Projekte und Forschung
Die Bayerischer Kleiderordnung von 1626
ABT
Deß durchleuchtigisten fürsten und herrn, herrn Maximilian, pfaltzgraven bey rheyn, herzogens in obern und nidern bayrn etc., deß heiligen roemischen reichs ertztruckseß und churfuorsten etc.
auffgerichte satz: und ordnungen von unnothwendiger uberflüssiger koestligkeit der kleyder, und wie dieselb hinfueran in den fuerstenthumb unnd landen obern und nidern bayrn etc. eingezogen werden soll
MDCXXVI
Getruckt in der churfürstlichen hauptstatt muenchen bey anna bergin, wittib, hofbuchtruckerin.
Von gottes gnaden wir Maximilian, pfaltzgraf bey rhein, hertzog in obern und nidern bayrn, deß heiligen römischen reichs ertztruckseß und churfuerst.
Entbieten allen und jeden unsern landthofmaistern, hofraths praesidenten, vitzthumben, hauptleuthen, rentmaistern, pflegern, richtern, burgermaistern und in gemain allen unsern officirn, dienst‐ und amptleuthen, underthanen, gemainden und angehoerigen unsern grueß und gnad zuvor und fuegen denselben gnaedigist zuvernemmen, nach dem wir ein geraume zeit hero im werck verspuert, daß so wol bey hoch‐ als nidern standts personen in unsern fuerstenthumben und landen den hievor im heiligen roemischen reich ins gemain wie auch in erstgedacht unsern fuerstenthumben und landen wolbedachten und publicierten sonderbarn heylsamen policeyordnungen gaentzlich zugegen allerhandt aergerliche strafbare mißbraeuch eingerissen, insonderheit aber der hochverderbliche pracht in den kleydungen und andern leibszieren fast bey mennigklich jedes willkhuer unnd gefallen nach solcher gestalt uber handt genommen, daß man so wol in dem form und matery, so vor jahrn in mehrernanten unsern fuerstenthumben unnd landen einem jeden standt gebuehrt auch gebraeuchig und zulaessig gewest, obgedachte heylsame verordnungen uberschritten und fast taeglich andern außlaendischen und zum theil leichtfertigen formben in kleydungen nachgesinnet und ins werck gesetzt, darauß erfolgt, daß vil gelt unnuetzer weiß und zu etlicher wissentlichen schaden unnd endtlichen verderben außgeben, den außlaendischen handlsleuthen in die handt gestossen auch andern unhail und inconvenientien, sonderlich aber der lieben jugendt zu aller uppigkeit, hoffart und leichtfertigem wandl anlaß und befuerderung gegeben, auch dahero die baarschaft zu dergleichen unnothwenigen pracht mehr dann zu taeglicher underhaltung ihr und ihrer haußgenossen angewendet wirdt. Als haben wir zu abschneidung dessen, auch vorkommung (bey solchen aegerlichen verderblichen wesen) unheyls unaußbleiblichen straf und zorn gottes, auß landtsfuerstlicher vaetterlicher fuersorg nit laenger woellen umbgehen, hierinnen zu remedirn, und allen bißhero in kleydern und andern leibszierden verspuerten uberfluß nach gestalt jetziger laeuff auch eines jeden standts herkommen und profession nach laut und außweisung folgender ordnung einzuziehen, auch darob mit allem ernst halten zulassen, damit ins kuenfftig so wol under den hoehern als nidern standts personen besser als anhero der underschied gesehen und erkennt werden moege.
Folgen der bawrsleuth auff dem landt kleydungen.
