- Leseraum
| GestaltpädagogikAutor: | Scharer Matthias |
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Veröffentlichung: | |
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Kategorie | artikel |
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Abstrakt: | Der Beitrag im 'Methodischen Kompendium für den Religionsunterricht 2 - Aufbaukurs, hrsg. von G.Adam/R. Lachmann führt systematisch in die Gestaltpädagogik ein. Der Schwerpunkt des Beitrages liegt in der religionspädagogischen Rezeption des Ansatzes, wie sie u.a. von A. Höfer und vom Grazer Kreis geleistet wurde. Das Gestaltdenken im Religionsunterricht und typische Gestaltmethoden wie das Erzählen und unterschiedliche Formen des Spiels werden beispielhaft dargestellt. |
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Publiziert in: | Adam, Gottfried/Lachmann, Rainer (Hg.), Methodisches Kompendium
für den Religionsunterricht 2 - Aufbaukurs, Göttingen
2002, 98 - 109. |
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Datum: | 2002-09-26 |
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Inhalt1
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Pädagogisch-didaktische Ansätze, wie die Gestaltpädagogik, welche sich nicht auf eine Methode beschränken, begegnen uns im (Religions-)unterricht niemals in Reinkultur. Sie sind mit anderen Ansätzen vermischt. Es ist meist schwer zu sagen, was an einer konkreten Religionsstunde „typisch gestaltpädagogisch" ist. Trotz dieser Unschärfe gibt es einige Merkmale für eine gestaltpädagogische Unterscheidung, die sich vor allem auf der Basis ihrer Herkunft und ihrer spezifischen religionsdidaktischen Rezeption treffen lässt.
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Gestaltpädagogik ist ein Sammelbegriff für verschiedene (päd-)agogische Richtungen, die sich auf Gestalttheorie, Gestaltpsychologie und Gestalttherapie beziehen. Spezielle Anwendung findet die Gestaltpädagogik in der „confluent education" von G. I. Brown und Mitarbeitern(1) als „amerikanische" und in der „integrativen (Päd-)Agogik" von H. G. Petzold und Mitarbeitern (2) als „europäische" Richtung. Letztere wurde speziell von A. Höfer und dem „Grazer Kreis" religionspädagogisch verortet(3) und in Verbindung mit anderen katechetischen Ansätzen vermittelt. Die Themenzentrierte Interaktion (R. C. Cohn)(4), die von H.G. Petzold der Gestaltpädagogik zugezählt wird, (5) ist trotz teilweise gemeinsamer Grundlagen, wie der holistischen Prämisse und der Ausrichtung auf ganzheitliches lebendiges Lernen, von der Gestaltpädagogik zu unterscheiden. Mit J. Bürmann (6) und anderen (7) lässt sich eine teilweise Kongruenz zwischen ganzheitlichem lebendigem Lernen, wie es die TZI praktiziert, und dem persönlich bedeutsamen Lernen festhalten, wie es die Gestaltpädagogik in Anwendung von G. W. Alports Begriff des „biographical learning" anstrebt.
