welt und himmel stehen in deiner Stube
(Barbara Hundegger)
Peter Anich CCC
1723-2023: Raumwissen im Wandel
Internationale Tagung 9.-10. Februar 2023, Innsbruck
Theologische Fakultät, Kaiser-Leopold-Saal, Karl-Rahner-Platz 3
Donnerstag, 9. Februar 2023
Theologische Fakultät, Kaiser-Leopold-Saal, Karl-Rahner-Platz 1
9.00 Uhr Begrüßung Rektor Tilmann Märk, Bürgermeisterin von Oberperfuss Johanna Obojes-Rubatscher
Panel 1: Vermessung der Erde | Vorsitz: Thomas Weinold (Innsbruck)
Der Atlas Tyrolensis ist die erste Karte des Landes Tirol, der eine geodätische Vermessung zugrunde liegt. Die Autoren Peter Anich (1723-1766) und Blasius Hueber (1735-1814), beide aus Oberperfuss, werden wegen ihrer bäuerlichen Herkunft und fehlenden formalen Bildung oftmals auch als „Bauernkartographen“ bezeichnet.
Bei den Vermessungsarbeiten zeigt sich das Bestreben von Anich, Präzisionsarbeit zu liefern. Er entwirft und konstruiert eigene und für damals sehr genaue Instrumente zur Messung von Horizontal- und Vertikalwinkeln für die Triangulation. Zusätzlich bestimmt Anich die geographische Breite durch Messung von Sonnenhöhen und Poldistanzen.
Der Atlas Tyrolensis wurde 1774 als Kupferstich in 20 Blättern veröffentlicht. Den Weg in die digitale Welt fand dieses Kartenwerk bereits 2005, als man beim Amt der Tiroler Landesregierung begann, dieses Werk zu digitalisieren, zu georeferenzieren und zu einem Kartenbild zusammenzufügen. Durch die Integration in die aktuelle Webanwendung „Historische Karten Tirol“ ist der Atlas Tyrolensis zudem für eine breite Öffentlichkeit verfügbar. Damit ist es möglich, die Anichkarte direkt mit anderen Kartenwerken aus verschiedenen Zeitepochen oder den aktuellen Orthofotos zu vergleichen.
Karten sind ein Teil der Menschheitsgeschichte. In unserer heutigen modernen Welt, die geprägt ist von Digitalisierung, Daten und Informations- und Kommunikationstechnologien, spielen Karten eine womöglich wichtigere Rolle denn je. Dies liegt daran, dass wir zwar mehr und mehr Daten zur Verfügung haben, der Erkenntnisgewinn daraus aber passende Präsentationsformen braucht, wie beispielsweise Karten. Karten sind im Kern abstrakte Modelle, die Menschen „räumlich befähigen“, um etwa Entscheidungen zu treffen, einen Überblick zu gewinnen, Zusammenhänge zu erkennen. Moderne Karten bauen dabei auf dem Wissen, den Methoden und den Anwendungen früherer Zeiten auf. Im Kontext des Symposiums im Allgemeinen und dieses Panels im Speziellen soll daher die herausragende Rolle des Gesamtwerkes von Peter Anich näher beleuchtet werden.
09.20 Uhr Michael Hiermanseder (Wien)
Der Atlas Tyrolensis 1774 von Peter Anich und Blasius Hueber – Die erste Karte des Landes Tirol auf der Grundlage einer geodätischen Vermessung.
09.40 Uhr Stefanie Millinger (Innsbruck)
Der Atlas Tyrolensis als digitales Kartenwerk
10.00 Uhr Georg Gartner (Wien)
Kartographie gestern– heute – morgen
10.20 -10.40 Uhr Diskussion
11.00 Uhr Rundgang durch die Ausstellung Fließende Räume. Karten des Donauraums 1650–1800, Landesarchiv Baden-Württemberg, Josef Wolf, Reinhard Johler (Tübingen),Theologische Fakultät, Gang 1. Stock, Karl-Rahner-Platz 3
12.00 -13.30 Uhr Mittagspause
Panel 2: Vermessung des Himmels| Vorsitz: Konstanze Zwintz (Innsbruck)
Die genaue Uhrzeit und die Messung von Zeitintervallen sind heute unsere ständigen Begleiter, die uns dabei unterstützen Termine einzuhalten, die Dauervon
Trainingseinheiten zu kennen oder uns wissen lassen, wann der nächste Zug kommt. Zu Zeiten von Peter Anich im 18. Jahrhundert war die Bestimmung der Zeiteine Aufgabe der Astronomie, die mit den Messungen der Positionen von Sternen eng verknüpft war. Sonnenuhren – wie sie auch Peter Anich baute – warendamals beliebte Zeitmessgeräte, die unter anderem auch vertikal an Hausmauern angebracht wurden. Die Positionen von Sternen wurden mit präzisenLinsenfernrohren, die über große Brennweiten verfügten (sogenannte Zenitteleskope), vermessen. Für diese Messungen war es auch notwendig, die genaueOrtszeit zu kennen. Kunstvolle Himmelsgloben stellten dann die Positionen der Sterne am Himmel für die Menschen erfassbarer dar.
