Studium und Lehre

Rebecca Muršec

Der Schirm in einem anderen Licht. Zur historischen und archäologischen Neuentdeckung eines  Gebrauchsgegenstandes

Ungedruckte Bakkalaureatsarbeit (Innsbruck 2009/10)

 
Im Orient erfüllte der Schirm bereits in vorchristlicher Zeit die Funktion des Schützens oder Abschirmens der Hauptperson, zugleich war es auch seine Aufgabe diese Person aus der Menge hervorzuheben. Um 3000 v. Chr. sollte in Mesopotamien der Vorgänger unseres wohlbekannten Schirmes erstmals mit Sargon I., König von Akkad, aufgetaucht sein.

In vorchristlicher Zeit war vorwiegend der Sonnenschirm bekannt, der Regenschirm kam erst in der frühen Neuzeit in Europa vereinzelt auf und konnte sich nur schwer durchsetzen. Im Orient genoss der Sonnenschirm lange Zeit sehr hohes Ansehen und wurde als Herrschersymbol der Würde und Macht gesehen, aber im Okzident hingegen, vor allem im antiken Griechenland und in Rom, war der Schirm ein Allerweltsobjekt, welcher hauptsächlich von vornehmen Damen verwendet wurde.

In Europa genoss der Schirm im Mittelalter wieder mehr Ansehen und wurde fester Bestandteil der römisch-katholischen Kirche. Auch der Papst nahm sich des Schirmes an, er erhielt einen Ehrenplatz im päpstlichen Wappen und wurde eine wichtige Insignie der Macht. Im 17. Jh. kamen sowohl Regen- als auch Sonnenschirme vermehrt in Frankreich und England auf. Generell wurde der Schirm von der männlichen Gesellschaft Englands oft verpönt und seine Verwendung als verweichlicht und weibisch angesehen. Im deutschsprachigen Raum tauchte der Schirm erst in den zwanziger Jahren des 18. Jh. auf. Drechsler nahmen sich des Schirmmachergewerbes an und Frankreich wurde größte Konkurrenz. Im 19. Jh. konnte sich der Regenschirm dann vollends durchsetzen und beide Schirmtypen standen sich gleichberechtigt gegenüber. Es kam zur Expansion des  Schirmmachergewerbes und im Zuge der Industrialisierung entstanden erste Schirmmanufakturen und -fabriken.

Schirmspitzen

Archäologisch wurden zehn Regenschirme aus dem Tiroler Volkskunstmuseum und vier Schirmspitzen aus dem Tiroler Raum analysiert. Die Untersuchungen und Recherchen ergaben, dass alle analysierten Objekte in die erste Hälfte des 19. Jh. datiert werden konnten.

Ein wichtiges Datierungskriterium bildete ein Schirm aus dem Tiroler Volkskunstmuseums mit der Aufschrift „Winkelmann et Sohn in Wien“. Winkelmann war eine Schirmfabrik, die Anfang des 19. Jh. sehr bekannt für ihre vorzüglichen Sonnen- und Regenschirme wurde. Die Formen und Verzierungselemente waren bei allen Objekten sehr ähnlich, es handelte sich hierbei um einen floralen Dekor. Die Formen der Schirmspitzen waren vor allem konisch zulaufend auch des Öfteren konnten sie einen Nodus aufweisen. Ein weiteres Datierungskriterium war die Erkenntnis über verwendete Materialien im 19. Jh. nach Originalen und Literatur. Wenn davon ausgegangen wird, dass alle untersuchten Objekte österreichische Produkte sind, so stammen sie bestimmt aus Wiener Werkstätten, da es nur dort eine Schirmmacherzunft gab. In allen anderen großen Städten der Monarchie war keine Zunft verzeichnet, wahrscheinlich galt dort das Gewerbe als unzünftig. Drei Schirme stammen von einem Besitzer aus Mainz. Auf Grund der im Jahre 1787 eingeführten Gewerbefreiheit kam es auch in Mainz zur Expansion des Schirmmachergewerbes. Generell begann für den Schirm im 19. Jh. eine Blütezeit, die bis ins 20. Jh. reichte.

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