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Rentenreform: Schreien gegen... oder Solidaropfer?
(Verdrängtes in 'Die Presse')

Autor:Schwager Raymund
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:Dieser Kommentar wurde in „Die Presse‘ veröffentlicht (24. Mai 2003, S. 20). Die Zeitung hat allerdings den Titel abgeändert in „Pfeile, um auf andere zu schießen", und sie hat die entscheidenden 4 letzten Sätze abgeschnitten. Alle scheinen einen Teil der Wahrheit über unsere Situation nicht hören zu wollen. Der Kommentar wurde in der vorliegenden Form auch an den Präsidenten des Gewerkschaftsbundes und an die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gesandt.
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2003-05-27

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Am 10. Mai 2003 hat die Neue Zürcher Zeitung in einem Leitartikel ("Ein Zählrahmen für Ötzi") die heutige politische Lage Österreich bezüglich der Rentenreform mit dem Eismann verglichen, der zwar 14 Pfeile in seinem Köcher, aber keinen Zählrahmen hatte. Die renommierte Schweizer Zeitung meinte, auch heute hätte viele in Österreich Pfeile, um auf andere zu schießen, aber keinen Zählrahmen, um wenigstens primitive Rechnungen durchzuführen. Die Situation scheint noch schlimmer zu sein: das Rechnen wird verhöhnt. So kann der Präsident des Gewerkschaftsbundes der Regierung vorwerfen, sie wolle mit ihrem Entwurf zur Rentenreform nur das Budget sanieren. Nun, was soll die Regierung anderes tun. Eine ihrer ersten Aufgaben besteht doch darin, einen verantwortungsvollen Haushalt zu führen und nicht wie Gauner Geld auszugeben, das man gar nicht hat.

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Vor Jahrzehnten meinte Bruno Kreisky, er habe lieber Schulden als Arbeitslose. Schon damals sagte ich, dies sei eine Milchmädchenrechnung, denn morgen werde man Schulden und Arbeitslose haben und übermorgen von beidem das Doppelte und Dreifache. Jetzt haben wir übermorgen, und die Schulden hat nicht Kreisky, sondern der Österreichische Staat, und nicht Kreisky ist arbeitslos, sondern viele, auf die damals die Folgen einer kurzsichtigen Politik abgeschoben wurden. 2003 muss der Österreichische Staat 8,7 Milliarden Euro nur für den Schuldendienst zahlen. Verglichen damit sind selbst die Abfangjäger (Eurofighter) ein kleiner Fisch (1,9 Milliarden), und die Zinsen für die Schulden müssen auch nächstes und übernächstes Jahr wieder bezahlt werden. Das Zinsgeld erhalten jene, die selber reichlich Geld besitzen, um es dem verschuldeten Staat vorstrecken zu können. Auf diese Weise geschieht eine dauernde Umverteilung des Volksvermögens in Richtung der Reichen, wobei diese Umverteilung oft noch im Namen der sozialen Gerechtigkeit verfochten wird. Welch irre Welt! Diebe schreien: 'haltet den Dieb!'. Was könnte heute in Österreich für mehr Bildung und für wahre soziale Gerechtigkeit getan werden, wenn der riesige Schuldendienst nicht wäre? Doch davon spricht kaum jemand. Ein Populismus, der die Bevölkerung an der Nase herumführen will, feiert Urstände. Verglichen damit scheint selbst Haider ein kleiner Fisch zu sein.

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Jede vernünftige Berechnung zeigt, dass die Situation in Zukunft rasch noch schwieriger werden wird, und ein Blick nach Deutschland, wo der Spiegel bereits von einem Land der Lügen spricht, kann zeigen, was uns bald erwartet. Es wäre also höchste Zeit, eine Wende zu vollziehen und auch klare Zeichen in diese Richtung zu setzen. Da Österreich in der Vergangenheit über seinen Verhältnissen gelebt hat, und Regierungen unter dem Druck der Straße Konzessionen gemacht haben, für die gar kein Geld vorhanden war, geschah vieles zwar - formal gesehen - legal, aber nicht sozial gerecht. Ein Zeichen der Umkehr wäre demnach, wenn etwas vom sozial ungerecht Erworbenen auch freiwillig angeboten würde. In diesem Sinn sollte die Beamtengewerkschaft von sich aus als Solidaropfer eine begrenzte Reduktion der bestehenden höheren Renten vorschlagen.

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