Institut für Zivilrecht der Universität Innsbruck
Univ.-Prof. i.R. Dr. Heinz Barta

Entwurf eines Bundesgesetzes

Bundes-Heimvertragsgesetz (B-HeimVG)

Dieser Entwurf wurde im Parlament als Antrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Jarolim und Genossen am 27. April 2000 eingebracht (XXXI GP.-Nr 139/A)

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Übersicht

§ 1 Anwendungsbereich

§ 2 Zweck des Gesetzes

§ 3 Heimvertrag

§ 4 Vertragstypus

§ 5 Vertragsanbahnung – Informationspflicht – begrenzter Abschlusszwang

§ 6 Leistungsanpassungspflicht

§ 7 Entgelt und Entgelterhöhung

§ 8 Leistungen des Heimträgers

§ 9 Pflichten der Heimbewohner

§ 10 Persönlichkeitsschutz von Heimbewohnern

§ 11 Mitbestimmung von Heimbewohnern

§ 12 Vertragsbeendigung

§ 13 Kündigung des Heimvertrags durch den Heimträger

§ 14 Nachweis anderweitiger Unterbringung

§ 15 Fortbestehen des Heimverhältnisses über den Tod hinaus

§ 16 Rückstellung der Wohneinheit und eingebrachter Habe

§ 17 Gerichtliche und außergerichtliche Streitbeilegung – Klageberechtigung

§ 18 Vergebührung

§ 19 Übergangsbestimmungen
 

Erläuternde Bemerkungen

 

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt den Vertragsschluss zwischen Heimen für alte, pflegebedürftige und behinderte volljährige Personen1) und ihren Bewohnern.

(2) Heime sind Einrichtungen, die wenigstens drei Personen auf Dauer oder bestimmte Zeit aufnehmen und sich verpflichten, im Bedarfsfall Betreuungsleistungen auch selbst zu erbringen.

(3) Die vertragliche Vereinbarung betrifft die Aufnahme, das Überlassen von Unterkunft sowie die Betreuung und Verpflegung alter, pflegebedürftiger und behinderter Bewohner.

(4) Dieses Gesetz gilt nicht für Krankenanstalten und Rehabilitationseinrichtungen.

§ 2 Zweck des Gesetzes

(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, die Interessen und Bedürfnisse der Heimbewohner zu schützen. Selbständigkeit und Selbstverantwortung von Heimbewohnern sollen gefördert und der Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte (§§ 10 und 11) garantiert werden. Die Rechtsbeziehung zwischen Heimträger und Heimbewohner soll durch den Heimvertrag auf eine feste Grundlage gestellt werden, um eine gute Betreuung zu erreichen.

(2) Die Rechtsstellung von Heimträgern hinsichtlich ihrer Zielsetzungen und Aufgaben wird von diesem Gesetz nicht berührt.

§ 3 Heimvertrag

(1) Heimverträge sind privatrechtliche Verträge zwischen Heimträgern und Heimbewohnern im Sinne des § 1. Der Heimvertrag ist ein entgeltlicher Vertrag mit gegenseitigen Rechten und Pflichten.

(2) Heimverträge sind schriftlich abzuschließen. Im Heimvertrag sind die Vertragspartner zu benennen und die gegenseitigen Rechte und Pflichten verständlich zu regeln. Insbesonders ist darin das von Bewohnern zu entrichtende Entgelt, aufgeschlüsselt nach einzelnen Leistungsansätzen, anzugeben. Jeder Vertragsteil erhält ein unterfertigtes Vertragsexemplar.

(3) Von diesem Gesetz abweichende Vereinbarungen zum Nachteil der Bewohner sind unwirksam. Sondervereinbarungen für Kurzzeitpflege bis zu drei Monaten sind aber gestattet. Kurzzeitpflege ist in einer Ausführungsverordnung zu regeln.

§ 4 Vertragstypus

(1) Heimverträge kommen in unterschiedlicher Ausgestaltung vor:

1. als Heimwohnvertrag und

2. als Heimpflegevertrag.

Beide Vertragsformen unterstehen diesem Gesetz.