Ordnen und setzen derowegen hiemit, daß dem bawrsman auff dem landt, arbeitern, tagloehnern, uberreutern, amptleuthen, deren weib unnd kindern alles bißhero zu kleydern uberfluessige gebrauchte hochgueltige, und sonderlich carmesin gefarbte tuecher, welche an der farb gueltiger, als das tuech selbsten ist, dann ihren weibern die zuvil gepraembte roeck und schaerckl, die theyrn filtz und schabhuet, die zu kraegen und hemetern gebrauchte subtile leinmath, die mit unnoetigen staeppen und andern zieren gemachte unnd auf ramen abgenaehte schuech, die gestrickten strimpf, seiden hosenbaender oder spitz, dann alles silber und goldt (ausser deß maehelrings, welcher doch allein von silber zulaessig) es hette einer oder der ander solches alles an sich gebracht mit was weiß oder titul es immer seyn moechte, gaentzlich abgeschafft und verbotten. Aber hinfüran zu ihren kleydungen die inlaendische, als muenchner, braunnauer und auff die meißnerische arth gemachte tuecher, welche ihnen die kauff‐ oder handlsleuth anderst nit als genaetzt und geschoren geben und verkauffen sollen, item parchet, schaf und kalbfehl, dann den vermoeglichen bawrsleuthen gaiß und bockfehl, und was sie selbsten in ihren haeusern zuwircken pflegen, zu ihrem gebrauch und kleydung zugelassen. Deßgleichen auch ihren weib und kindern die praemb auff ihre roeck unnd schaerckl von wurschet, saetin, arrest oder pubensammet (aber nit so brait und hoch als bißhero) die gemaine ringgueltige filtz und schabhuet zu kraegen unnd hemeter haerben und rupfen leinwath, doch ohne spitz, porten und fransen, die schuech und weiberpaeßl von gemeinen lederwerck ohne rahmen, zutragen und zugebrauchen erlaubt seyn.
Der geringe burgerstandt, als gemaine kramer, handwercker und gemaine inwohner in staett und maerckten, so nit kauf oder handlsleuth, noch sonsten fuernehme mitburger seyn.
Denen allen, wie auch ihren weib und kindern, solle zu ihren kleydungen und gezierden alles silber und goldt, samet und seiden, perpetuan, seidenfarb, puraet, schambloth, auch was sonsten für gantz und halbseidene zeug seyn, so der zeit underschidlich gehalten werden, darzu die englischen, französischen, italianischen und andere edle tuecher in gleichem die englische poy von allerley farben, dann die new aufkommne traecht und manier in kleydungen, die noestel ob und under den knyen, die gantz unnd halb seidene, auch von englischen unnd dergleichen manier gemachte strimpf, die taffenden hosenbaender und schuechrosen, die doppelt und auff ramen abgenaete cardowonische und stoecklschuech, auch die guglen zur klagzeit, dann die mit silber beschlagne dolchen, praexen und woehren. Item ihren weibern die bißerho zuvil gebrauchte praemwerch, die uberfluessige und unnothwendige falten und weite in den roecken, dardurch doppelter zeug ohne nutz verschwendet werden mueß. Deßgleichen die zu langen kraegen und in ungewohnlicher dicke auch mit spitz, fransen unnd außlaendischer leinwath, die hochgueltigen außlaendischen huet, die spitzige fehene, ertzene, samet und atlesene egglhauben, alles hochgueltiges underfuetter, <4> die cardowonischen schuech und mit seiden abgestoepte weisse boeßl, auch von theils gebrauchte stoecklschuech von goldt, gutem stain, vergulten undermarchern