Heute wird die Uhrzeit von Atomuhren mit Genauigkeiten von Billionstel-Sekunden gemessen. Die Positionen von Sternen so genau als möglich zukennen, ist für die moderne astrophysikalische Forschung immer noch von besonderer Bedeutung.
Die genauesten Messungen werden heute mithilfe von Weltraumteleskopen, wie beispielsweise dem GAIA Satelliten der Europäischen Raumfahrtbehörde, durchgeführt.
13.30 Uhr Helmut Sonderegger (Feldkirch)
Sonnenuhren von Peter Anich
13.50 Uhr Georg Zotti (Wien)
Himmelsgloben und ihre astronomische Bedeutung bei Peter Anich
14.10 Uhr Laurent Eyer (Genf)
Measurementsof time and the positions of stars today
14.30-14.50 Uhr Diskussion
15.00-16:30 Uhr Besuch Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Anichgloben und Objekte Claudia Sporer-Heis, Laura Resenberg, Armin Denoth, Museumstrasse 15
Öffentlicher Festabend (Kaiser-Leopold-Saal)
18.30 Uhr
Grußworte von Vizerektorin Ulrike Tanzer, Universität Innsbruck
Grußworte des Landeshauptmanns Anton Mattle
Barbara Hundegger, Lesung aus dem Lyrikband [anich. Athmosphären. atlas]
© Haymon Verlag / Bernhard Aichner
Florian Freistetter (Science Busters), Eine Geschichte des Universums in 100 Sternen. Jeder Stern hat seine Geschichte.
Bild: Franzi Schädel, CC-BY-SA 4.0
20.00 Uhr Empfang
Freitag, 10. Feb. 2023
Theologische Fakultät, Kaiser-Leopold-Saal, Karl-Rahner-Platz 1
Panel 3: Raum-Wissen im Wandel| Vorsitz: Kurt Scharr (Innsbruck)
Karten begleiten uns heute im Alltag, auch wenn wir diese nicht immer als solche wahrnehmen und sich über Qualität und Sinnhaftigkeit etwa von Google-Maps- Karten diskutieren ließe. Im Zeitalter von Peter Anich, im 18. Jahrhundert, mit seinem enormen Wissensdurst, erfuhr die Kartographie als Leitwissenschaft und Methode einen erheblichen Aufschwung. Das Wissen der Zeit über einen bestimmten Raum sollte möglichst auf einen Blick erfassbar sein. So spiegelt sich – ob nun damals,
im Zeitalter der Aufklärung, oder der Digitalisierung heute – das Wissen, dessen (Möglichkeiten der) Aneignung und die räumlichen Perspektiven einer Gesellschaft zu einem erheblichen Teil in der zeitgenössischen Re-Produktion von Räumen und ihrer Verhältnisse in Kartenform wider. Etwa dokumentierendie detaillierten regionalen Landschaftsdarstellungen in der Tirolkarte von Peter Anich diesen Wissensstand, aber auch die damaligen kartographischenMöglichkeiten der Erfassung und Wiedergabe von Landschaftsräumen ebenso wie die heutigen Vorgangsweisen der Aufnahme und Darstellung vonregionalen Gebirgsräumen in Kartenform, aber auch im Hinblick auf aktuell mögliche satellitenbasierte Erfassung von Gletschern weltweit.
09.30 Uhr Thomas Horst (Lissabon)
Manuskriptkarten und Globen: Ein Überblickzum räumlichen Wissen in Tirol
09.50 Uhr Werner Beer (Innsbruck)
Neue Wege der Hochgebirgskartographie beim ÖsterreichischenAlpenverein
10.10 Uhr Fabien Maussion (Innsbruck)
Von Tirol zum Globus: Herausforderungen und Stand einer weltweiten Kartierung der Gebirgsgletscher und ihrer Änderungen
10.30-11.00 Uhr Diskussion
11.30 Uhr Exkursion nach Oberperfuss
Anmeldung erforderlich unter: petra.buttinger@uibk.ac.at
Gefördert durch
- Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
- Forschungszentrum „Regionalgeschichte Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino“
- Universitäts- und Landesbibliothek Tirol
- FWF-Der Wissenschaftsfonds (Projekt P30396 - Der Franziszeische Kataster)
- Tiroler Landesmuseen
- Landesarchiv Baden-Württemberg
- Gemeinde Oberperfuss