit der Ständige Diakonat gemeint und nicht jener Diakonat als Durchgangsstufe zur Priesterweihe (Dir., 39)
[2] Vgl. Ratio fundamentalis (RF) 82. Nach Kenntnis entsprechender Vorgaben des kirchlichen Studienrechts soll die Zahl der Stunden in ECTS umgewandelt werden.
[3] Dieser Zusatzkurs wird derzeit in Zusammenarbeit der Theologischen Kurse mit der Arbeitsgemeinschaft der Ausbildungsleiter für den Ständigen Diakonat durchgeführt.
[4] Vgl. RF 49–56.