gemachte, und ins gemain allerley armbaender, die ring von edlgestain, die gantz silberen koettenguertl, dergleichen <6> messerschaiden, nadlbain und die samete beutl mit so vil uberfluessigen silbern knoepfen. Dann ihren toechtern, bey denen sie fast ins gemain die hoffart und unzulaessigen pracht starck erscheinen lassen, gleichfals das jenige, was hieoben bey ihren eltern gemelt, nit weniger die von ihnen bißher gebrauchten hochgueltigen perlen, auch zum theil von golt gezierten widen, die doppeldaffetene zoepf, die seiden noestl ins haar, zu gebrauchen hiemit gaentzlich verbotten seyn. Under welcher ordnung auch aller herrn diener, handwercksgesellen, lehrknecht oder pueben und andere ehehalten von manns unnd weibspersonen verstanden werden und sich vor und nachfolgender ordnung gemaeß verhalten sollen unnd ihnen also hinfueran sambtlich die innlaendischen unnd andere gemeine tuecher, dessen doch die eln uber 2 ½ fl. nit werth, dann wurschet, viergrad, grobgrien, arrester, gemeiner allhie gemachter keller unnd dergleichen schlechte zeug in vor disem gebraeuchiger tracht unnd formb gemacht, die inlaendische gestrickte, item pariser, mantuaner, wullen, lidern und leinen strimpf, die hosenbaender von gemainem zendl oder auß arreß, den weibern die wammes und maentel abgestoept , die roeck allein mit geringen glatschwartz oder gefaerbtem puebensamet zweyer finger brait, item von arresgarn oder seiden gemachten einen oder zween paertlen und schnierlen, so auch nicht uber eines schmal fingers brait, weiln sie besser als die halb seiden, welche, darumb sie zu schwer ins gewicht lauffen, hiemit gantz abgeschafft seyn sollen, verbraemmt, die kraeß zugleich in mitler laeng, auffs laengst eines halben drittels einer elen lang, darzu von innlaendischer leinwath ohne spitz die huet, so im landt gemacht werden, und auffs maist einer 1 fl. kost, doch ohne silberne oder seidene koestliche hutschnuerl, von tuech, zeug oder sonst peltzene vor jahren gebraeuchige egglhauben, kein hoehers peltzens fuetter als kroepf, laemberens, kuenigls, eltes und fuechsens, dann die manns und weiberschuech von geschmirten leder, gerecht und schlecht, ein oder zween ring, doch ohne edlgestain unnd nicht uber 10 oder 12 fl. item mit selber beschlagen guertlen, so auch uber 10. oder 12 fl. nit werth ,dergleichen messerschaiden und cardowonische beutl mit 8 knoepfen und 4 schieberlen, doch daß darbey nit vergult sey. Item ihren toechtern die perlen widen mit beschaidenheit, als ohngefer 6 fl. und die braeutkraentz auffs hoechst 5 oder 6 fl. werth, zugelassen und zu tragen bewilligt. Jedoch deren vom adl, ritter und herrenstandt hofjunckfrawen, diener und dienerin, welche auf ihre herrschafften zuwarten insonderheit bestellt seynd in obangeregter ordnung so gar nit verstanden noch darzu verbunden, sonder deren kleydung, als lang sie in dergleichen diensten zugehoeriger discretion und beschaidenheit ihrer herrschafften, die doch hierinn gebuerende maessigung zu gebrauchen haimbgestellt seyn solle.
Der kauff‐ und gewerbsleut, auch deren burger, so zu gericht oder rathsitz gebraucht werden. Item der cantzleyverwohnten, gerichtsschreiber und anderer, so dergleichen chur‐ und fuerstl(ichen) dienst bedienen, ordnung.
