Statut der Kirchlichen Stiftung Opferschutz
(Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz, Nr. 52 vom 15. Mai 2010, II. 4.)
Die Österreichische Bischofskonferenz errichtet mit Wirksamkeit vom 10. Juli 2010 gemäß cann. 114 ff. CIC die
Kirchliche Stiftung Opferschutz.
Aufgrund des Beschlusses der Sommerplenaria der Österreichischen Bischofskonferenz vom 22. Juni 2010 in Mariazell wird die Stiftung mit dem Tätigkeitsbereich des Gebietes der Österreichischen Bischofskonferenz, das ist das Gebiet der Republik Österreich, gegründet.
Durch Hinterlegung der Anzeige über die Errichtung wird der Stiftung gemäß Art. II und Art. XV § 7 des Konkordates zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl vom 5. Juni 1933, BGBl. II Nr. 2/1934, auch Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich als Körperschaft des öffentlichen Rechts zukommen.
Die in diesem Statut verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gelten unabhängig von der gewählten grammatikalischen Form für Personen beiderlei Geschlechts.
Die Stiftung erhält nachstehendes
STATUT
§ 1 Name und Sitz der Stiftung
Die Stiftung führt den Namen „Kirchliche Stiftung Opferschutz“ und hat ihren Sitz in Wien.
§ 2 Aufgabe und Mittel der Stiftung
1. Aufgabe der Stiftung ist es, jenen Personen, die von Priestern, Ordensleuten, haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern von Einrichtungen der römisch-katholischen Kirche in Österreich in ihrer sexuellen Selbstbestimmung oder körperlichen Integrität schuldhaft und rechtswidrig verletzt wurden, materielle Hilfeleistung zur Finanzierung notwendiger Beratungs- und Therapiemaßnahmen und subsidiär oder ersatzweise zu den Schadenersatzforderungen gegen die unmittelbaren Täter finanzielle Hilfe anzubieten.
2. Die Stiftung verfolgt daher ausschließlich kirchliche und gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 35 und 38 BAO, BGBl. 194/1961 idgF und § 5 Abs. 1 Z. 6 KStG 1988, BGBl. Nr. 401/1988 idgF und ist nicht auf Gewinn ausgerichtet.
3. Die Stiftung wird diese Aufgaben mit folgenden ideellen und materiellen Mitteln erfüllen:
3.1 Ideelle Mittel
3.1.1 Kooperation mit unabhängigen Opferschutzeinrichtungen
3.1.2 Koordinierung der Ombudsstellen der österreichischen Diözesen und anderer gleichartiger
kirchlicher Beratungseinrichtungen
3.1.3 Durchführung von Informationsveranstaltungen.
3.2 Materielle Mittel
3.2.1 Die Bischofskonferenz wird in Kooperation mit der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs und der Vereinigung der Frauenorden Österreichs nach Maßgabe der Erfordernisse für die Dotation der Stiftung sorgen, sodass diese in der Lage ist, ihre satzungsgemäßen Aufgaben zu erfüllen.
3.2.2 Die Stiftung wird sämtliche übrigen Einrichtungen der römisch-katholischen Kirche, insbesondere
aber jene, in deren Wirkungsbereich die im Punkt 1. angeführten Delikte geschehen sind, einladen, entsprechende Dotationen des Stiftungsvermögens vorzunehmen.
3.2.3 Die Stiftung kann gegen Abtretung der entsprechenden Forderungen seitens der Opfer gegen die unmittelbaren Täter einschlägiger Delikte den Opfern Mittel aus dem Stiftungsvermögen zukommen lassen und dann die Forderungen im eigenen Namen gegen schadenersatzpflichtige Personen geltend machen.
3.2.4 Erträge aus Subventionen und Förderungen, Spenden oder letztwillige Zuwendungen und ähnliche Einnahmen.
§ 3 Organe der Stiftung
1. Die Organe der Stiftung sind
- Vorstand
- Kuratorium.
