Geschichte-Studierenden-Begrüßung 2024 

Archive sind für den angehenden Historiker, die angehende Historikerin schon mittelfristig beim Erstellen von Abschlussarbeiten ein zentraler Anlaufpunkt.

Das hier vorgestellte Universitätsarchiv zählt zum Typ „Verwaltungsarchiv“ – es gibt etwa hier an der Universität auch noch ein Literaturarchiv (Brenner-Archiv) oder ein Archiv für Baukunst.

Zu den großen Verwaltungsarchiven zählen das österreichische Staatsarchiv (www.oesta.gv.at), die Landesarchive (Tiroler Landesarchiv, www.tirol.gv.at/kunst-kultur/landesarchiv) oder die Stadtarchive.

Verwaltungsarchive verwahren nach einer Registratur-Geschäftszahlenlogik die Akten der „vorgesetzten Dienststellen“, also der Ämter der Bundesregierung, Ministerien, der Landesregierung etc., und so das Universitätsarchiv eben die Akten des Rektorats, der Dekanate nach jeweils sich wandelnder Hochschulorganisation. 

  • Ein „Findbuch“ ca. 1900

Das Universitätsarchiv Innsbruck ist im Vergleich zu den oben genannten Archiven ein sehr kleines, aber auch an diesem Beispiel kann man einige grundlegende Archivprinzipien, mögliche Archivbestände darstellen.

Die Universität Innsbruck wurde 1669 gegründet, am Anfang ca. 20 Professoren und ca. 300-400 Studierende zählend. Die Verwaltung erfolgte über die damalige s.g. „oberösterreichische Regierung“, weshalb sich die Akten zur Gründungsphase heute vor allem im Tiroler Landesarchiv („Kopialbücher“) finden.

Im Universitätsarchiv finden sich für das 17. und 18. Jahrhundert nur einige Matrikelbände, d.h. Verzeichnisse der immatrikulierten Studenten (Studentinnen werden erst ab 1897 !! nach und nach zum Hochschulstudium zugelassen) und einige Fakultätstagebücher und Rechnungsbücher.

Die UB hat diese frühen Quellenbestände digitalisiert und online-gestellt, ein Beispiel der älteste Matrikelband  mit den Studierenden der damals vorbereitenden philosophischen Fakultät ab 1671 (seit 1952 auch von Franz Huter in konventionell historisch-kritischer Edition vorgelegt) 

https://ulb-digital.uibk.ac.at/obvuibnl/content/titleinfo/5413127

Was liegt nun vorrangig im Universitätsarchiv? Ein paar Beispiele

Neben den Akten der Leitungsorgane, des Rektorats, der Dekane, des (akademischen) Senats, die sich nach wechselnder Hochschulorganisation konstituieren (im 20. Jh. wären dies das HOG 1955, UOG 1975, UOG 1993, und geltend UG 2002) liegen hier als mit Abstand größter Bestand (mindestens 70 des Archivbestandes!) die …

  • Studierendenverzeichnisse, „Nationalien 1849-1967“, Semester für Semester nach Fakultäten gebunden - Nationalienbände aus 19. Jh. und 20. Jh. als Beispiel herzeigen: Clemens August Graf Galen 1898, Karl Rahner 1935, Johann Baptist Metz um 1950, Ignacio Ellacuria, Segundo Montes um 1960)
  • https://www.uibk.ac.at/universitaetsarchiv/goller/montes-ellacuria.html
  • die Prüfungsakten, Prüfungsprotokolle, Promotionsprotokolle – zwei Promotionsprotokolle herzeigen. (Theologenprotokoll, Paul Rusch, Karl Rahner)

 → All dies sind wichtige „Individualquellen“ als auch sozialgeschichtlich hoch relevante „Massenquellen“, da wäre noch viel zu erforschen, zur Sozialgeschichte der Studierenden, Kollektivbiographien.

