The demise of „Little Europe“
Assimilation and cultural landscape in North-East Italy
Im Rahmen des FWF-Projekts „The demise of ‘Little Europe’ - Assimilation and cultural landscape in North-East Italy” bearbeiten Anna-Maria Plautz und Leonie Hasenauer unterschiedliche Fragestellungen und verfassen eine kumulative Dissertation am Institut für Geographie.
Im Fokus stehen die autochthonen Minderheiten des Kanaltals, einer an Österreich und Slowenien grenzenden Region im Nordosten Italiens (in Friaul-Julisch Venetien). Zudem wird die ethnolinguistische und demographische Entwicklung weiterer Minderheiten in deutschen und slowenischen Sprachinseln friulanischer Gebirgsregionen untersucht. Die Untersuchungsgebiete zeichnen sich durch deren einzigartige historische Entwicklung aus. Bereits die ersten nennenswerten Siedlungstätigkeiten waren germanisch. Als ehemaliges Territorium der Habsburgermonarchie durchlebte die Bevölkerung des Kanaltals nach 1918 – jedoch ohne rechtlichen Minderheitenschutz oder Autonomiebestimmungen – einen ähnlichen ethnopolitischen Einschnitt wie die deutschsprachige Bevölkerung Südtirols.
Diese historischen Verbindungen zum deutschen und slowenischen Sprachraum begründen nicht nur die einzigartige Mehrsprachigkeit auf kleinstem Raum, sondern auch persistente Altkärntner und -krainer bzw. Osttiroler Kulturlandschaftselemente. Neben der historischen politischen und sozioökonomischen Situation gehen wir insbesondere auf demographische und ethnolinguistische Entwicklungen bis in die Gegenwart ein. Während der Bestand der autochthonen Sprachvielfalt durch mehrere Faktoren gefährdet ist, dauern Kulturlandschaftselemente beispielsweise als Baustil, Siedlungsform oder agrarische Kleinform fort, und stellen ein deutliches Unterscheidungsmerkmal zur restlichen friulanischen Kulturlandschaft dar.
Dem traditionell geographischen Gebiet der Kulturlandschaftsforschung fügen wir in unseren Untersuchungen auch den linguistischen Aspekt hinzu, indem wir die linguistische Landschaft (LL) als Teilgebiet der Kulturlandschaft untersuchen. Die LL kann nicht nur als Indikator der einstigen Mehrsprachigkeit sondern auch der gegenwärtigen Sprachnutzung im öffentlichen Raum fungieren.
Unsere Hypothese ist, dass parallel zum Abklingen der autochthonen Ethnizität eine neue, mit dem Romanischen verwobene Regionalidentität, welche durch räumlich manifestierte Spezifika bestärkt wird, emergiert. Die komplexe Entwicklung der kollektiven sowie individuellen Identität(en) verhindert jegliche Vorhersehbarkeit. Dem soll durch Langzeitbetrachtungen und Mixed-Methods-Ansätzen entgegengesteuert werden. Zudem ist es auch geplant, neuartige Impulse, welche von Newcomern und New Farmers ausgehen und die Untersuchungsregionen einem neuerlichen Wandeln aussetzen dürften, zu analysieren.