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Neue Attentate - Krieg gegen den Irak! - Was tun?

Autor:Schwager Raymund
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:Weitsichtige Urteile, die über Eindrücke des Augenblicks hinausgehen, sind gefordert
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2002-10-28

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Im vorausgehenden Kommentar (vgl. Krieg gegen den Irak - Warum?) habe ich gefragt, welche längerfristige Strategie hinter der amerikanischen Kriegsrhetorik stehen könnte. Dabei drängte sich die vorläufige Hypothese auf, das Ziel könnte darin bestehen, "islamische Staaten, die dem Westen ablehnend oder gar feindlich gegenüberstehen, systematisch zu destabilisieren, um sie durch Regime zu ersetzen, die sich dem Westen annähern und ihm freundlich gesinnt sind". Anliegen dieser Strategie wären: Kampf gegen den Terror, Sicherung des Öls und der eindeutigen militärischen Vorherrschaft des Westens, Unterstützung Israels und dies alles verbunden mit dem Anspruch, die bessere westliche Zivilisation mit ihrem Verständnis von Demokratie auszubreiten. Schon im vorausgehenden Kommentar verband ich diese Hypothese mit der Annahme, die westliche Welt würde eine solche Strategie von sich aus nicht mittragen, sie könnte aber unter dem Eindruck zahlreicher Terrorattentate dennoch schrittweise dazu geführt werden, dies zu tun. Inzwischen hat sich einerseits gezeigt, dass es im Westen tatsächlich einen starken Widerstand gegen das Drängen der amerikanischen Regierung zum Krieg gegen den Irak gibt. Anderseits sind zwei große Terrorattentate geschehen (Bali, Moskau), die der amerikanischen Administration sicher gelegen kommen und die ihr de facto helfen, den Widerstand gegen ihre Strategie zu schwächen, wenn nicht gar zu brechen. Wie im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern die extremistischen Kräfte beider Seiten sich ungewollt wechselseitig stützen, so scheint sich auch auf Weltebene ein ähnliches Wechselspiel zu etablieren. Verlierer wäre zunächst aller Wahrscheinlichkeit nach der Islam, längerfristig würde aber auch der Westen sich selber untergraben.

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Damit die unheilvolle Spirale sich nicht weiter aufschaukelt, ist zunächst dringend notwendig, dass die große Mehrheit der gemäßigten Muslime sich stärker und deutlicher zu Worte melden und alternative Strategien des Widerstandes entwickeln. Mit Terrorattentaten, auch wenn sie Opfer kosten, wird Scharon noch lange fertig werden, wenn aber einige Zehntausend Palästinenser auf einen Check-point zumarschieren und die Grenze überlaufen würden, wäre er hilflos. Ähnliches dürfte für den Krieg gegen den Terror gelten, der in einen Krieg gegen die islamische Welt auszuarten droht. Nicht emotionale Racherhetorik und Racheakte, sondern nur eine ruhige und langfristig angelegte Gegenstrategie kann wirksam sein. Dazu bedarf es allerdings einer tiefgehenden Veränderung in der islamischen Welt. Mit antiwestlichen Parolen kann man für den Augenblick Massen aufheizen, Emotionen allein sind aber der spezifischen Dynamik der westlichen Zivilisation nie gewachsen. Dazu bedarf es vielmehr kühler Köpfe, die eine Konfrontation mit weltgeschichtlichem Ausmaß verstehen und entsprechend zu handeln suchen.

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Christen, die einerseits die lange Geschichte der Konfrontation mit dem Islam im Zeichen der Kreuzzüge endgültig beenden möchten und die anderseits selber unter gottfeindlichen und zerstörerischen Tendenzen der westlichen Zivilisationsdynamik zu leiden haben, sollten den Muslimen helfen, die entscheidenden Schritte zu tun. Wenn die muslimische Welt ihren Widerstand gegen die Vorherrschaft der westlichen Welt mit einem Kampf gegen das Christentum verbindet, wird sie sich nur zusätzlich schwächen. Umgekehrt könnte es dem Christentum nur Schaden, wenn es sich den Machtwillen einer letztlich hohlen westlichen Zivilisation zu seinem eigen Anliegen machen würde. Beide Religionen, die an einen Schöpfergott glauben, haben durch ihr Verhalten zu zeigen, dass Gott letztlich wichtiger ist als kurzfristige Vorteile in einem irdischen Ringen zwischen Zivilisationen, die sie zwar früher wesentlich geprägt haben, mit denen sie aber letztlich nicht identisch sind.

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