Disen waerdet hiemit der bißhero zu ihren kleidern und andern leibszieren zuvil gebrauchte gute samet, carmesin, atleß, damasck, seidenrupf, tertzanel, wie auch das darzu gebrauchte uberflüssige verbraemen, die lange und hievor nie gebraeuchige dicke kraeß von niderlaendtscher leinwath, auch darzu gebrauchte lange spitz, der gute mader zu winterhueten oder anders edl und koestlich fuetterwerch zu langen oder nachtroecken, die gantz seidenen strimpf, die langen spitz an den hosen und schuechbaendern, die gulden ketten, die uberfluessige hochgueltige ring, die gantz guldene zierd umb die hue(e)t und die vergolt und versilberte woehren und dolchen, die schlittenfahrt mit gantzem geleut, wie auch hangende gutschen mit 2 pferden, dann ihren eheweibern unnd kindern die grosse anzahl ihrer kleider, das uberfluessige verbraemen derselben mit 4, 5, 6 und mehrer anzahl seiden porten, die ubermaessige falten in ihren roecken, die lange und grosse schlairene unnd andere kräß von außlaendischer leinwath mit langem und zum theil gefarbten spitzen, die kraeßtrager oder halßring von silber oder anderer materi, die klagschlair in bißher gebrauchter ubermaessiger laeng und braite, die sameten, polnischen oder boehmischen hauben mit stefften oder perlen gestickt oder geziert, die rosen auff den schuehen, die schueh auff stoecklen, item die guldene ketten und dergleichen armbaender so wol offentlich als verborgen, die ubermessigen hochgueltigen ring, die vergulten guertlen, messerschaiden, nadlbain und knoepff an den sameten beutlen, die perlenhutschnier mit silber und vergulten spangen geziert und ihren toechtern die goldschmied rosen in den ehrnkraentzlein abgeschafft und verbotten. Aber ihnen, ihren weib und kindern hinfueran das tuech, so die eln 4 fl. kost, schamloth, gewaessert unnd ungewaesserten dobin seidenpurdt, zendldort, mit oder ohne wasser, fillafell, floret, tripsamet, perpetuan und zum hoechsten doppeldaffet, doch auch erst zu ihrer verheuratung, zu ihren kleydungen mit kleinen doch 2 oder 3 schnuerlein verbraembt oder nach gestalt abgestoept, die raeß von inlaendischer leinwath gemassigter laeng, mit spitzen eines finger glidts lang, item die halbseidene winterhuet und von allerley fuetter was under dem guten mader ist, nit weniger die halbseiden englische oder andere gestrickte strimpf, die daffenden hosenbänder mit kleinen kurtzen spitzen, dann 2 ring auff 30 fl. werth, ihren weibern von angedeutem tuech und zeugen 4, darunder theils mit 2 oder maistens 3 schnierlein verbraembte uberroeck, doch in gebuerender weite, die wammes maistens mit einer stepp, die maentl mit einem schnierl eingefast, item die kraeß von inlaendischer leinwath zulaessiger laenge mit spitzen eines fingers brait, zur klagzeit die klagschlair in mitler unnd vor disem gebraeuchiger laeng und braite, die fehene, spitzige ertzene, item samet, atlesen und seidenrupfen egglhauben mit harschlachten, zum underfuettern der maentl kelmader, jenet, fuechs, kuenigl oder der geringen spaensichen katzen, die weisse poessel ungestept und ohne andere unnothwendige zier, deßgleichen 2 ring, doch daß selbige zusamm(en) gerechnet uber 30 fl. nicht werth, gantz silbern kettenguertlen, messerschaid, nadlbain und sametene beutl mit silberen knoepfen, doch unvergolt zu tragen und zu gebrauchen, da sie sich auch leibsschwachheit oder anderer ursach halber der gutschen in der statt gebrauchen muessen, ihnen solches gleichfals, doch nit mit gantz hangenden gutschen, auch mit einem pferdt bewilliget und verordnet. Unnd weiln uns mit mehrerm vorkompt, auch under andern mit den hochzeiten und braeutkraentzen ein zeithero merckliche hoffart, auch unnuetze ubermaß gebraucht unnd darauff spendiert wuerdet, als soll ins kuenfftig zu abschneidung dessen allen geordnet seyn, daß bey disem standt kein braeutkrantz uber 15 fl., es sey gleich beruerter krantz mit perlein, silber oder goldt geziert, nit werth. Item disen und andern officiern, auch mitburgern die hochzeitkraentz als ein kostbarliches und gantz unnuetzhes ding, es seyen gleich von seiden, tradt oder sonsten gemacht, außzugeben hinfuero gleicher gestalt abgeschafft und verbotten seyn.
Von der geschlechter kleydung in den vier hauptstaetten, welche wir für geschlechter halten und erkennen.