Bis 1918 sind die Studierenden auch über die so genannten Kolleggeldbücher erfasst, Beispiel 1871: Die beiden wissenschaftlich exponierten Juristen Leopold Pfaff und Krainz (übrigens auch Julius Ficker) bestätigen die Übernahme des Kolleggelds, dazu:

Seit 1967 werden die Studierenden nach einem Matrikelnummersystem erfasst, bis in die 1990er Jahre geführt als „Evidenzakt“ in Papierform, seit ca. 30 Jahren elektronisch („elektronischer Studienakt“)

Weiters:

  • Personalakten aller Mitarbeitenden (Wissenschaft, Administration), seit einigen Jahren nur mehr als „elektronischer Personalakt“ geführt, seit 2023 liegen alle „Papierpersonalakten“ im Universitätsarchiv).
  • Diese Personalakten sind wichtige Quelle für biographische Forschungen, auch wenn sie weitgehend nur formal dienstrechtlichen Inhalts sind: Geburtsdaten, Schullaufbahn, Dienstantritt, Einstufung, Vorrückungsberechnungen, Sonderzulagen, Sonderurlaube, Dienstfreistellungen, usw. usw., nur sehr selten sind sie auch „politischer Natur“, so etwa im Fall von „Entnazifizierungen“, ein Beispiel eines solchen Personalakts, der des Volkskundlers Adolf Helbok
  • Personalakt Helbok in digitaler Form als Beispiel herzeigen
  • https://www.uibk.ac.at/universitaetsarchiv/adolf-helbok/

 → In der Regel sind Personalakten sehr „förmlich“ administrativ, beschränken sich auf wenige dienstrechtliche Daten, sodass wissenschaftspolitische Zusammenhänge aus den hiesigen (Personal-, etc.) Akten gar nicht erkennbar sind, z.B. die Amtsenthebungen der Jesuiten

  • Johannes Kleinhappl 1947 (Akt herzeigen, formal wenige Blätter)
  • Franz Schupp 1974 (Akt herzeigen, formal wenige Blätter)

Damit ergibt sich die Frage nach „politischen Akten“, im Prinzip stellt sich die Universität „unpolitisch“ als „reiner“ Wissenschaftsbetrieb dar, nur an gewissen Schnittstellen schlägt das „POLITISCHE“ auch in die Welt der Akten durch, so etwa die politische Verfolgung von NS-Gegnern, die Eliminierung der in Innsbruck nur wenigen jüdischen Professoren und Studierenden 1938ff. oder die „Entnazifizierungsakten 1945ff.“ und einige andere Geschichtsabschnitte auch.

Quantitativ betrachtet handelt es sich dabei um einen sehr, sehr kleinen Aktenbestand, der zudem in den letzten Jahren in Publikationen bis auf „das letzte Blatt“ ausgewertet wurde. 

Abschließend ist in dieser Kürze noch auf einen künftige Forschungsperspektiven eröffnenden Sonderbestand zu verweisen, auf den der wissenschaftlichen Nachlässe, dabei handelt es um Forschungsmaterialien, Forschungskorrespondenzen, Vorlesungsmanuskripten etc., die dem Universitätsarchiv von Gelehrten bei Lebzeiten aus deren Eigentum gewidmet wurden, oder die einem Archiv von den Erben aus dem Nachlass übergeben werden, von ca. 50 Nachlässen drei Beispiele: 

  • Nachlass Franz Hillebrand (1863-1926, Professor für Philosophie und experimentelle Psychologie), Antrittsvorlesung über die Aufgaben der experimentellen Psychologie, Original herzeigen, aber auch unter:
    https://diglib.uibk.ac.at/download/pdf/7877816.pdf

  • Nachlass Bruno Sander (1884-1979, Professor für Mineralogie, „statistische Gefügekunde der Gesteine“): Antrittsvorlesung 1922 – Original des Sander Manuskripts herzeigen, auch sichtbar unter dem Link:
    https://www.uibk.ac.at/universitaetsarchiv/bruno-sander/

  • Nachlass Hans R. Klecatsky (1920-2015, Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht, 1966-1970 Bundesminister für Justiz), herzeigen einen Band der Protokolle der öst. „Grundrechtsreformkommission“ aus den 1960er Jahren.
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