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Confluent education bezeichnet das Bemühen um „confluence" in der Erziehung und Bildung. Damit ist das Zusammenfließen von affektiven und kognitiven Bereichen des Lernens in konkreten Unterrichtsprozessen gemeint, welches - zu „bedeutungsvollem" Lernen führen soll. Ausdrücklich zielt die confluent education auf die Entwicklung einer ganzheitlich integrierten, wahrnehmenden, verantwortungsbewussten, nicht manipulierenden Persönlichkeit ab. Diese soll fähig sein, sich auf das Geschehen im Hier und Jetzt einzulassen. Das gilt nicht nur für die SchülerInnen, sondern in besonderer Weise auch für die LehrerInnen. Demnach kommt in der confluent education neben dem gestaltpädagogisch orientierten Unterricht der Arbeit an der Persönlichkeit des Lehrers/der Lehrerin, zum Beispiel in der Form von Gestalt-Awareness-Trainings (8), große Bedeutung zu. Solche LehrerInnentrainings sollen dazu befähigen, Gestaltpädagogik nicht als Rezept oder Technik anzuwenden, sondern wie ein Künstler zu improvisieren und der jeweiligen Klassensituation angemessene Lernsituationen zu „erfinden". Die langen Fähigkeitskataloge für den gestaltpädagogisch ausgebildeten Lehrer werden nicht als Leistungsanspruch verstanden, sondern als Richtschnur für eine langfristige Persönlichkeitsentwicklung. Durch die starke Gewichtung der confluent education auf die Persönlichkeitsentwicklung auch im Lehr-/Lernprozess, welche durch die Übertragung von Gestaltprinzipien, wie der „freundlichen Frustration" , der „Verdeutlichung" oder der „Schließung einer offenen Gestalt" ermöglicht werden soll, ist Gestaltpädagogik vor allem auf die Veränderung des „versteckten" Curriculums, das zwischen LehrerInnen und SchülerInnen, aber auch zwischen den SchülerInnen untereinander abläuft, ausgerichtet und bietet eher weniger Anhaltspunkte für das inhaltliche Lernen im Unterricht.
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Integrative (Päd-)Agogik , wie sie von H. G. Petzold und Mitarbeitern am Fritz-Perls-Institut für integrative Therapie, Gestalttherapie und Kreativitätsförderung in Düsseldorf entwickelt worden ist, ist ein umfassender agogischer Ansatz, der ursprünglich auf Erwachsenenbildung (9), Vorschulpädagogik(10) und Altenarbeit(11) ausgerichtet war und erst später auf schulisches Lernen übertragen wurde. Integrative Pädagogik darf durch ihren breiten geschichtlichen Bezug, den sie bis in die Antike zurückleitet, nicht nur als didaktische Anwendung der Gestaltpsychologie und -therapie verstanden werden. Sie sprengt den Rahmen eines didaktischen Konzeptes und ist am treffendsten als philosophisch-pädagogische Anthropologie zu bezeichnen. In der integrativen Pädagogik vereinigen sich eine holistische Welt- und Menschensicht, wie sie dem Gestaltdenken eigen ist, mit korrelierenden pädagogischen Ansätzen. Gestalttherapeutische, psychodramatische und meditative „Techniken" werden zu integrativen Lernwegen verbunden. LehrerInnen und SchülerInnen kommen als „Leib-Seele-Geist-Subjekte" in ihren jeweiligen ökologischen Umfeldern deutlich in den Blickpunkt. Die leib-seelische Verfasstheit der SchülerInnen wird bewusst angenommen und der Aufbau ihrer Identität als Bildungsziel betrachtet. Altersadäquate Freude an Sinneseindrücken wird didaktisch genutzt: Riechen, Schmecken, Tasten, Sehen, Hören usw.. Der Umgang mit verschiedenen Materialien, wie Ton, Fingerfarben, Stoffresten gehört selbstverständlich zum gestaltpädagogischen Unterricht. Körperübungen, die auf inneres Erleben, Meditation und Selbstwahrnehmung ausgerichtet sind, fördern das Unterrichtsgeschehen. Auch hier spielen Awareness-Übungen, welche eine umfassende Aufmerksamkeit fördern, eine entscheidende Rolle. Angestrebt wird ein Lernen durch Erfahrung vitaler Evidenz, indem körperliches Erleben, emotionale Erfahrung und rationale Einsicht konvergieren; dies soll Erfahrungen ermöglichen, die unmittelbar und total eingängig sind.
