Karl Rahner und die Bibel (FWF-Projekt 2019-2023)
Das vorliegende Projekt möchte erforschen, welches Verhältnis der bedeutende Innsbrucker Theologe Karl Rahner (1904-1984) zur Bibel hatte. Einige Jahre nach seinem Tod kam der Vorwurf auf, Rahner habe die Bibel philosophisch überhöht und sich für Ihre Inhalte kaum interessiert. Andere sagen, dass er sich wenig für das Judentum und deshalb für das Alte Testament interessiert hätte. Es gibt allerdings deutliche Hinweise, dass sich Rahner viel mit dem Neuen Testament beschäftigt hat. Außerdem hat er in seiner seelsorglichen Tätigkeiten, z.B. bei Exerzitien und in den Predigten immer wieder die Bibel verwendet. Im Mai 2018 erschien der letzte Band der Sämtlichen Werke von Karl Rahner. Sie ermöglichen es erstmals, eine umfassende Studie zu diesem Bereich seines Werkes zu machen. Ausgehend von diesen Beobachtungen sollen im Projekt weitere Aspekte seines Lebens und Werks untersucht werden.
Es wird davon ausgegangen, dass Karl Rahner ein wesentlich differenzierteres Verständnis von der Bibel und ihrer Hermeneutik hatte, als bisher herausgearbeitet wurde. Es ist zu erwarten, dass die Ergebnisse dieser Untersuchung die Vorwürfe gegen ihn relativieren oder sogar falsifizieren. Dazu braucht es drei verschiedene Untersuchungen mit je eigenen Zielen: (1) Wie nutzt Rahner die Bibel bzw. wie deutet er sie? (2) Welchen biographischen bzw. wissenschaftlichen Zugang hatte er zu ihr? (3) In welchen Kontexten legt er sie aus, und steht das in Kongruenz zu seinem Gesamtwerk? Außerdem ist wichtig herauszufinden, ob es unterschiedliche Phasen gab.
Zunächst wird studiert, was er selber über die Bibel, ihre Auslegung und Offenbarung sagt. Dann werden die Bibelzitate, die im Register der Sämtlichen Werke aufgeführt werden, gelesen, sortiert und überprüft, mit welcher Bibelversion (Deutsch, Latein, Lutherbibel usw.) er gearbeitet hat. Dieser Schritt zeigt schließlich, ob seine Theorie und „Praxis“ zusammenpassen oder ob er anders auslegt, als er theoretisch vorschlägt. Außerdem wird überprüft, in welchen Zusammenhängen er auf die Bibel zurückgegriffen und wann er sie als Ausgangspunkt oder Unterstützung in seiner Arbeit verwendet hat. Ein zweiter Bereich ist die Untersuchung seines wissenschaftlichen Werdegangs, sowie prägender Begegnungen. Die Fragen: Mit wem hat Rahner korrespondiert? Von wem hat er gelernt? Welche Bücher hat er gelesen? werden dabei helfen, seinen geistig-biographischen Hintergrund in Bezug auf die Bibel auszuleuchten. Ein dritter Schritt ist dann, dieses Wissen, das durch Lektüre, Recherche in Archiven und Forschungsdiskussionen in Europa und Übersee herausgearbeitet wurde, in den Kontext seines Gesamtwerkes zu stellen. Dazu wird es eine öffentliche internationale Tagung 2021 an der Universität Innsbruck geben, deren Ergebnisse als Buch veröffentlicht werden.
Das innovative Potenzial dieser Studie liegt einerseits in der interdisziplinären Verknüpfung von dogmatischer Hermeneutik mit bibeltheologischen Themen und andererseits wird durch die Verbindung von wissenschaftlichen mit außer-wissenschaftlichen Aspekten eine neue Analysemethode erprobt, die als Pilotprojekt für zukünftige fachgeschichtliche u.a. Studien anwendbar werden soll.
Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie uns gerne:
Prof. Georg Fischer SJ (georg.fischer@uibk.ac.at)
Dr. Benedikt J. Collinet (benedikt.collinet@uibk.ac.at)