Richtlinien für pastorale Dienste
(Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz, Nr. 9 vom 3. Mai 1993, II. 1.)
1. Präambel.
1.1. Wir leben in einer Umbruchsituation, die neben Schwierigkeiten auch große Chancen bietet. Ziel dieser Richtlinien ist es, in dieser Situation neue Perspektiven aufzuzeigen, die nicht Ersatzlosungen anbieten, sondern aus der Sicht der Kirche als „Communio“ sich ergeben.
Jedes Glied der Kirche soll seine eigene Berufung und Verantwortung erkennen, damit die Kirche als ganze und in ihren einzelnen Gemeinden ihre Sendung der Vergegenwärtigung Christi und seines Erlösungswerkes entsprechend verwirklichen kann.
1.2. Alle Getauften und Gefirmten (Laien, Ordensleute, Diakone, Priester) sind immer wieder von neuem aufgerufen, in der persönlichen und gemeinschaftlichen Umkehr den Weg der Nachfolge zu gehen (vergleiche Mk 1,15) und so die Communio mit Christus in seiner Kirche zu leben. Wege dazu mögen verstärkt gesehen und gefordert werden. Das Nachdenken über das Geheimnis der Kirche und ihre Bausteine — das Wort und das Brot, die Verkündigung und die Sakramente — ist daher unerlässlich. Das Wirksamwerden unserer Bemühungen in der Pastoral hängt weitgehend von der Richtigkeit ihres Ansatzes ab, ebenso die Freude und die Zuversicht in unserem Leben.
1.3. Aufgabe der Kirche, aller ihrer Einrichtungen und jedes einzelnen Christen ist die Verkündigung von Christus, in dem alle das Heil finden können. Was wir empfangen haben, müssen wir weitergeben. „Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nicht gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündet?“ sagt der Apostel (Röm 10,14). Die Verkündigung soll zur entschiedenen Nachfolge führen und wieder zur Verkündigung befähigen, deren Grundlage die Verbundenheit mit Christus ist. Der sakramentale Aspekt darf in seiner Bedeutung nicht übersehen werden. Die Vielfalt der Möglichkeiten soll gesehen und nach Kräften genutzt werden. Eine vorrangige Aufgabe ist es daher, neue Verkünder, Männer und Frauen, als überzeugte Mitarbeiter zu gewinnen.
1.4. Das Zeugnis des Glaubens im Alltag ist Grundlage für alle pastoralen Tätigkeiten. „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,15). Aufgabe aller kirchlichen Ämter und Einrichtungen ist es, zum Apostolat zu motivieren und zu befähigen. Besondere Bedeutung hat dieses Apostolat in den Familien.
1.5. In dieser Gesinnung des „Zeuge-Seins“ werden die Gemeinden befähigt, auch Subjekt und Träger der Pastoral zu werden. Nicht die Hauptamtlichen (Priester und Laien) allein tragen die Verantwortung für das Leben der Pfarre. Schon bisher ist in dieser Hinsicht viel Gutes geschehen: im Religionsunterricht, in der Arbeit der Pfarrgemeinderate, durch die Katholische Aktion, durch die spirituellen Bewegungen, im Wohnviertelapostolat u. a.
1.6. Das allgemeine Priestertum der Gläubigen und das Dienstamt des Priesters sind aufeinander zugeordnet (vergl. Lumen Gentium Nr. 10). Die folgenden Richtlinien für konkrete Beauftragungen sollen einerseits einen geordneten Einsatz in der derzeitigen Personalsituation ermöglichen, andererseits aber auch die Bedeutung der gemeinsamen Mitverantwortung aller Glieder der Kirche zum Ausdruck bringen.
2. Die Betrauung von Diakonen und Laien mit pastoralen Aufgaben.
2.1. Die Sorge um die Evangelisierung und für das Leben der Pfarre tragen alle Gläubigen der Gemeinde gemeinsam in Verbundenheit mit der Weltkirche und besonders durch die Einheit mit Papst und Bischof.
2.2. Die Verantwortung für die Gesamtpastoral tragt der Pfarrer. Sein priesterlicher Dienst ist unverzichtbar. Für Teilbereiche können Diakone und Laien beauftragt werden.
2.3. Der Diözesanbischof kann bei Priestermangel nach Bestellung eines Pfarrers (Moderators) mit einem eigenen Dekret Diakone, Ordensleute oder Laien mit konkreten pastoralen Aufgaben betrauen (can 517/2 CIC).
2.4. Folgende Aufgaben können je nach Notwendigkeit an haupt- oder ehrenamtliche Mitarbeiter entsprechend ihrer Ausbildung und Fähigkeit übertragen werden:
- Leitung, Forderung und Organisation des gemeinsamen Gebetsiebens in der Gemeinde.
- Vorbereitung und Organisation der Gottesdienste der Pfarre (Gottesdienstverantwortlicher).
Wortgottesdienstleiter und Kommunionhelfer bekommen eine eigene Beauftragung. - Sorge um Vorbereitung und Feier der Sakramentenspendung.
- Pfarrcaritas, Betreuung der Alten und Kranken.
- Führung der Pfarrkanzlei und der Matriken mit Zeichnungsberechtigung nach den diözesanen Vorschriften.
- Organisation pfarrlicher Veranstaltungen, Aktivitäten und Aktionen.
- Sorge für die Arbeit des Pfarrgemeinderates und seiner Ausschüsse entsprechend der diözesanen Ordnung.
- Verwaltung des Kirchenvermögens entsprechend der diözesanen Ordnung, der Messstipendien und Stolgebühren sowie anderer Treuhandgelder.
- Sorge für die kirchlichen Gebäude.
- Friedhofverwaltung.
- Erstellung der jährlichen Kirchenrechnung.
2.5. Wer eine solche Aufgabe übernimmt, wird bemüht sein, die Charismen in der Gemeinde zu wecken und zu fördern und Mitarbeiter zu gewinnen.
2.6. Es ist anzustreben, dass die ehrenamtlich Beauftragten aus der Pfarre kommen, für die sie beauftragt werden.
2.7. Für Ausbildung und Weiterbildung von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern, besonders auch auf spirituellem Gebiet, ist Sorge zu tragen.
2.8. Die Pfarrgemeinden sind auf solche Beauftragungen vorzubereiten.
3. Einzelhinweise:
3.1. Kleine Pfarren sollen nicht aufgelöst werden, sondern vielmehr als kleine Seelsorgeeinheiten weiter bestehen.
3.2. Die Bildung von Pfarrverbänden möge angestrebt und durch Zusammenarbeit in der Pastoral vorbereitet werden.
3.3. Für den Ständigen Diakonat sowie für die verschiedenen hauptamtlichen Dienste der Laien soll geworben werden.
3.4. In den ersten Dienstjahren soll für Priester und Laien eine Praxisbegleitung eingerichtet werden.
3.5. Die Ersteilung eines Personalplanes soll eine möglichst gerechte Verteilung der Priester, Diakone und hauptamtlichen Laien ermöglichen.
Diesen Richtlinien hat die ÖBK am 1. April 1993 ihre Zustimmung gegeben und die Veröffentlichung angeordnet.