(2) Beide Arten des Heimvertrags sind sogenannte Mischverträge: Beim Heimwohnvertrag überwiegt, trotz Vorhandenseins einer Betreuungskomponente, das mietvertragliche, beim Heimpflegevertrag ein werkvertragliches Erfolgs- oder Leistungselement.

§ 5 Vertragsanbahnung – Informationspflicht – begrenzter Abschlusszwang

(1) Heimträger trifft die Pflicht, schon Interessenten für Abschlüsse von Heimverträgen zuvorkommend zu behandeln und sie schriftlich und mündlich über ihre künftigen Rechte und Pflichten sowie die vom Heimträger zu erbringenden Leistungen umfassend aufzuklären. Heimträger haben Interessenten über die Zielsetzungen und Möglichkeiten sowie die Organisation des Heims verständlich zu informieren. Dabei ist auf die besondere Situation alter, pflegebedürftiger oder behinderter Menschen Rücksicht zu nehmen.

(2) Heimträger sind im Rahmen der jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften zum Abschluss von Heimverträgen mit allen oder doch einem bestimmten Kreis von Interessenten verpflichtet. Jedes Heim hat Wartelisten anzulegen und diese laufend zu aktualisieren und (ohne Namensnennung) zu veröffentlichen; zB durch Anschlag im Heim.

§ 6 Leistungsanpassungspflicht

(1) Heimträger trifft im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Pflicht, ihre Leistungen dem Gesundheitszustand des Heimbewohners anzupassen. Änderungen sind in einem Nachtrag zum Heimvertrag schriftlich festzuhalten.

(2) Der Leistungskatalog von Alten-, Pflege- und Behindertenheimen ist ebenso wie Leistungs- und Betreuungs-Mindeststandards in einer Ausführungsverordnung zu regeln.

§ 7 Entgelt und Entgelterhöhung

(1) Das dem Heimträger zustehende Entgelt muss angemessen sein. Es hat den vom Heimträger zu erbringenden Leistungen zu entsprechen.

(2) Die Grundsätze der Entgeltbestimmung sind in einer Entgeltrichtlinienverordnung festzulegen. Dabei ist anzuführen, welche Leistungen durch ein vereinbartes Pauschalentgelt abgegolten sind und welche detailliert anzuführenden Leistungen zu welchem Preis zusätzlich verrechnet werden.

(3) Eine Entgelterhöhung durch den Heimträger ist zulässig, wenn sich die bisherige Berechnungsgrundlage nachweislich um wenigstens 3 % verändert hat und das erhöhte Entgelt angemessen ist. Die Erhöhung ist zu begründen. In die Kalkulationsgrundlagen ist auf Wunsch dem Bewohner oder dessen Beauftragten Einsicht zu gewähren.

(4) Jede Entgelterhöhung bedarf grundsätzlich der Zustimmung des Heimbewohners. Heimträger trifft die Pflicht, Heimbewohner auf geplante Entgelterhöhungen mindestens einen Monat im Voraus schriftlich aufmerksam zu machen.

(5) Im Heimvertrag kann vereinbart werden, dass der Heimträger Erhöhungen und Senkungen des Entgelts durch einseitige Erklärung vornehmen kann; § 1056 ABGB. Entgeltsenkungen sind vom Heimträger unverzüglich zu berücksichtigen und können auch von Heimbewohnern verlangt werden. Eine Kündigung des Heimvertrags durch den Heimträger zum Zwecke der Entgelterhöhung ist ausgeschlossen.

§ 8 Leistungen des Heimträgers

(1) Die Leistungen des Heimträgers haben folgenden Grundsätzen zu entsprechen:

1.   Sie sind einzeln und übersichtlich zu umschreiben, wobei die jeweils dafür angesetzten Entgelte, soweit sie nicht durch ein Pauschalentgelt abgegolten sind, auszuweisen sind.

2.   Die Benützung der allgemeinen Räumlichkeiten des Heims und der Unterkunft des Bewohners ist genau zu regeln. Die Haus- oder Heimordnung bildet einen Bestandteil des Vertrages und ist Interessenten rechtzeitig vor Vertragsschluss auszuhändigen.

