Schaut man sich die Entwicklung letzter Jahre an, so wird man nur eines nicht bezweifeln können: Die kulturelle Basis, auf der unsere Gesellschaft noch gemeinsam Ostern als Feiertage erleben kann, ist bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Aus einer klaren und gesellschaftlich unterstützten Einteilung der Karwoche in die Zeit der Spannung, der Trauer, des Innehaltens und der Freude ist inzwischen eine Woche, wie jede andere geworden. Die Tragödie und Komödie reichen sich da die Hand; auch am Karfreitag wird ja der Fernsehzuschauer mit Komödien reichlich bedient. Wo liegt also das Problem und das Dilemma? Zuerst im kirchlichen Fest. Anders als Weihnachten, bietet Ostern keinen mehrdeutigen Inhalt an. Weder Familienfest, noch Geschenkorgie, und schon gar nicht Friedensidylle stellen hier die Projektionsfläche für den konsumierenden und feiernden Zeitgenossen dar. Das Geheimnis des Todes, das entsetzliche Leiden und die Einsamkeit, die trotz aller Mühe, den Menschen immer wieder einholen, schlussendlich die Überwindung des Todes durch das Leben bilden den ärgerlichen Gehalt dieses Festes.
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