Seytenmalen von denselben, sonderlich bey allhiesiger haupt‐ und residentz statt muenchen in den kleydern auch andern leibszieren, bevorab den weibspersonen, mercklich und solcher gestalt die gebuer uberschritten worden, daß jeweiln under denselben und hoehern auch herrn standtspersonen wenige oder gar kein distinction oder erkantnuß ze sehen gewesen, sondern sich eben dessen, was dem hoehern standt gebuehrt und zugelassen, fast in allen kleydungen, geschmuck und formben zu tragen und machen zu lassen underfangen. Als wollen wir hierinnen solchen mißbrauch abgeschafft haben und demnach den geschlechtern hinfuero die wameser von silber oder guldenstucken machen und den guten samet und velpa under ihre maentl fuettern ze lassen, dann das sticken unnd sonsten uberfluessiges verbraemen ihrer kleyder, das edle peltzen fuetter, die geschmeltzt und perlen ketten oder andere gezierd von edlgestain und die vergolten dolch, woehren unnd sporen, item ihren ehefrawen die spanische kutten unnd darzu gebrauchten guten samet, daßgleichen die spanische schiff und geflambte ermel, dann die gut gulden unnd silberen,so wol auch die falschen porten, so das macherlohn nicht werth, auffzubraemen, wie auch in der statt sich der gutschen mit 2 pferden zu gebrauchen, hiemit ganz verbotten haben, die mit perl und anderm gestueckwerch gezierte huet, item zur klagzeit die bißhero gebrauchte 2 klagfaehn, die ketten von edlgestein oder perlein unnd andere koestliche kleydungen. Nicht weniger ihren soehn und toechtern alle koestliche kleydungen untzt zu ihrer verheyratung und hochzeitlichen ehrentag, sonderlich aber denen toechtern die seidene und andere gefaerbte grosse und lange kraeß, die auffsaetz mit schifftungen, auch anders dergleichen auffkreisen und uberfluessige bißhero hierinn verspuerte excessus ernstlich verbotten. Inen, den geschlechtern, aber, da sie verheyratet, der seydene zeug von doppeldaffet biß auff den atleß auffs hoechste, doch aber auch nach underschied und beschaffenheit deß herkommens und vermoegens zu kleydern (item ihre maentl die da auch nit von gantzem <7> samet, noch atleß, damasck, sondern von andern seidenen zeugen, als doppeldaffet, seidenrupf oder dergleichen werths zum hoechsten zugelassen seyn sollen) mit doppeldaffet und edlen maedern und andern peltzen fuetter (ausser deß obverstandnen edlen fuetters) fuettern ze lassen, dann ihren ehefrawen alle dergleichen hiernegst gemeldte und keine hoehere seidene zeug zu kleydern, doch daß sie solche nit uberfluessig, und allein mit seiden oder schmalen silbern poertlein verbraemen lassen, die boehmische hauben und huet, jedoch beydes ohne perlein gestickt, die rosen von gold, doch ohne geschmeltz unnd edlgestain, die maentl mit unedlen mader auffs hoechst gefuettert, daß sie sich aber deren nicht taeglich, sondern nur an feyr‐ und festtaegen auch zu hochzeiten gebrauchen sollen, zur klagzeit ein fahnen, item ihren soehn unnd toechtern untzt zu ihrer verheyratung zu kleydern auffs hoechst doppeldaffet unnd den toechtern an statt der verbottnen schifftungen mit noestl und andern zieren auffzusetzen, und nach ihrer verheyratung aber sich den verheyraten geschlechtern gleich zu tragen verwilliget. Da sich auch die geschlechter der gutschen, leibsschwachheit oder anderer ursachen halber, in den staetten gebrauchen wolten oder muesten, inen mit einem pferdt, in den schlitten aber mit gantzen geleuth zu fahren verstattet, beynebens sie auch ermahnet haben, die nider‐ und außlaendische spitz und leinwath zu kraesen mit gebuerender maß und beschaidenheit in ringerm werth zu gebrauchen. Den geschlechtern und jetztgemelter ordnung sollen sich die jenige newe von adl, welche gleichwol geadlet, aber doch nicht rittermessig seynd, noch von uns darfuer erkennt werden allerdings gleich verhalten.
