Same same – or different? Ent-Individualisierung des Antidiskriminierungsrechts durch Anerkennung der Diskriminierung durch Assoziierung
Elisabeth Greif
Abstract
Diskriminierung ist ein gesellschaftliches Phänomen, dem neben individuellen Vorurteilen vor allem gesamtgesellschaftliche Strukturen und Stereotypen zugrunde liegen. Zahlreiche nationale Antidiskriminierungsgesetze verfolgen jedoch bei der Bekämpfung von Diskriminierung einen individuellen Ansatz, der die Durchsetzung antidiskriminierungsrechtlicher Ansprüche weitestgehend in die Hände der Betroffenen legt.
Zur Bekämpfung struktureller Benachteiligung diente lange Zeit (ausschließlich) die mittelbare Diskriminierung. In der Rechtssache Coleman hat der EuGH den Schutz vor Diskriminierung auf Personen ausgedehnt, die selbst nicht Träger*in eines geschützten Statusmerkmals sind, aber ein Naheverhältnis zu einer*m Träger*in aufweisen und deswegen Diskriminierung erfahren. Diese – als "Diskriminierung durch Assoziierung" bezeichnete – Rechtsfigur hat der EuGH in der Rechtssache CHEZ weiter ausgebaut. Der Fokus verschiebt sich damit vom Individuum zur diskriminierten Gruppe.
Der Vortrag untersucht, ob durch die Anerkennung der Diskriminierung durch Assoziierung eine stärkere Berücksichtigung diskriminierender Effekte und Stereotype möglich gemacht wird. Außerdem wird danach gefragt, welche Wirkkraft Diskriminierungsverbote gegen strukturelle Diskriminierung ohne Instrumente kollektiver Rechtsdurchsetzung bzw. Klagsmöglichkeiten unabhängiger Stellen entfalten können.
Zur Person
Elisabeth Greif, Assoz. Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in, ist Assoziierte Professorin am Institut für Legal Gender Studies der JKU Linz. Sie forscht zu Recht und (sexueller) Identität, rechtshistorischen Dimensionen der Geschlechterverhältnisse und Antidiskriminierungsrecht.
Panel 18: What's Law got to do with it? – Herausforderungen, Standpunkte und Diskurse im Antidiskriminierungsrecht
Zeit: Freitag, 08. November 2019, 14:00-16:00 Uhr
Raum: Hörsaal 1, Universitätsstraße 15, EG OST
Veranstaltet von der Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung und der FP Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI) in Kooperation mit dem Büro für Gleichstellung und Gender Studies der Universität Innsbruck.