2. Die Organe und ihre Mitglieder haben nach den Grundsätzen des katholischen Kirchenrechtes für Vermögensverwalter und mit der Sorgfalt eines bonus pater familias (can. 1284 § 1 CIC) zu agieren und sind in allen Angelegenheiten der Stiftung zur Verschwiegenheit verpflichtet.
§ 4 Vorstand
1. Der Vorstand der Stiftung besteht aus drei Personen, die vom Kuratorium der Stiftung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit bestellt werden.
2. Die Vertretung der Stiftung nach außen wird im Bestellungsdekret geregelt. Die Aufgabenverteilung zwischen den Vorstandsmitgliedern regelt eine vom Kuratorium zu erlassende Geschäftsordnung.
3. Die Vorstandsmitglieder sind zur Verwirklichung des Stiftungszweckes nach Maßgabe des Statuts, der Beschlüsse des Kuratoriums und der einschlägigen staatlichen und kirchlichen Rechtsvorschriften verantwortlich.
4. Dem Vorstand obliegt insbesondere:
4.1 Führung der Geschäfte der Stiftung
4.2 Vertretung der Stiftung nach Außen
4.3 Erstellung der Jahresbudgets
4.4 Erstellung der Jahresabschlüsse und der Rechenschaftsberichte
4.5 Vollzug der Beschlüsse des Kuratoriums
4.6 Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung.
5. Der Haushaltsplan ist jeweils bis sechs Monate vor Beginn des kommenden Geschäftsjahres und der Rechnungsabschluss samt dem Lagebericht und dem Prüfungsbericht des Abschlussprüfers (Wirtschaftstreuhänder) bis drei Monate nach Ende des Geschäftsjahres dem Kuratorium zur Genehmigung vorzulegen. Das Kuratorium hat nach Beschlussfassung über Haushaltsplan und Rechnungsabschluss den Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen vom Ergebnis der Beschlussfassung zu informieren.
6. Die Vorstandsmitglieder haben dafür zu sorgen, dass ein Rechnungswesen und ein internes Kontrollsystem geführt werden, die den einschlägigen kirchlichen und staatlichen Anforderungen entsprechen. Es gelten die Kontierungs- und Bilanzierungsrichtlinien der Österreichischen Bischofskonferenz. Die Gebarung der Stiftung unterliegt der Aufsicht durch die Kontrollstelle der Österreichischen Bischofskonferenz.
§ 5 Zustimmungsbedürftige Geschäfte
Die Vorstandsmitglieder haben für nachstehende Geschäfte und Maßnahmen im Voraus einen zustimmenden Beschluss des Kuratoriums oder eines dafür zuständigen Ausschusses einzuholen:
1. Angelegenheiten, welche die allgemeinen Grundsätze der Stiftungsführung, die Änderung der Schwerpunkte der Stiftungsaufgaben oder die mittel- und langfristigen Strategien berühren;
2. grundsätzliche Änderungen der Organisationsstruktur der Stiftung;
3. Erwerb, Veräußerung von und Verfügung über Beteiligungen aller Art, ausgenommen im Rahmen der normalen Bewirtschaftung des Finanzanlagevermögens;
4. Abschluss sämtlicher Rechtsgeschäfte, die nicht zum gewöhnlichen Betrieb der Stiftung gehören und in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung € 20.000,-- im Einzelfall übersteigen;
5. Entscheidungen, die den Bestand, die Organisation und die wirtschaftliche Situation der Stiftung wesentlich zu beeinflussen geeignet sind;
6. Erwerb, Veräußerung und Belastung von unmittelbar betrieblich genutzten Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten;
7. Übernahme von Dienstleistungen für andere Rechtsträger;
8. alle sonstigen Handlungen, die durch Kuratoriumsbeschluss für zustimmungsbedürftig erklärt wurden oder die in ihren Auswirkungen den üblichen Geschäftsverkehr der Stiftung erheblich überschreiten.
Liegt Gefahr im Verzug, sind die Vorstandsmitglieder ermächtigt, die erforderlichen Rechtshandlungen ohne vorherige Zustimmung des Kuratoriums zu setzen. Das Kuratorium ist jedoch ehest möglich über die getroffenen Maßnahmen umfassend zu informieren.