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Da religiöses Lernen in der Schule auf ein Lernen mit „Hirn, Herz und Hand" (Pestalozzi) ausgerichtet ist und persönlich bedeutsames Lernen intendiert, liegt die Rezeption gestaltpädagogischer Elemente im Religionsunterricht nahe. Dabei bleiben Fragen der „weltanschaulichen Verträglichkeit" der Konzepte weitgehend unreflektiert. Auf diesem Hintergrund wird verständlich, dass sich eine umfassende Rezeption der Gestaltpädagogik im Hinblick auf den Religionsunterricht, wie sie durch A. Höfer und den „Grazer Kreis" geleistet wurde, nicht nur auf die Gestaltpädagogik bezieht, sondern anthropologische und theologische Ansätze integriert.
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Die wichtigste Anregung zur Übernahme des Gestaltdenkens in die Katechese (12) bekam A. Höfer durch die Theologie, nämlich durch das Werk des Systematikers H.U. v. Balthasar. Er schließt es in seiner Buchreihe „Herrlichkeit" mit einer theologischen Ästhetik ab. Darin bezieht sich v. Balthasar ausdrücklich auf die Gestalttheorie (13). Die Entdeckung der „mystagogischen, tiefenreligiösen Dimension" der Psychotherapie schreibt A. Höfer der Begegnung mit Graf Dürkheim zu(14). Mit der gestalttherapeutischen Ausbilung A. Höfers am Fritz-Perls-Institut in Düsseldorf und in Kontakt mit H. G. Petzold wurde diese Richtung bei ihm verstärkt. Im katechetischen Ansatz A. Höfers und seiner MitarbeiterInnen sind theologisch-philosophische Ansätze (R. Guardini, G. Marcel, P. Dessauer, H. Schlier, K. Rahner, P. Schoonenberg, E. Schillebeeckx), religionspädagogische Theorie und Praxis (K. Tillmann, F. Schreibmair, G. Hansemann, F. Oser, Mitautoren der Glaubensbücher), gestalttheoretische, therapeutische und pädagogische Ansätze verwoben.
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Um zu begreifen, was eine Gestalt ist und was das Gestaltdenken und -handeln im Religionsunterricht bedeuten kann, muss nochmals auf die Wurzeln dieser Theorien zurückgegriffen werden.
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In Auseinandersetzung mit dem Problem der nicht mehr aufspaltbaren Grundeinheit des Seelischen und des Bewusstseins, wie sie Ende des vorigen Jahrhunderts in der Philosophie nach dem Modell der empirischen Wissenschaften üblich war (z.B. Entdecken der Teiltöne), wirft Ch. v. Ehrenfels (1859 bis 1932) die Frage auf „... ob man tatsächlich in jedem Fall durch immer weitere und feinere Aufgliederung dem eigentlichen Wesen von Bewußtseins-Erscheinungen näherkomme." (15) Ch. v. Ehrenfels beantwortet diese Frage auf Grund seiner Untersuchungen mit Nein: Seiner Ansicht nach lässt sich eine Intensitätsstufe der Aufgliederung (z.B. das Zerlegen einer feierlichen Melodie in Klangelemente) feststellen, welche die Eigentümlichkeit des unmittelbar Gegebenen verschwinden lässt. Von daher gibt es neben der Konzentration auf die einzelnen Teile auch eine Aufmerksamkeit, die auf das Ganze gerichtet ist, und der damit Eigenschaften des Ganzen zugänglich werden. Aus der Betrachtung des Ganzen kommt Ehrenfels zu „Gestaltqualitäten", die „nicht etwa als ein Gemenge aus den Eigenschaften von Teilen oder Elementen verstanden werden können, sondern ihre Grundlage in dem Aufbau, der Struktur, der Gestalt des Ganzen haben oder, wie man auch sagen kann, in dem Geflecht der Beziehungen, die sich in ihm unterscheiden lassen."(16) M. Wertheimer (1880 bis 1943) führt die Fragestellung weiter, indem er nach der Veränderung der Einzelinhalte fragt, wenn sie in die Teile des Ganzen eingehen; denn das Ganze ist etwas anderes als die Summe der Teile. „Es kommen nicht etwa nur zu den - unveränderten - Teilen Gestaltqualitäten hinzu, sondern alles, was zu einem Teil eines Ganzen wird, nimmt selbst neue Eigenschaften an." (17)
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Solche „Gestalten" mit ihren spezifischen Qualitäten können sich auch im Religionsunterricht zeigen. Nicht das Vielerlei von religiösem Einzelwissen bildet den Menschen, sondern die identifizierende Annäherung an Grundgestalten des Glaubens. Als solche gelten zunächst biblische Gestalten, allen voran die Gestalt Jesu. In Verbindung mit einer biblisch-kerygmatischen Katechese werden große Gestalten des ersten Testamentes, wie Abraham, Mose, David, Jeremia und andere, in einer Weise in den Religionsunterricht eingeführt, dass SchülerInnen Identifikationsmöglichkeiten eröffnet werden. Neben den biblischen Gestalten können auch zentrale Symbole des Glaubens, wie das Kreuz, als Gestalt begriffen werden. In einem gestaltorientierten katholischen Religionsunterricht gilt auch das Kirchenjahr als Gestalt mit vielfältigen Identifikationsmöglichkeiten.
