Wald in Absam.
Die untersuchten Waldflächen in Absam.

Wald­brände: Lang­zeit­folgen für über­lebende Bäume

2014 stand der Wald oberhalb von Absam in Flammen. Wissenschaftler am Institut für Botanik haben überlebende Bäume auf der Brandfläche untersucht und nun nachgewiesen, dass Hitzeschäden im Holz langfristige negative Auswirkungen auf den Baum-Wasserhaushalt haben können. Die Ergebnisse sind nicht zuletzt aufgrund der durch den Klimawandel zunehmend häufigeren Waldbrände von Bedeutung.

In vielen Regionen der Welt nehmen Waldbrände zu – verursacht durch den Klimawandel und damit verbundene steigende Temperaturen und vermehrte Trockenheit. Diese Tendenz ist auch in relativ humiden Gebieten, etwa in den Zentralalpen, zu beobachten. In trockenen Perioden kam es in den letzten Jahren auch in den österreichischen Alpen vermehrt zu Bränden, wie Statistiken und Medienberichte belegen. Allein in Tirol wurden in den letzten 20 Jahren über 500 Waldbrände registriert. Einer der größten ereignete sich im Jahr 2014 oberhalb der Ortschaft Absam; ausgelöst durch eine weggeworfene Zigarette stand ein Gebiet von 70 Hektar Rasen- und Waldflächen in Brand, darunter wichtige Schutzwaldbereiche. Aufgrund des steilen Geländes und der Lage unmittelbar über besiedeltem Gebiet wurde der Brand mit enormem Aufwand bekämpft und große Summen in Hangsicherungs- und Wiederaufforstungsmaßnahmen investiert. In den Randbereichen der Brandfläche finden sich auch heute noch unzählige Bäume mit verkohlten Stammbereichen und abgestorbenen Kronenteilen. Diese geschädigten, jedoch überlebenden Bäume sind von großer Bedeutung für die ausgedehnten Randbereiche von Brandflächen, da ihre Wurzeln den Boden stabilisieren. Es ist allerdings bekannt – und entsprechend kritisch für das Waldsystem – dass solche Bäume in den Folgejahren eines Brandes deutlich erhöhte Mortalitätsraten aufweisen. Andreas Bär und Stefan Mayr, Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Ökophysiologie am Institut für Botanik, haben gemeinsam mit Andrea Nardini von der Universität Triest die Gelegenheit genutzt, um diese sogenannte „Post-fire mortality“ auf der Brandfläche in Absam zu untersuchen.

Baumsterblichkeit

„Der erhöhten Baumsterblichkeit nach Bränden können verschiedene, auch in Kombination wirkende Mechanismen zugrundeliegen“, erklärt Stefan Mayr. Durch die Hitzewirkung kann etwa das für das Dickenwachstum des Stammes verantwortliche Gewebe (Kambium) geschädigt werden, was langfristig zu Engpässen im Transport zwischen Wurzeln und Krone führt. Weiters haben indirekte Prozesse, wie Insekten- oder Pathogenbefall in Folge eines Waldbrands, Einfluss auf die Mortalität der Bäume. Die Wissenschaftler vermuteten aber auch eine Beeinträchtigung der hydraulischen Funktion des Holzes. „Durch die Hitze kann es zu strukturellen Veränderungen des Holzes kommen und damit zu Beeinträchtigungen der für den Wassertransport verantwortlichen Leitelemente“, sagt Stefan Mayr: „Diese Leitelemente sind sowohl für den effizienten Transport großer Wassermengen als auch für die Stabilität des Transportsystems verantwortlich. Beim Transport treten in Bäumen aufgrund des Transpirationssoges große Zugspannungen auf, die zum Abreißen der Wassersäulen und damit zu Gasblockaden, Embolien, führen können. Die Leitelemente sind jedoch so optimiert, dass die Wassersäulen unter den am Standort einer Art auftretenden Zugspannungen stabil bleiben.“ Bisher konnte erst bei wenigen Baumarten und nur in experimentellen Ansätzen eine hitzebedingte Beeinträchtigung der Transporteffizienz im Holz nachgewiesen werden, ein Beleg möglicher Auswirkungen auf die Resistenz gegenüber Embolien fehlte. Die Innsbrucker Wissenschaftler konnten nun erstmals die negativen Auswirkungen eines Waldbrandes auf die hydraulische Effizienz und Stabilität des Holzes nicht nur unter Laborbedingungen, sondern auch an einem Waldbrandstandort nachweisen.

