Urban Knowledge Hub – von der Idee zum Konzept einer neuen Bibliothek

Olaf Eigenbrodt

Im Zuge ihrer digitalen Transformation sehen sich Bibliotheken mit räumlichen Herausforderungen konfrontiert, deren Beantwortung sie spätestens seit der Jahrhundertwende in Neu- und Umbauprojekten verschiedener Größe mal mehr mal weniger erfolgreich versuchen. Im Zuge dieses als Paradigmenwechsel des Bibliotheksbaus einzuordnenden Prozesses wurden immer neue Fragen aufgeworfen, mit denen sich Bibliotheken auseinandersetzen müssen, wenn sie sich räumlich weiterentwickeln wollen. Neben architektonischen Themen wie der Auflösung klassischer Typologien und Raumgestaltungen sowie technologischen Fragen rund um die Konvergenz digitaler und physischer Arbeitsumgebungen sind dies auch immer theoretische Perspektiven auf den Zusammenhang von Raum, Wissen, Individuum und gesellschaftlichem Kontext. Dabei geht es nicht nur um Funktion, Beschaffenheit und Situation des jeweiligen Bibliotheksraums, sondern auch um  die Art und Weise, wie Konzeption und Planung von Bibliotheken zukünftig unter sich schnell verändernden Rahmenbedingungen erfolgen sollen.

Was hier zunächst sehr theoretisch anmutet, muss in planerische Praxis übersetzt werden, um überhaupt eine Chance auf Realisierung zu erhalten. Der Vortrag möchte am Beispiel des in einem zweijährigen Raumentwicklungsprojekt an der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg aufgestellten Konzepts des Urban Knowledge Hub zeigen, wie eine solche Verifizierung und Übertragung von Fragestellungen in eine Planungsgrundlage aussehen kann. Mit Hilfe der Offenen Gesellschaftlichen Innovation, die als strategisches Framework für das Projektdesign diente, ist es gelungen, über einen Dialog mit Stakeholdern und Nutzer:innen eine räumliche Entwicklungsperspektive zu erarbeiten, die die aufgeworfenen Fragen zwar nicht abschließend beantwortet, wohl aber konzeptionell fruchtbar macht und auf eine konkrete Raumidee überträgt.

Das Konzept des Urban Knowledge Hub setzt auf vier Ebenen an:

  • der Einbindung von Bibliotheken in globale Wissens- und Informationsnetzwerke,
  • der lokalen beziehungsweise regionalen Verankerung von Bibliotheken als offenen Orten der Vernetzung und Begegnung,
  • der institutionellen Rolle des Raums für die Arbeit von Bibliotheken und
  • der Funktion von Bibliotheksräumen als Lernwelten, Co-Workingspaces sowie Orten des Austauschs und Erkenntnisgewinns.

Im Projekt wurden für alle diese Ebenen funktionale Facetten identifiziert und zu einem räumlichen Gesamtkonzept verbunden. Dabei wurde für die öffentlichen Bereiche der Bibliothek eine neue Typologie als erlebbare Raumfolge formuliert. Diese definiert sich wesentlich über die spezifische Dynamik der Bewegung von Besucher:innen im Raum. Die Zuordnung der einzelnen funktionalen Facetten zu den aufeinanderfolgenden Räumen erfolgte dabei durch thematische Clusterung, aber auch durch Assoziationen, die im Austausch mit den Nutzer:innen, Stakeholdern und Mitarbeiter:innen der Bibliothek entstanden.

Im Vortrag werden das Konzept des Urban Knowledge Hub und die Raumfolge vorgestellt und in den breiteren Zusammenhang eingeordnet. Dabei geht es nicht um eine normative Setzung im Sinne einer allgemeingültigen Typologie, sondern um eine Inspiration für die weitere Auseinandersetzung mit dem Thema und um den Einstieg in eine breitere Diskussion zur zukünftigen räumlichen Ausrichtung von Bibliotheken. Der Vortrag schließt mit einem kurzen Ausblick zur weiteren Entwicklung und zu Umsetzungsperspektiven des Projekts.

Kurzbiografie

Olaf Eigenbrodt ist stellvertretender Direktor der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Er setzt sich seit 20 Jahren intensiv mit Fragen rund um Bibliotheksbau und Bibliothekssoziologie auseinander. Neben Gremientätigkeiten und Veröffentlichungen unterrichtet er in Berlin, München und Zürich.

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