Folgen hernach der ritterschafft und vom adl kleydung, welche wir fuer rittermaessig und vom adl erkennen.
Zumalen dieselben andern geringen standtspersonen in herrn kleydungen und derselben maniern mit der vor disem bey ihnen verspuert unnd vilfaeltig geruembten erbarkeit noch weiters billich vorleuchten sollen. Als wollen wir ihnen die ein zeithero vorab bey ihren frawen und kindern auffkommne ungewohnliche außlaendische trachten unnd fast taeglich darinn newe gesuchte maniern, wie auch die darzu gebrauchte guld und silberne stuck, sonderlich das perlein und andere angemaste koestliche verbraemen, dann das uberfluessige verbraemen derselben, item die hochgueltigen clainodien von edlgestain, halßbaender, ohrgehaeng, ring oder andere von gold edlgestain unnd perlein gefaste ubermessige zierd und geschmuck, dann alle geschmeltzte guldene rosen von pariser arbeit unnd dicker lasur, dann schließlichen die uberfluessige verbraembte livereen hiemit abgeschaft und verbotten. Aber das gestickwerch, doch auch mit beschaidenheit, unnd damit das gestick nit mehr als die materia werth seye, wie auch die auff atlaß gestickte und andere gulden oder silberne passament porten, doch ohne uberfluß, deme man ein zeithero zuvil verspuert, mit beschaidenhait auffzubraemen, item die clainod und edlgestain, halß unnd armbaender, ring oder dergleichen von goldt oder koestlichen perlein gefaste zier 500 oder maistens 600 fl. und mehrern werths nit auff einmal anzutragen (in erwegung die koestlichere und hochgueltige clainodien und geschmuck den hoehern und fuerstlichen standts personen reservirt, <8> und vorbehalten) und letzlich die vergulten woehren, sporen, auch die mit silber gezierte rosszeug zutragen und die gutschen in der statt mit hin unnd wider fahren, als anhero, zu gebrauchen verwilliget. Nach dem sich auch bey dergleichen standts personen in den kraesen und außlaendischen spitzen sonderbare newe manier eraignet, auch die kraeß von seltzamen garn unnd underschiedlichen grossen formben zugericht werden, als soll solches unnd dergleichen ubelgestalte unzimende kraeß und damit unnothwendig auffgewendte unkosten gleichermassen verbotten seyn.
von doctorn und licentiaten.
die doctores und licentiaten welche unsere raeth seynd, sie seynd gleich zu muenchen oder bey den regierungen, wie auch die professores der universitet zu ingolstatt sambt ihren haußfrawen unnd kindern moegen sich ihren privilegien gemeß mit ketten, ring und andern dergleichen denen vom adl, die andern doctores und licentiaten aber, welche nit raeth oder professores, sonder advocaten, pflegsverwalter, stattschreiber unnd in dergleichen nidern diensten und aempter seynd, denn geschlechtern gleich halten, doch daß sie die doctores ihren titulum auff bewehrten universiteten bekommen unnd sich ihrem standt gemß erzaigen.
von graven und freyherrn.