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A. Höfer bringt in seiner narrativen Religionspädagogik ein anschauliches Beispiel dafür, was das Gestaltdenken bedeuten kann: Wenn ich im Flugzeug fliege und kurz vor der Landung die unten liegende Landschaft sehen will, dann kann ich von Fenster zu Fenster hasten, um möglichst viele Blickwinkel zu erheischen. Ich kann auch ruhig durch ein Fenster blicken und sehe das Ganze dessen, was es zu sehen gibt, obwohl ich nicht alle möglichen Einzeleindrücke gewonnen habe. Demgemäß geschieht im gestaltorientierten Religionsunterricht eine Verlangsamung in die Richtung, dass den SchülerInnen die zentralen Glaubensgestalten zugänglich gemacht werden.
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In einem gestaltpädagogisch orientierten Religionsunterricht findet nicht nur die Gestalttheorie Anwendung. Ein solcher Unterricht ist auch von Gestaltmethoden geprägt, die z.T. aus der Gestalttherapie in die Gestaltpädagogik hinein übertragen werden. Typisch gestaltpädagogische Methoden, wie das Bibliodrama, sind in das allgemeine Methodenrepertoire des Religionsunterrichtes eingegangen und werden in diesem Buch zum Teil in eigenen Beiträgen behandelt. Grundsätzlich sind alle Methoden, welche die Ganzheitlichkeit des Menschen beachten, dem gestaltpädagogischen Lernen angemessen. Das betrifft den Einbezug des Körpers durch die Nutzung der Sinneseindrücke, durch den körperlichen Umgang mit den unterschiedlichsten Materialien, durch Körperübungen, Meditation und Gebet, ebenso wie die Beachtung des Emotionalen und des Denkens. Die tiefe innerliche Berührung von SchülerInnen und LehrerInnen durch identifizierendes Erzählen, Malen, Modellieren oder Spielen wird ebenso angezielt wie das „Nach-Denken" der Prozesse, die bei einzelnen SchülerInnen bzw. in der ganzen Klasse gelaufen sind.
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Da das Erzählen und das Spiel im gestaltpädagogisch orientierten Religionsunterricht breiten Raum einnehmen, seien dafür einige „Regeln" angeführt:
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Erzählen
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- Erzählen setzt die "ursprüngliche Gesprochenheit des Wortes" (M. Buber) in ihren Urzustand zurück. Erzählen ist ein elementares Kommunikationsgeschehen.
- Erzählen hat präsentativen, nicht (wie der theologische Diskurs) diskursiven Charakter. Es ist bilderreich, emotional intensiv, poetisch, metaphorisch....
- Speziell biblische Erzählungen sind in der Regel dicht, knapp, bevorzugen das Verb und setzen das Adjektiv mit äußerster Bewusstheit ein.
