"Not that kind of Girl" – Die politische Strategie des Over-sharing
Leonie Kapfer
Abstract
Der aktuelle popkulturelle Diskurs zeichnet sich durch ein Erstarken feministischer Themen aus (Banet-Weiser 2018, Keller/Ryan 2018). In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass gerade autobiographische Bezüge gewählt werden, um feministische Botschaften zu verbreiten und strukturelle Kritik zu formulieren. Davon zeugen zum Beispiel popfeministische Medientexte wie Lena Dunhams Serie Girls, Hannah Gadsbys Comedy-special Nanette oder die #metoo Bewegung. Mein Vortrag zeigt zum einen, wie in diesen Medienprodukten private Erfahrungen unter der Zurschaustellung und/oder Herstellung negativer Emotionen sichtbar gemacht werden und inwiefern diese schlechten Gefühle (Eickelmann 2017) dazu dienen können den populären Diskurs zu re-politisieren.
Zum anderen analysiere ich in meinem Vortrag die Rezeption dieser Texte, in der die Autorinnen teilweise vehement kritisiert werden. Zahlreiche Kritiker_innen werfen diesen oversharing (zu Deutsch: zu viel preisgeben) vor. Dieser Vorwurf des Vermeintlichen zu viel preisgeben zeigt, dass bestimmte Erfahrungen unsagbar und damit im diskursiven Außen verhaftet bleiben sollten. Anstatt den produktiven Normüberschreitungen der Bekenntnisse Raum zu verschaffen, werden mit dem Begriff des oversharing vielmehr misogyne Klischees von Weiblichkeit als geschwätzig und maßlos bedient. Die Bezeichnung des oversharing kann daher als Teil der popular misogyny gelesen werden, die dem popular feminism gegenübersteht.
Um diesen antifeministischen Tendenzen entgegenzuwirken, ist es entscheidend das Phänomen der Rezentrierung privater Erfahrungen in der Populärkultur zu analysieren und auf mögliche Potentiale und Gefahren dieser Strategie aufmerksam zu machen.
Zur Person
Leonie Kapfer ist seit 2017 Universitätsassistentin am Institut für Frauen- und Geschlechterforschung der Johannes-Kepler-Universität Linz. In Wien hat sie Gender Studies und Kunstgeschichte studiert.
Panel 14: Geschlechterpolitik(en) in Pop, Staat und Land
Zeit: Freitag, 08. November 2019, 11:00-12:30 Uhr
Raum: Seminarraum 1, Universitätsstraße 15, 1. Stock WEST
Veranstaltet von der Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung und der FP Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI) in Kooperation mit dem Büro für Gleichstellung und Gender Studies der Universität Innsbruck.