Letztlichen thun wir uns gegen den graven und freyherrn gnaedigst versehen und woellen, daß dieselben, auch ihre frawen und kinder sich mit iren kleydungen, geschmucken und clainodien, auch andern ihren leibszierden solcher gestalt und dermassen reguliern, daß sie ihren wolhergebrachten standt unnd vorzug vor dem adl und andern solchen standts personen gleichwol gebuerender massen erhalten, doch aber und insonderheit das frawenzimmer allen unnoetigen uberfluß und die bißhero vilfaeltig gebrauchte, auch hieoben angedeute, seltzame außlaendische unfoermbliche traechten in kleydungen von selbsten und ohne vorschreibung anderer ordnungen abschneiden, vil weniger deme was chur: und fuersten personen und deren hohen dignitet halben vor andern zu tragen bevor stehet, nachfolgen oder zu gebrauchen, sonder aller gezimender gebuer und einzogenheit befleissen, in specie aber sollen sie sich der gerechten gulden und silberenen stuck, ausser der wameser, zu welchen ihnen dergleichen zeug zugelassen seyn solle, enthalten, wie auch in zierde von goldschmiedarbeit an halßband, clainodien, geschmuck , armbanden, ohr‐ und halßgehaeng von edlgestain und hoeherm werth sich einzogen halte, auch sich obgesetzter general erinnerung und befelchen also gemeß erzaigen, damit auffkommung eines andern auch unnoettigen excess und deß uberfluß, wir ihnen in einem und anderm mehrere moderation und ordnung vorzuschreiben und gleich andern in kleydungen und dergleichen leibszieren nothwendige restriction vorzunemmen, nit verursacht werden.
Von geschenckten kleydern oder clainodien.
Und weiln sich auch begibt, daß jezeweilen fuersten oder andere hoch ansehliche unnd nambhaffte herrn ihren dienern unnd andern ain oder mehr ring, ketten, gnadenpfenning schencken und verehren lassen, als woellen wir den jenigen, so dergleichen geschenckt worden, den fuersten und herrn, von denen es kommen und zu ehren, doch ohne ainige gefahr oder deßwegen gesuechten sondern praetext ze tragen und zu gebrauchen zwar genaedigist verwilligen, wo aber ain oder der ander vor publicierung diser gemachten ordnung allberait mit mehreren kleydern oder andern leibszieren versehen, dann ihme in diser jetzt beschribenen ordnung zugelassen und bewilligt worden, der mag selbige andern, denen sie erlaubt und zugelassen verkauffen oder sonsten in anderweeg, seiner gelegenheit und gefallen nach, zu seinem nutz bringen, nach publicie und eroeffnung aber angeregter ordnung soll niemandts dergleichen ihme unzulaessige und verbottene kleyder bey vermeydung der hernach gesetzten straf und peenfahls einigs weges antragen der sich darmit bekleyden, und weil man bißhero verspuert, daß sich sonderbar mit den kindern in kleydern gleichmaessiger uberfluß erzaigt, als sollen hinfuero die kinder, biß sie ihr 13 jähriges alter erraichen, nit den eltern, sondern dem negstern vorher geschribnen wenigern standt gleich gekleydt unnd solche observanz von einem standt zum andern, darnach sich mennigklich zu richten, gehalten werden.
Von handhabung diser kleyderordnung.
Und damit nun der zweck diser unserer wolmaynender intention und ordnung gebuerender massen, auch desto ehender erlangt, diser uberfluessigen hoffart und darauß entspringenden inconvenientien bey zeit vorkommen, die ubertretter zu gebuerender straf und gehorsamb durch allerhandt executions‐mittl angehalten, auch alles zu fruchtbarlichem desideriertem effect gebracht werde, als ordnen wir, daß so wol hoch‐ als nidern standts manns‐ oder weibs personen, welche sich diser ordnung widersetzen, dieselben uberschreitten, und die verbottne kleyder oder zierd von newem machen oder die alten uber beschehene publication diser ordnung antragen und sich deren nit halten werden, der oder dieselben sollen das erste mal, da sie betretten, den dritten theil, das ander mal den halben theil, das dritte mal nach ermaessigung jedes orths obrigkeit entweders mit voelliger wuercklicher einziehung deß jenigen, darinn wider die hieobgesetzte ordnung gehandlet und derselben zugegen befunden worden, oder mit andern noch ernstlichen exemplarischen strafen, als offentlicher abnembung solcher kleyder und zierden angesehen werden, inmassen dann wir auff solches alles gewisse außspecher zubestellen, und ob disem allem mit obgelegnem eyfer und ernst halten zu lassen, gwillt, auch jedesmahls von den gefallnen strafen dem ansager den vierten theil, der ander vierthe theil den armen leuthen und die ubrige zween theil der obrigkeit. Da aber kein ansager verhanden, desselben theil gleicher gestalt den armen leuthen auch verfallen und wuercklich zugestellt werde.