- Erzählen weckt im Hörer/in der Hörerin Bilder; es sind Bilder, die engagierte ErzählerInnen vor ihrem inneren Auge sehen und in der Erzählgemeinschaft kommunizieren.
- Weder der/die Erzähler/in noch die Hörerlnnen bleiben in der erzählenden Kommunikation neutral. Sie sehen, erfahren, identifizieren, verstricken sich in die sprachlichen Bilder und Bildfolgen, in die Dramatik der Erzählung wie in ein Geschehen, das sich vor ihren inneren Augen abspielt.
- Deshalb ist es günstig, zunächst in den zu erzählenden Text mit seiner Bild- und Szenenfolge "hineinzugehen", ihn wie ein Schauspiel nach Schauplätzen, handelnden Personen, Interaktionen usw. zu gliedern und sich der Gefühle klar zu werden (z.B. auf wessen Seite stehe ich momentan), die den Erzähler/die Erzählerin jeweils bewegen.
- Die Kommunikation des Erzählers/der Erzählerin geschieht auf der einen Seite mit dem verinnerlichten Erzähltext, den es in seiner Grundstruktur zu erfassen und zu vergegenwärtigen gilt (Ablauf- bzw. Ausdruckskizzen können dazu hilfteich sein) und auf der anderen Seite - gleichzeitig - mit den Zuhörerlnnen, denen sie/er "aufs Maul schaut".
- Das vor den HörerInnen verantwortete theologische Verständnis (die Exegese) des Textes kommt beim Erzählen implizit (mitunter auch explizit) ins Spiel.
- Dasselbe gilt von der Biographie des Erzählers/der Erzählerin. Dabei spielen nicht nur zustimmende Identifikationen, sondern vor allem auch Widerstände, Störungen, Übertragungen und Gegenübertragungen u. ä. eine wichtige Rolle.
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Spiel
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- DerDialog ist eine sehr einfache Spielform, die zwischen dem Erzählen und dem Spielen liegt. Es ist zu entscheiden, wer sich mit welcher Person identifiziert und mit oder gegen welche andere er/sie reden will. Eine besondere Form des Dialoges besteht darin, dass sich ein Mensch mit zwei oder mehreren Personen (oder Standpunkten) identifiziert. Bei dieser Form ist es hilfreich, mit dem Wechsel der Personen auch den Stuhl zu wechseln.
- ImSzenen- oder Rollenspiel werden Erzählungen dramatisiert. Es können Schauplätze mit Bühnenbildern und Gegenstände aufgebaut werden. Die Spielerlnnen können sich auch verkleiden. Diese Spielform eignet sich vor allem für jüngere Kinder.
- Das Hörspiel erfordert einen gewissen technischen Aufwand (Aufnahmegerät, Geräuschkulissen u.a.). Es hat das Image der Erwachsenenwelt und ist daher bei den Heranwachsenden beliebt. Ein besonderer Vorteil besteht in der Reproduzierbarkeit.
- In der (panto-)mimischen oder musikalischen Darstellung werden Momentausschnitte herausgenommen; es wird symbolisch ausgedrückt, wie es den DarstellerInnen in der Situation gerade geht. Ein und derselbe Ausschnitt kann mehrmals hintereinander wiederholt werden.
- Das sogenannte Bibliodrama ist in der Regel ein Spiel ohne Worte oder mit sehr sparsamem Text. Die Identifikation kann nicht nur mit Personen der Erzählung, sondern auch mit Gegenständen, Orten, Gefühlen usw. geschehen. Grundsätzlich gibt es eine Tradition des Bibliodramas, die aus dem Psychodrama (Moreno) kommt und eine Form, die im Theater gründet. In der biblio-/psychodramatischen Form werden in der Regel längere Textpassagen gespielt, in welche die Spielerlnnen identifizierend hineingehen. In der „Theatertradition" wird mitunter nur ein Halbvers der Bibel dargestellt; dies dann in unterschiedlichen dramaturgischen Formen (Komödie, Tragödie, absurdes Theater).