§ 6 Kuratorium
1. Das Kuratorium besteht aus fünf Mitgliedern, von denen drei durch die Österreichische Bischofskonferenz bestellt und je eines durch die Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften und die Vereinigung der Frauenorden Österreichs entsandt werden. Die Funktionsdauer der ernannten Mitglieder des Kuratoriums beträgt fünf Jahre, jedenfalls aber bis zur Konstituierung des neuen Kuratoriums. Die Wiederbestellung ist – auch mehrfach – zulässig.
2. Das Kuratorium übernimmt die Funktion des Wirtschaftsrates der Stiftung gemäß can. 1280 CIC.
3. Jedes Kuratoriumsmitglied kann seine Funktion unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist durch schriftliche Anzeige an den Vorsitzenden zurücklegen. Dieser hat umgehend das Generalsekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz zu verständigen.
4. Die Abberufung eines Kuratoriumsmitgliedes durch die jeweils entsendende Institution ist aus wichtigem Grund auch vor Ablauf der Funktionsperiode möglich. In diesem Fall und bei Ausscheiden eines Mitgliedes aus anderen Gründen wird ein neues Mitglied für den Rest der Funktionsperiode ernannt.
5. Wird das Kuratorium in seiner Gesamtheit abberufen, so führt es die Geschäfte bis zur Konstituierung des neuen Kuratoriums weiter. Es ist Zug um Zug mit der Abberufung ein neues Kuratorium zu ernennen und zu konstituieren.
§ 7 Aufgaben des Kuratoriums
1. Das Kuratorium hat für die Erfüllung des Stiftungszweckes Sorge zu tragen. Es hat die Vorstandsmitglieder zu überwachen und kann jederzeit einen Bericht über die Angelegenheiten der Stiftung verlangen. Das Kuratorium kann die Bücher, Datenbanken und Unterlagen der Stiftung einsehen und prüfen. Es kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen.
2. Dem Kuratorium obliegen insbesondere die
2.1 Bestellung und Abberufung des Vorstandes der Stiftung
2.2 Erlassung einer Geschäftsordnung für den Vorstand
2.3 Beschlussfassung über das Budget (Haushaltsplan) und über eine allenfalls erforderliche Überschreitung des genehmigten Budgets der Stiftung
2.4 Genehmigung des Rechenschaftsberichtes und der geprüften Rechnungsabschlüsse der Stiftung, Entlastung des Vorstandes
2.5 Bestellung eines Abschlussprüfers
2.6 Entscheidung über die dem Kuratorium vorbehaltenen Angelegenheiten gemäß § 5
dieses Statuts.
§ 8 Arbeitsweise des Kuratoriums
1. Das Kuratorium wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter.
2. Das Kuratorium gibt sich und seinen Ausschüssen eine Geschäftsordnung.
3. Die Beschlussfähigkeit des Kuratoriums ist gegeben, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder, einschließlich des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters, anwesend ist. Beschlüsse des Kuratoriums bedürfen, sofern in der Geschäftsordnung kein höheres Quorum vorgesehen ist, der einfachen Mehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende oder dessen Stellvertreter.
4. Das Kuratorium wird vom Vorsitzenden oder in dessen Auftrag vom stellvertretenden Vorsitzenden mindestens vier Mal jährlich einberufen.
5. Die schriftlichen Einladungen für die Sitzungen des Kuratoriums sind unter Bekanntgabe der Tagesordnung mindestens zehn Tage vor dem Zeitpunkt der Sitzung den Mitgliedern zu übermitteln. In dringenden Fällen kann die Einberufung fernschriftlich, telefonisch oder elektronisch unter Wahrung einer Drei-Tages-Frist vor dem Zeitpunkt der Sitzung erfolgen.
6. Zu den Sitzungen des Kuratoriums können die Mitglieder des Vorstandes oder externe Sachverständige beigezogen werden, denen dabei jedoch kein Stimmrecht zukommt.