3.   Die einzelnen Pflege- und Betreuungsleistungen sind genau anzuführen und mit Entgeltansätzen zu versehen. Der Heimträger ist verpflichtet, eine Pflegedokumentation zu führen, in die dem Heimbewohner und dessen Angehörigen auf Wunsch Einsicht zu gewähren ist. Auf Verlangen sind daraus Abschriften/Kopien anzufertigen.

4.   Die Verpflegung von Heimbewohnern ist hinsichtlich der Zahl der Mahlzeiten, der Art und Qualität der angebotenen Speisen und der Zeiträume ihres Verabreichens flexibel zu regeln.

5.   Der Heimträger hat die Voraussetzungen der Inanspruchnahme sowie Art und Qualität der von ihm angebotenen therapeutischen und medizinischen Leistungen anzuführen.

(2) Im Falle von Leistungsstörungen, die vom Heimträger zu verantworten sind, stehen Heimbewohnern alle Möglichkeiten des bürgerlichen Rechts offen; zB Rücktritt vom Vertrag, Verbesserung, Preisminderung. Eine entsprechende Anwendung von § 9 KSchG kann aber vereinbart werden.

§ 9 Pflichten der Heimbewohner

(1) Heimbewohner haben ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen und dabei darauf zu achten, dass der Heimbetrieb von jedem Einzelnen die Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen anderer Heimbewohner und des Heimträgers erfordert.

(2) Der Heimträger ist berechtigt, im Falle von schweren Verletzungen der heimvertraglichen Beziehung eine Ermahnung auszusprechen und auf mögliche Folgen eines solchen Verhaltens hinzuweisen; § 13.

§ 10 Persönlichkeitsschutz von Heimbewohnern

(1) Der Heimträger hat die Persönlichkeit des Heimbewohners zu respektieren und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu fördern. Er hat dabei die Persönlichkeitsrechte des Privatrechts (insbesonders die §§ 16, 17 ABGB) ebenso zu achten wie die verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechte sowie straf- und verwaltungsrechtliche Schutzbestimmungen.

(2) Der Heimträger ist verpflichtet insbesonders folgende Rechte der Heimbewohner zu gewährleisten. Recht auf:

1. freie Entfaltung der Persönlichkeit. Freiheitsbeschränkende Maßnahmen dürfen nur nach Maßgabe gesetzlicher Vorschriften verhängt werden. Eine entsprechende rechtliche Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit solcher Maßnahmen ist vorzusehen;

2. anständige Begegnung;

3. Individualität, Selbstbestimmung und Achtung des Privatlebens im Heim (Schutz der Wohnung);

4. Schutz des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses;

5. administrative Unterstützung;

6. politische und religiöse Selbstbestimmung;

7. Einrichtung unabhängiger Beschwerdeinstanzen inner- oder außerhalb des Heimes;

8. eine zeitgemäße medizinische Versorgung, freie Arzt- und Therapiewahl (Kurierfreiheit) sowie eine adäquate Schmerzbehandlung;

9. Kontakte zur Außenwelt (insbesonders Telefon);

10. Benennung einer persönlichen Vertrauensperson, der besondere Rechte auch im Heim zustehen sollen und die in wichtigen Belangen zu verständigen ist;

11. Achtung der Intimsphäre und Verschwiegenheit durch das Heimpersonal;

12. Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes: Geschlecht, Abstammung, Sprache, politische Überzeugung oder religiöses Bekenntnis dürfen kein Grund von Benachteiligungen sein;

13. freie Meinungsäußerung und das Recht, sich zu versammeln und Vereinigungen zu bilden;

14. Verfügung über personenbezogene Daten (Recht auf informationelle Selbstbestimmung);

15. persönliche Kleidung.

§ 11 Mitbestimmung von Heimbewohnern

(1) Heimbewohnern ist die Möglichkeit zu einer wirkungsvollen Mit- und Selbstbestimmung ihrer Interessen im Heim zu eröffnen. Dies gilt insbesonders für das Erstellen und Abändern der Haus- oder Heimordnung.