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Eine lebendige Erzählung ist eine ideale Spielvorbereitung. Es ist zu entscheiden, welche Spielform gewählt wird:
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Um die Qualität und gleichzeitig die mögliche Problematik gestaltpädagogisch orientierten Religionsunterrichtes sichtbar zu machen, erzähle ich ein Beispiel aus einer ersten Klasse Hauptschule: Dreißig SchülerInnen der 1b-Klasse sitzen im Stuhlkreis mit dem Lehrer um ein großes Holzkreuz, das der Vater einer Schülerin hergestellt hat. Der Lehrer will das Kreuz, das „zentrale Heilszeichen der Menschheit", das den „meisten aller Heilszeichen ... offen oder heimlich" zu Grunde liegt (18) und eine typische Glaubensgestalt darstellt, handelnd erschließen. Die SchülerInnen wurden in der vorausgehenden Religionsstunde angeregt, Steine vom Schulweg in die Schule mitzubringen; diese wurden in ihrer vieldeutigen Symbolhaftigkeit veranschaulicht (Begegnung mit den Dingen in „awareness"). Das Steinsymbol und die Kreuzgestalt sollen nun mit der Erfahrung der neu entstehenden Klassengemeinschaft verbunden werden: Die SchülerInnen werden eingeladen, einen ihrer Steine zu nehmen und ihn mit einem Wunsch an die Klassengemeinschaft auf das Holzkreuz, das in der Mitte liegt, zu kleben. Die SchülerInnen äußern viele „fromme" Wünsche und Vorsätze für die Klassengemeinschaft: „Ich wünsche mir, dass wir eine gute Klassengemeinschaft bilden!", „ Ich nehme mir vor, nicht zu streiten!" usw. Nun kommt Anna an die Reihe. Halblaut sagt sie: „Mein Stein ist eine Lüge!" Der Lehrer horcht auf: „Was hast du gesagt, Anna? Ich habe es nicht genau verstanden." Da sagt Anna laut und deutlich: „ Mein Stein ist eine Lüge!" Mit einem Schlag ist es totenstill in der Klasse. Der Lehrer lädt Anna ein genauer zu sagen, was sie mit ihrer Aussage meint. Da bricht es aus Anna heraus, sie erzählt: „In der Volksschule haben wir auch immer so Sachen mit Kerzen und Tüchern gemacht und schöne Wünsche dazu geäußert. In Wirklichkeit aber waren wir alle miteinander zerstritten und mich haben die Wenigsten mögen. Ich hatte nie eine Freundin. Was wir hier tun, ist nichts als eine Lüge!" Anna löst eine heftige Diskussion darüber aus, wie ehrlich und offen SchülerInnen im Religionsunterricht und überhaupt in der Schule miteinander sprechen. Die nachfolgenden SchülerInnen äußerten sich wesentlich authentischer, als sie den Stein auf das Klassenkreuz klebten.
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Das Beispiel (19) zeigt die Chance eines Religionsunterrichtes, in dem körperliches Erleben, emotionale Erfahrung und rationale Einsicht konvergieren, also unmittelbar eingängige Erfahrungen möglich werden kann. Es wird aber auch die Gefahr der Klischeebildung durch gestaltpädagogische Settings deutlich, wenn der Widerstand übergangen wird oder die Ambivalenz der Symbole (ein Stein kann verletzen, töten und aufbauen) verloren geht. Nur die Authentizität der Erfahrung von Beginn an, die Widerstand und Irritation bewusst einschließt, ermöglicht es Lernprozesse zu vertiefen.
