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Pax et bonum; et: ad multos annos Ein virtueller Geburtstagsbrief an Prof. em. Dr. Józef Niewiadomski zum 70. Geburtstag

Autor:Siebenrock Roman
Veröffentlichung:
Kategoriefak
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2021-02-11

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Lieber Józef,

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es kommt mir wie gestern vor, dass Du im Juni 2019 Deine „Abschiedsvorlesung“ gehalten hast und seit Oktober als Emeritus uns erhalten geblieben bist. Ich habe Dich damals als einer der Freigelassenen bezeichnet und wir sind dankbar, dass Du mit Rat, denkwürdigen Beiträgen und mit Deiner einzigartigen Persönlichkeit in unserem Institut präsent geblieben bist. Dass in diesen seltsamen Zeiten an Feiern nicht zu denken ist, zumal Du ein lebendiger Zeuge sakramental-leiblicher Gegenwart bist, will ich wenigstens mit diesem Brief an Deinen runden Geburtstag erinnern.

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Deine Verdienste um die Fakultät, der Du seit 1972 verbunden bist, will ich hier nicht aufzählen. Das hieße ja Eulen nach Athen tragen. Dass Du als Professor und in Deinen langjährigen und zahlreichen akademischen Funktionen „der Niewi“ geblieben bist, haben so viele erfahren; auch jene, die mit Deinem „Tiroler-Sonntags-Schlusslicht“ immer wieder neu Kurs halten können; genährt und gestärkt von Deinen ebenso amüsanten wie hintergründigen Geschichten. An diese „Niewi-Erfahrung“ möchte ich heute in persönlicher Perspektive erinnern. Natürlich kann ich nur Zufallsmomente ansprechen, die mir wertvoll geworden sind. „Zufall“ ist ja das Pseudonym zur Bezeichnung jener Ereignisse, die nicht als intendierte Folge unseres auf Zwecke und Ziele gerichteten Handelns einstellen, sondern die höchst kontingent zwar nicht ohne uns aber nicht aus unserem Wollen eintreffen. Unter diesem Pseudonym sind schon viele Menschen Engeln begegnet. Das beste Indiz für deren Gegenwart ist das Gefühl der Dankbarkeit, das in uns dadurch erwacht. So möchte ich persönlich Dir wenigstens ein wenig für manches öffentlich danken:

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Zuerst danke ich dafür, dass es Dich 1972 ins Canis nach Innsbruck verschlagen hatte. Der Bauernbub aus Ostpolen und Priesterseminarist aus Lublin kam nach Tirol; - und blieb seiner ersten Heimat mit ihrer komplexen Geschichte treu. Welche Geschichten Du mitbrachtest erfuhren wir erst später; tief verwickelt mit den Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Deine Deutschprüfung, mit der Deine Zulassung als ordentlicher Hörer hier in Innsbruck verbunden war, ist bereits Legende und wurde zum Jubiläum der Universität dokumentiert.

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Dann der Mensch und Priester Niewi, der für so viele zum Freund und Lebensengel wurde. Manche Bilder stellen sich dabei ein. So viele Menschen verdanken Dir, nicht nur auf dem unerschöpflichen Feld der Oper und Dramatik, so viele Momente gelungenen Lebens, in denen spürbar wurde, wovon du träumst und nicht müde wirst, es anzusagen: jenes himmlische Hochzeitsmahl mit den erlesensten Weinen und den köstlichsten Speisen. Auch in diesen Zeiten hast Du den Samen christlicher Hoffnung und Lebensbejahung ausgesät. Mögen sie wachsen und gedeihen.

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Dann Deine einzigartige Verkörperung des Lehrers: der Prediger, der Professor, der Begleiter, der Inspirator und der treu-kreative Schüler (nicht nur) Deines Lehrers Raymund Schwager. Deine Begeisterung, die noch im scheinbar abgestandenen dogmatischen Stoff das Drama von Mensch und Gott zu entschlüsseln vermag, erzählen alle, die dich hörten. Du hast die mimetische Theorie, die Du in der Rezeption Deines Freundes Raymund Schwager dramatisch weitergeführt hast, von ihren Neigungen zum Jansenismus wohltuend befreit. Mit „Jansenismus“ meine ich jenes fatale Gemisch aus Moralisierung und doktrinärer Engführung, die das neuzeitliche Christentum zutiefst gerade im deutschen Sprachraum geprägt hat. Dabei schließt Du die Augen vor den Abgründen, Katastrophen und Ambivalenzen der Menschen und unserer Zeit nicht. Doch Dein Blick ist zunächst analytisch-aufklärend und dann zusprechend ermutigend und heilend, weil auch für Dich die Gnade allem unserem Tun und Sein vorausgeht. Durch Dich habe ich den Schnapspriester aus Graham Greenes („The power and the glory“) erst richtig zu sehen gelernt. Du wirst nicht müde, vor der fatalen Logik der Skandalisierung zu warnen. Wie wichtig Dein Wort in diesen Zeiten ist, finde ich in jener Alternative, mit der Du Deinen Aufsatz über diesen Roman abschließt: „Die Kirche verdankt sich einer anderen Logik; sie schöpft ihre Lebensenergie nicht aus der Lust am Scheitern und Skandal. Sie weiß sich getragen von Gott, dem ‚Liebhaber des Lebens‘. Deswegen kann sie mit der Erfahrung der Schuld leben. So wird sie wohl auch solange existieren, solange es Menschen gibt. Dafür bürgen die Menschen mit ihrer Schulderfahrung, vor allem aber Gott selbst mit seiner Gnade.“[1]

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So darf ich Dir allen Segen an diesem Tag erbitten: pax et bonum! Und auch ein wenig „egoistisch“ uns wünschen: „ad multos annos“!

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[1] Niewiadomski, J., Dramatische Figuren des Glaubens. Christlich glauben in den Herausforderungen von heute. Hrsg. Mathias Moosbrugger und Karin Peter. Freiburg-Basel-Wien 2019, 291.

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