(2) Weitergehende Regelungen betreffend die Mitbestimmung und den Persönlichkeitsschutz in Heimen für alte, pflegebedürftige und behinderte Heimbewohner sind in einer Ausführungsverordnung zu regeln.

§ 12 Vertragsbeendigung

(1) Heimverträge können durch einvernehmliche Erklärung der Vertragsparteien jederzeit beendet werden. Auf bestimmte Zeit abgeschlossene Heimverträge enden grundsätzlich durch Zeitablauf; eine Kündigung aus wichtigem Grund innerhalb der vereinbarten Dauer bleibt aber möglich. Gleiches gilt für Kurzzeitpflege (§ 2 Abs 2).

Der Heimvertrag wird auch durch den Tod des Heimbewohners beendet; § 15.

Für auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Heimverträge gelten die in § 13 angeführten Kündigungsbestimmungen.

(2) Heimbewohner können den Heimvertrag unter Einhaltung einer [einmonatigen]* Frist aufkündigen. Heimbewohner können aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist kündigen, wenn ihnen die Fortsetzung des Heimverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist.

§ 13 Kündigung des Heimvertrags durch den Heimträger

(1) Heimträger können nur aus wichtigem Grund kündigen. Die Kündigung ist schriftlich auszusprechen und wirkt befristet auf zwei Monate.

(2) Voraussetzung einer Kündigung aus wichtigem Grund ist es, dass der Heimträger den Heimbewohner von seiner Absicht wenigstens [einen Monat]* vorher schriftlich in Kenntnis gesetzt hat; Vorwarnung.

(3) Wichtige Kündigungsgründe sind insbesonders:

1. das Einstellen oder ein wesentliches Verändern des Heimbetriebs;

2.eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustands des Bewohners, der eine sachgerechte Betreuung im Heim künftig unmöglich macht;

3. wenn ein Bewohner seine vertraglichen Pflichten – insbesonders auch seine Entgeltzahlung – schuldhaft beharrlich gröblich verletzt, sodass dem Heimträger eine Fortsetzung des Vertrags nicht zugemutet werden kann. Verspätungen der Entgeltzahlung von Heimbewohnern, die von Sozialhilfeträgern zu vertreten sind oder auf verspätet ausgezahlten Pflegegeldleistungen beruhen, stellen keinen Kündigungsgrund dar.

§ 14 Nachweis anderweitiger Unterbringung

Hat ein Heimträger aus wichtigem Grund gekündigt und ist der Bewohner auf eine Unterbringung angewiesen, hat der Heimträger dem gekündigten Bewohner eine angemessene anderweitige Unterbringungsmöglichkeit anzubieten. – Wird der Heimbetrieb eingestellt, trägt der Heimträger die angemessenen Umzugskosten.

§ 15 Fortbestehen des Heimverhältnisses über den Tod hinaus

Zwischen Heimträger und Heimbewohner kann vereinbart werden, dass das Heimverhältnis bis zum Ende des Sterbemonats fortbesteht. In diesen Fällen ermäßigt sich das bisher geleistete Entgelt um den Wert der vom Träger ersparten Aufwendungen.

§ 16 Rückstellung der Wohneinheit und eingebrachter Habe

(1) Im Falle des Todes eines Heimbewohners ist die Wohneinheit unverzüglich, jedenfalls aber binnen 14 Tagen zu räumen.

(2) Eingebrachte Sachen, die innerhalb der Räumungsfrist nicht abgeholt werden, sind vom Heimträger weitere 14 Tage unentgeltlich und sicher zu verwahren. Nach Ablauf der Gesamtfrist ist der Heimträger berechtigt, Nachlassgegenstände unter gleichzeitiger Verständigung des Verlassenschaftsgerichts sozialen Institutionen zu überlassen. Wertgegenstände aller Art und Geld sind davon ausgenommen.

§ 17 Gerichtliche und außergerichtliche Streitbeilegung – Klageberechtigung

(1) Für die Streitbeilegung zwischen Heimträger und Heimbewohner sowie von Heimbewohnern untereinander sind, wenn es sich um Heimangelegenheiten handelt, die Sozialgerichte zuständig. Zuständig ist das sachlich zuständige Gericht des Ortes oder Bezirkes, in dem das Heim liegt.