7. Beschlussfassungen auf schriftlichem Weg sind zulässig, wenn kein Mitglied dem Verfahren widerspricht.
8. Über die Beschlüsse des Kuratoriums ist eine Niederschrift aufzunehmen, die vom Vorsitzenden der betreffenden Sitzung zu unterfertigen und dem Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, den Mitgliedern des Vorstandes und den Mitgliedern des Kuratoriums zuzustellen ist. Auf Verlangen ist eine vom gefassten Beschluss abweichende Meinung in die Niederschrift aufzunehmen.
9. Willenserklärungen des Kuratoriums werden vom Vorsitzenden, bei dessen Verhinderung von seinem Stellvertreter vorgenommen.
10. Das Kuratorium ist der Österreichischen Bischofskonferenz verantwortlich und hat diese regelmäßig zu informieren.
§ 9 Geschäftsjahr
Das erste Geschäftsjahr beginnt mit der Gründung der Stiftung und endet am 31. (einunddreißigsten) Dezember desselben Kalenderjahres.
Die weiteren Geschäftsjahre beginnen jeweils am 1. (ersten) Jänner und enden am 31. (einunddreißigsten) Dezember eines jeden Jahres.
§ 10 Auflösung der Stiftung
Im Falle der Auflösung der Stiftung, gleichgültig aus welchem Grund, und bei Wegfall des gemeinnützigen Zweckes sind Zuwendungen kirchlicher Einrichtungen mit der Bestimmung des Opferschutzes diesem gegenüber als Zweckvermögen abzurechnen. Allfällige bei der Auflösung noch verbliebene diesbezügliche Vermögensposten sind vor der Liquidationsbilanz abzurechnen und rückzuzahlen.
Dann noch allfällig verbleibendes Vermögen fällt der Österreichischen Bischofskonferenz mit der Verpflichtung zu, es ausschließlich für kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Zwecke der Sozialfürsorge zu verwenden.
Gegeben zu Wien, am 10. Juli 2010
Kardinal Dr. Christoph Schönborn OP
Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz
Dieses Statut wurde von der Österreichischen Bischofskonferenz in ihrer Sommervollversammlung vom 21. bis 23. Juni 2010 in Mariazell beschlossen und ist mit 1. Juli 2010 in Kraft getreten.
DEKRET
In der Sommerplenaria 2010 hat die Österreichische Bischofskonferenz am 22. Juni 2010 die Einrichtung einer „Kirchlichen Stiftung Opferschutz“ mit Rechtspersönlichkeit für den kirchlichen Bereich beschlossen und zugleich dem vorgelegten Statut ihre Zustimmung erteilt.
Mit diesem Dekret errichte ich nunmehr auf Grund des oben genannten Beschlusses der Österreichischen Bischofskonferenz die „Kirchliche Stiftung Opferschutz“ mit dem Sitz in Wien mit Wirksamkeit vom 10. Juli 2010 und gebe ihr das von der Österreichischen Bischofskonferenz beschlossene Statut.
Die „Kirchliche Stiftung Opferschutz“ hat Rechtspersönlichkeit für den kirchlichen Bereich als öffentliche juristische Person.
Durch die Hinterlegung dieses Dekrets und des Statuts beim Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Kultusamt, als oberster staatlicher Kultusbehörde erlangt die „Kirchliche Stiftung Opferschutz“ gemäß Artikel XV § 7 des Konkordates vom 5. Juni 1933, BGBl. II Nummer 2/1934, Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich.
Dieses Dekret dient zur Vorlage und Hinterlegung bei der obersten staatlichen Kultusverwaltung und ist gemäß § 2 Ziffer 3 Gebührengesetz 1957 gebührenfrei.
Gegeben zu Wien, am 10. Juli 2010
Kardinal Dr. Christoph Schönborn OP
Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz
Die Stiftung hat im Sinne Art. XV § 7 des Konkordates 1933/34 mit 13. Juli 2010 Rechtspersönlichkeit als öffentliche juristische Person für den staatlichen Bereich erlangt.