Abgestorbene und überlebende Bäume auf der Brandfläche.
Abgestorbene und überlebende Bäume auf der Brandfläche. (Credit: Stefan Mayr)

Hydraulische Langzeitwirkungen

Ihre Untersuchungen haben die Forscher an Fichte, Rotföhre und Rotbuche durchgeführt. „Im Rahmen von Experimenten haben wir Astproben auf 90 °C erhitzt und anschließend deren Leitfähigkeit und die Stabilität der Wassersäulen mit jener von Kontrollästen verglichen“, sagt Andreas Bär. Unter anderem wurde dazu eine spezielle Zentrifugationsmethode eingesetzt, mit der Zugspannungen im Holz der Äste simuliert werden. Analoge Untersuchungen erfolgten an brandgeschädigten und intakten Kontrollästen, die direkt auf der Brandfläche geerntet wurden. 

Die Ergebnisse zeigen ein sehr komplexes Bild, wie Andreas Bär erläutert: „Die Hitze wirkt offensichtlich artspezifisch. So wird etwa die Resistenz gegenüber Embolien bei der Fichte kaum, bei der Föhre hingegen durch Hitze massiv herabgesetzt. Bei Trockenperioden in den Jahren nach Brandereignissen könnten geschädigte Föhren dementsprechend empfindlich reagieren.“ Damit haben die Forscher erstmals gezeigt, dass eine Beeinträchtigung der Stabilität im Wassertransportsystem zu einer langfristigen Schwächung mancher Baumarten und bei entsprechender Trockenheit zu erhöhter „Post-fire mortality“ führen kann. Ähnliche artspezifische Auswirkungen wurden auch hinsichtlich der Transporteffizienz beobachtet; es konnte dabei ein Zusammenhang mit mikroskopischen strukturellen Schäden, die durch die Hitzebehandlung im Xylem verursacht worden waren, hergestellt werden. Die deutlichsten Effekte wurden bei Buchen verzeichnet, die bei Hitze bis zu 50 % ihrer Transporteffizienz einbüßten.

Wesentlich war, dass sämtliche im Hitzeexperiment gefundenen Effekte auch auf der Brandfläche in Absam nachgewiesen werden konnten. So konnte die Forscher erstmals die Bedeutung der Experimente für die Situation in der Natur belegen und gleichzeitig diese hydraulischen Risiken bei heimischen Baumarten fundiert charakterisieren. Die Ergebnisse sind aber nur ein kleiner Mosaikstein in einem sehr komplizierten Gesamtbild, wie Stefan Mayr erklärt: „Wir kennen nun die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf das Transportsystem der drei Baumarten. Für den Wasserhaushalt von Bäumen spielen jedoch viele weitere Komponenten, etwa die Wasseraufnahme durch die Wurzel, die Wasserspeicherung in verschiedenen Geweben oder die Kontrolle der Transpiration eine wichtige Rolle, sodass wir die Auswirkungen auf die Trockenheitsresistenz des Gesamtbaumes noch nicht kennen. Auch wissen wir noch zu wenig über jene Faktoren, die Bäume vor der Hitzeeinwirkung bei Waldbränden schützen. Borkendicke und -beschaffenheit beeinflussen mit Sicherheit den Hitzetransport ins Innere des Stammes und damit den Grad der Schäden im Holz.“ In Hinblick auf die durch den Klimawandel häufigeren Waldbrände wäre eine umfassende Kenntnis der Mechanismen und Auswirkungen von Hitzeschäden bei Bäumen eine wichtige Grundlage für die Optimierung forstlicher Strategien. So könnte etwa die Artenwahl angepasst oder nach Waldbränden effizienter durchforstet werden. Auf Basis der vorgestellten Studie planen die Forscher deshalb weitere Untersuchungen, um umfassende Daten zu möglichst vielen heimischen Forstbaumarten zu erheben. Auch Wachstum und Wasserhaushalt von Bäumen auf der Brandfläche in Absam sollen weiterhin beobachtet werden – damit erwarten sich die Wissenschaftler spätestens im nächsten trockenen Sommer neue Einblicke.

(Stefan Mayr/red)

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