(2) Vor Anrufung des Gerichts, soll ein außergerichtlicher Streitbeilegungsversuch (Schlichtung, Mediation) unternommen werden, der jedoch abgelehnt werden kann.

(3) Klageberechtigt sind neben Heimbewohnern und den für sie bestellten gesetzlichen Vertretern auch der Österreichische Seniorenrat und die in ihm vertretenen Verbände sowie vom Justizministerium gem § 1 des Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetzes als geeignet anerkannte Sachwaltervereine und der Verein für Konsumenteninformation. Diese sind auch im Sinne des § 29 KSchG zur Verbandsklage berechtigt; § 28 Abs 2 KSchG ist sinngemäß anzuwenden.

§ 18 Vergebührung

Der Abschluss von Heimverträgen samt allfälligen Nachträgen ist gebühren- und abgabenfrei.

§ 19 Übergangsbestimmungen

(1) Dieses Bundesgesetz tritt am ........... in Kraft. Es ist auf Sachverhalte, die sich vor seinem Inkrafttreten ereignet haben, nicht anzuwenden.

(2) Bestehende Rechtsbeziehungen sind binnen sechs Monaten ab Inkrafttreten dieses Gesetzes an die in diesem Gesetz getroffenen Regelungen anzupassen.


Erläuternde Bemerkungen

Das B-HeimVG will die Rechtsbeziehung zwischen Heimen und alten, pflegebedürftigen und behinderten Personen auf eine feste rechtliche Grundlage stellen. Dies vor allem dadurch, dass diese Rechtsbeziehung durch einen privatrechtlichen Vertrag, der die Gleichheit der Vertragspartner ausdrückt, geregelt wird.

  Für die Regelung dieser Rechtsbeziehung durch ein Bundesgesetz spricht eine Reihe von Gründen: Einmal das funktionale Zusammenwirken von Bund und Ländern zum Wohle der betroffenen Personengruppe; aber auch der schwierige Bereich freiheitsbeschränkender Maßnahmen bedarf einer einheitlichen Lösung; und auch Persönlichkeitrechte und Mitbestimmungsstandards sollen österreichweit geschaffen werden; eine österreichweite Regelung erscheint auch für das Pflegepersonal von Vorteil, zumal dieser Personengruppe nicht länger die derzeit bestehende – insbesonders zivil- und strafrechtliche – Rechtsunsicherheit zugemutet werden kann. Das legistische Instrumentarium der Ausführungsverordnung, das mehrfach ins Gesetz eingebaut wurde, soll auf der einen Seite das Gesetz überschaubar und „schlank“ halten und auf der anderen Seite für ein flexibles Berücksichtigen von Träger- und Länderinteressen sorgen. Dies trotz Schaffung einheitlicher Bundesstandards. Dieses Instrumentarium bietet auch Gewähr für ein zeitlich realistisches Anpassen der jeweiligen Situation in den Ländern an die vorgesehenen (Bundes)Standards.

Es ist beabsichtigt, das Gesetz auf möglichst viele Heime anwenden zu können; § 1 Abs 2. Ziel der gesetzlichen Regelung ist es darüber hinaus, die Interessen und Bedürfnisse der Heimbewohner, ihre Selbständigkeit und Selbstverantwortung zu fördern und ihre Persönlichkeitsrechte und Mitbestimmungsmöglichkeiten zu garantieren; § 2 Abs 1.

Die allenfalls durch Landes-Heimgesetze geregelte Rechtsstellung von Heimträgern wird durch dieses Bundesgesetz nicht berührt. Beabsichtigt ist vielmehr ein effizientes Zusammenwirken zwischen dieser bundesgesetzlichen Regelung und bestehenden Landes-Heimgesetzen; § 2 Abs 2.

§ 3 stellt klar, dass privatrechtliche Heimverträge von allen Heimträgern abzuschließen sind, gleichgültig ob es sich um öffentliche oder private Träger handelt. Schriftlichkeit des Vertragsschlusses ist dabei vorgesehen; § 3 Abs 2.