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Ein wesentlicher Einwand gegen gestaltpädagogisches Handeln im Religionsunterricht besteht darin, dass es im Kontext von Schule sowohl SchülerInnen als auch LehrerInnen überfordere. Für viele gestaltpädagogische Lernschritte seien die Freiwilligkeit der Anwesenheit und ein ausdrücklicher Gemeindebezug Voraussetzung. Tatsächlich reichen die christlich orientierten LehrerInnen-Trainings, die von A. Höfer und der Grazer Schule ausgehen und im „Institut für integrative Gestaltpädagogik und Seelsorge (IIGS)" und in entsprechenden „Schwesterinstituten"(20) eine große Verbreitung gefunden haben, auch weit in den Seelsorgs- und Beratungsbereich hinein.
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Wie gezeigt wurde, kann „die Gestaltpädagogik" im Religionsunterricht unter zwei Perspektiven wahrgenommen werden, die nicht selten ineinander greifen:
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unter dem Blickpunkt des Gestaltdenkens, im Sinne der Rezeption der Gestalttheorie und
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in gestaltpädagogisch orientierten Handlungsformen (Arbeitsformen, Methoden, Medien).
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Das Gestaltdenken bezieht sich primär auf die Gestaltung von Lehrplänen und Schulbüchern. Wie weit geben diese einem gestaltorientierten Denken, Erleben und Handeln Raum bzw. zielen auf ein solches ab? In den katholischen Religionslehrplänen der Primarstufe und Sekundarstufe I in Österreich ist das Gestaltdenken in die symboldidaktische Orientierung der Lehrpläne eingegangen. Solche Elemente finden sich auch in anderen Religionslehrplänen des deutschen Sprachraumes. Die Hereinnahme der Gestalttheorie in den Religionsunterricht stößt dort an Grenzen, wo Lehrpläne und Religionsbücher ausschließlich oder vorwiegend auf einen deduktiven Wissenserwerb ausgerichtet sind.
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Der Einsatz gestaltpädagogisch orientierter Handlungsformen hat im schulischen Kontext unterschiedliche Grenzen:
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- In den religionsdidaktischen Studiengängen gehören gestaltorientierte Handlungsformen - insbesondere an Universitäten - mitunter noch nicht zum Curriculum der ReligionslehrerInnenausbildung. Das hat zur Folge, dass die Möglichkeiten, aber auch die notwendigen Grenzen gestaltpädagogischen Handelns im Religionsunterricht zu wenig ausgelotet werden können.
- Ein grundsätzlicher Einwand gegen die Ausschließlichkeit gestaltpädagogischer Handlungsformen zur Gestaltung des Religionsunterrichtes besteht darin, dass der Gestaltpädagogik eine explizite Beachtung des Themas im Lehr-/Lernprozess fehlt. Indem sie vorwiegend auf Persönlichkeitsentwicklung abzielt, werden die Erfahrungen, Probleme, Entwicklungsdefizite der Lernenden implizit zum Thema. Bei aller Gewichtung der persönlichen Erfahrung der Lernenden im religiösen Lernprozess bedarf es aber eines Thematisierungsmodells, das auch die „von außen", also die aus der Tradition vermittelten Gehalte ausdrücklich thematisieren lässt. Dadurch können gestaltpädagogische Elemente erst inhaltlich ausgerichtet werden, sodass eine wechselseitige Erschließung von Lebenserfahrung und Glaubenserfahrung ermöglicht wird.
- Kritisch zu befragen ist die Gestaltpädagogik auch im Hinblick auf ihr Interaktionsmodell. Die Interaktion bezieht sich vorwiegend auf den (gestaltpädagogisch gut ausgebildeten) Lehrer mit einzelnen SchülerInnen und mit der SchülerInnengruppe. Die Balance der Interaktion von Lehrer/Schüler, Schüler/Schüler droht damit einseitig zu Gunsten eines kompetenten Lehrers/einer Lehrerin, der/die Lernanleitungen gibt bzw. mit einzelnen SchülerInnen oder einer SchülerInnengruppe Persönlichkeitsprobleme bearbeitet, aus dem Lot zu geraten.
