"Nicht in meinem Unternehmen": Wie Fraueninteressen zur Legitimierung von Arbeitsmarktdiskriminierung von Kopftuchträgerinnen instrumentalisiert werden
Julia Schuster, Doris Weichselbaumer
Abstract
Muslimische Frauen, die ein Kopftuch tragen, finden sich auf westeuropäischen Arbeitsmärkten in einem Spannungsfeld des gesellschaftlichen Diskurses über sie wieder. Darin treffen neben islamfeindlichen Stereotypen auch neoliberale Arbeitsmarktlogiken, in denen die Autonomie der Arbeitgeber_innen affirmiert wird, auf Debatten über die Selbstbestimmung von Frauen. Wir untersuchten dieses Spannungsfeld mittels einer Inhaltanalyse von rund 600 online Kommentaren zu einem Artikel auf derstandard.at über Diskriminierung von kopftuchtragenden Stellenbewerberinnen am deutschen Arbeitsmarkt (Weichselbaumer 2016). Ziel war es, die in den Kommentaren artikulierten Narrative und Argumentationslinien nachzuzeichnen. Dabei zeigte sich, dass kopftuchtragende Frauen doppelt mit der Abwertung von Frauen in Verbindung gesetzt werden, wobei sie gleichzeitig als Opfer von als auch als Verantwortliche für Unterdrückung wahrgenommen werden: Einerseits wird das Kopftuch als Symbol ihrer Unterdrückung interpretiert, andererseits wird kopftuchtragenden Frauen unterstellt, sie signalisieren Frauen ohne Kopftuch ihre moralische Überlegenheit. Beides wird zur Legitimierung des Arbeitsmarktausschlusses von Kopftuchträgerinnen herangezogen. In unserem Beitrag zeigen wir anhand der analysierten Kommentare, wie trotz ambivalenter Argumente die Wahrung von Fraueninteressen für die Legitimierung von Arbeitsmarktdiskriminierung von kopftuchtragenden Frauen instrumentalisiert wird.
Zu den Personen
Julia Schuster ist Soziologin und als Universitätsassistentin am Institut für Frauen- und Geschlechterforschung der Johannes Kepler Universität Linz in Forschung und Lehre tätig.
Doris Weichselbaumer ist Professorin und Institutsvorständin am Institut für Frauen- und Geschlechterforschung der Johannes Kepler Universität Linz.
Panel 21: Diskriminierung am Arbeitsmarkt
Zeit: Freitag, 08. November 2019, 14:00-16:00 Uhr
Raum: Seminarraum 2, Universitätsstraße 15, 1. Stock WEST
Veranstaltet von der Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung und der FP Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI) in Kooperation mit dem Büro für Gleichstellung und Gender Studies der Universität Innsbruck.