Wichtiges Ziel der gesetzlichen Regelung ist es ferner, die gegenseitigen Rechte und Pflichten von Heimträgern und Heimbewohnern klar anzuführen und insbesonders auch das zu entrichtende Entgelt, das – bei allen Unterschieden der Höhe nach – eine beträchtliche Höhe erreicht, aufzuschlüsseln und transparent zu machen. Das Gesetz ist als Schutzgesetz konzipiert, was zur Folge hat, dass abweichende Vereinbarungen zum Nachteil von Bewohnern unwirksam sind; § 3 Abs 3.

§ 4 Abs 1 geht auf die unterschiedliche Ausgestaltung von Heimverträgen ein, wobei beide vorgesehenen Formen – Heimwohnvertrag und Heimpflegevertrag – dem Gesetz unterstehen sollen.

§ 5 Abs 1 behandelt die gerade für alte und behinderte Menschen wichtige Frage der Vertragsanbahnung und sieht eine funktional bedeutsame Informationspflicht von Heimträgern gegenüber ihren Vertragspartnern vor. Im Rahmen der landesrechtlichen Vorschriften soll auch ein begrenzter Abschlusszwang der Heime bestehen; § 5 Abs 2.

Praktisch wichtig erscheint auch die in § 6 festgelegte Leistungsanpassungspflicht der Heime, wobei der Leistungskatalog im Rahmen einer Ausführungsverordnung flexibel – Raum für einzelne Länderregelungen lassend – als Mindeststandard geregelt wird; § 6 Abs 2.

§ 7 betrifft die Entgeltvereinbarung und den wichtigen Mechanismus der Entgelterhöhung, der gegenwärtig immer wieder Probleme bereitet.

§ 8 geht näher auf die Grundsätze der Leistungserbringung der Heimträger ein.

§ 9 stellt klar, dass auch Heimbewohner Pflichten haben und dass schwere Verletzungen derselben rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können.

§ 10 regelt den Persönlichkeitsschutz von Heimbewohnern. Dabei wird klargestellt, dass der verfassungsrechtliche Grundrechts- und der privatrechtliche Persönlichkeitsschutz (zusammen mit straf- und verwaltungsrechtlichen Regelungen) eine Einheit bilden. Diese Bestimmung versucht erstmals, einen „Kern“ der wichtigsten Persönlichkeitsrechte für alte, pflegebedürftige und behinderte Menschen zu schaffen.

§ 11 gewährt Heimbewohnern ein Recht auf Mitbestimung.

Die §§ 12 bis 16 gehen auf verschiedene Fragen der Vertragsbeendigung ein. Die Kündigung in ihren unterschiedlichen Ausgestaltungen wird hier eingehend geregelt, wobei das Prinzip des Kündigungsschutzes zugunsten alter und behinderter Menschen im Vordergrund steht.

§ 17 regelt die gerichtliche und außergerichtliche Streitbeilegung und verweist allfällige Auseinandersetzungen in die Zuständigkeit der Sozialgerichte, wobei eine außergerichtliche Streitbeilegung angeregt wird. Klagslegitimiert sollen die Heimbewohner selbst und allfällige bestellte gesetzliche Vertreter, aber auch der Österreichische Seniorenrat und die in ihm vertretenen Verbände sowie Sachwaltervereine sein. Als Vorbild für diese Lösung diente das KSchG und dessen Rechtsschutzinstrumentarien in Form der Individual- und Verbandsklage samt Abmahnungsverfahren.

§ 18 regelt bewusst die wichtige Frage der Vertragsvergebührung, zumal die in der Praxis in manchen Bundesländern anfallende hohe Vertragsvergebührung derzeit ein Grund dafür ist, keine Heimverträge abzuschließen.

§ 19 (Übergangsbestimmungen) sieht in Abs 2 eine Anpassungspflicht für bestehende Heimverträge innerhalb eines halben Jahres vor. Das erscheint sinnvoll, da es sich beim Heimvertrag um eine existentielle Dauerrechtsbeziehung für alte, pflegebedürftige und behinderte Personen handelt.

1) Bei allen personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.

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