Und damit ferners bey den jenigen handwerchsleuthen, welche dergleichen kleydungen und erst newerlich auffkommene traecht zurichten und andere <10> geschmuck unnd gestrickwerch fail zu haben oder zu machen pflegen, gebuerende abstellung beschehe, als gebieten wir gleichfals hiemit ernstlich, daß hinfueran kein seidenstuocker, goldschmied, jubilier, schneyder, schuehmacher noch ainig anderer handwercker diser obgesetzen ordnung zuwider, ob es gleich von jemand gefrimbt oder auf aigne gefahr begert wurde, keines wegs machen oder an die von andern orthen hergebrachte dergleichen verbottene geschmucken und kleydungen hand anlegen solle. Dahero dann alle obgesetzte handwercker von jedes orths obrigkeit nach publication diser ordnung in sondere handgeluebd zu nemmen seynd, daß sie derselben in einem und anderm bey vermeydung ernstlicher straf gehorsamist geleben wollen. Wurde aber mehrangeregte ordnung einer oder mehr uberschreitten und jemand was machen lassen, so denen seinem stand und beruef nach nit gebuert oder sonsten abgeschaft worden, der oder dieselben sollen nach beschaffenheit der personen obgedachter massen oder nach erkantnuß der obrigkeit und nach gelegenheit deß verbrechens mit faencklicher enthaltung oder an gelt unnachlaessig gestraft, nit weniger die verbottne kleydung, wahr oder arbeit durch die obrigkeit ohne mittl wie obgehoert eingezogen werden: da aber diesem unserm ernstlichen verbott zum andernmal zuwider gehandlet und jemand hierinnen betretten wurde, solle derselb nach gestalt seines erwiderten verbrechens mit doppelter straf, oder, da es gemaine burger, handtwerchs: oder handlsleuth weren, denselben ihre handtwerch oder gewerb also balden nidergelegt und auffgehebt, auch dasselbige hinfueran in unsern fuerstenthumb und landen weiters zu gebrauchen gaentzlich verbotten und abgeschafft seyn.
In gestalten dann wir hiemit allen obgemelten unsern hofmaistern, hofraths praesidenten, vitzthumben, hauptleuten, rentmaistern, pflegern, richtern, fuernemblich aber allen burgermaistern unnd raethen in unsern staetten und maerckten und andern unsern officiern und beampten hiemit gantz ernstlich bey den pflichten, mit welchen uns ein jeder zugethan und verwandt ist, in rechtem ernst eingebunden und bevolchen haben woellen, daß sie ob diser unserer verfasten klaiderordnung alles schuldigisten fleiß und eyfers halten, die ubertretter derselbigen mit denen darinn benambsten straffen unnachlaessig ansehen unnd darwider zu handlen in keinerley weiß oder weeg gestatten, damit sich auch einer oder der ander der unwissenschaft halben nit zu entschuldigen habe, dieselbige alßbalden, und zwar jedes jahr einmal und nach gelegenheit der ort und verbrechen wol oeffters, offentlich publiciern, außrueffen unnd verlesen lassen sollen mit angeheffter diser unser endtlich und ernstlichen bethroung, da einer oder anderer unserer beampten und nachgesetzter obrigkeiten inn handhabung offtermelter diser ordnung einige connivenz oder saumbseligkeit scheinen unnd im werck wurde verspueren lassen, daß gegen dem oder denselben nach befundener beschaffenheit seines gebrauchten saumbsals mit ungnaden und wol empfindlich exemplarischer straf procediert und verfahren werden solle. Darnach sich dann mennigklich zurichten.
Geben in unser hauptstatt muenchen den 26. monats tag junii. nach christi unsers herrn haylsamer geburt in dem ein tausent sechs hundert und sechst und zwaintzigisten jahr.
Bayerische Staatsbibliothek, Kloekeliana27,9.