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Anmerkungen:
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1. Vgl. u.a. G.I. Brown (Ed.), The Live Classroom, New York 1975;
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2. Vgl. u.a. G.H. Petzold/G.I. Brown (Hg.), Gestaltpädagogik. Konzepte der integrativen Errziehung, München 1977.
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3. Vgl. u.a. M. Scharer, Die religionspädagogische Bedeutung der Arbeit Albert Höfers. Versuch einer kritischen Würdigung, in: H. Neuhold (Hg.), Leben fördern - Beziehung stiften. Festschrift für Albert Höfer, Graz 1997. Die Festschrift enthält u.a. ein Gesamtverzeichnis der Veröffentlichungen A. Höfers.
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4. Sie wird in diesem Kompendium in einem eigenen Beitrag dargestellt; siehe dort auch die entsprechende Literatur.
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5. H.G. Petzold, Gestaltpädagogik, in: ds./G.I. Brown (Hg.), Gestaltpädagogik, 11.
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6. Vgl. J. Bürmann, Gestaltpädagogik - Ein Weg zu humanerem Lernen, in: F. Ch. Sauter, Psychotherapie in der Schule, München 1983, 129 - 157.
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7. O.A. Burow/K.Scherpp, Lernziel: Menschlichkeit. Gestaltpädagogik - eine Chance für Schule und Erziehung, München 1981, 121; vgl. auch: A. Prengel (Hg.), Gestaltpädagogik. Therapie, Politik und Selbsterkenntnis in der Schule, Weinheim u.a.O. 1983.
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8. Vgl. u.a. G.I. Brown, Awareness Training an Creativity an Gestalt Therapie, in: Journal of Contemporary Psychotherapie, Vol. 2, N. 1, pp. 31f.
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9. Vgl. u.a. H.G. Petzold/J. Sieper, Psychodrama in der Erwachsenenbildung, in: Zeitschrift für praktische Psychologie 8 (1979), 429 - 447.
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10. Vgl. u.a. H.G. Petzold/Chr. Geibel, "Komplexes Kreativitätstraining" in der Vorschulerziehung durch Psychodrama, Puppenspiel und Kreativitätstechniken, in: H.G. Petzold (Hg.), Angewandtes Psychodrama, Paderborn 21977.
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11. Vgl. u.a. H.G. Petzold/E. Bubholz, Bildungsarbeit mit alten Menschen, Stuttgart 1976.
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12. A. Höfer vertritt mit seinem Hintergrund des biblisch-kerygmatisch orientierten Religionsunterrichtes einen katechetischen Ansatz in der Schule.
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13. Vgl. A. Höfler, Theorie und Praxis eines gestaltpädagogischen Unterrichtes bei 13- bis 15-Jährigen, unveröffentlichte Diss., Wien 1982.
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14. A. Höfer, Die neuen Glaubensbücher. Einführung in die integrative Religionspädagogik 5. bis 8. Schulstufe, Graz 1979, S 74.
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15. W. Metzger, Was ist Gestalttheorie, in: K. Guss, Gestalttheorie und Sozialarbeit, Darmstadt 1979, 2.
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16. W. Metzger, ebenda, 4.
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17. W. Metzger, ebenda, 6.
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18. A. Rosenberg, Wandlung des Kreuzes. Die Wiederentdeckung eines Ursymbols. Bilder von Michael Eberle, München 1985, 9.
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19. Es wird in einer „Kreuzmeditation" weitergeführt, die ausdrücklich „Leiberfahrung" einschließt und weitet sich zur Begegnung (Händereichen) mit Anderen und zum Gespräch über die christliche Bedeutung des Kreuzes aus.
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20. Integrative Gestaltpädagogik in Bayern (IGB); Institut für ganzheitliche Pädagogik und Seelsorge Rheinland-Pfalz, Saarland e.V. (IGPS), Arbeitsgemeinschaft für integrative Gestaltpädagogik und Seelsorge in der Schweiz; Institut für Gestaltpädagogik in Erziehung, Beratung und Seelsorge Baden-Würthemberg.
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